Ein neues Dachkonzept für das Vitus-Bad

Sanierung und energetische Ertüchtigung des Vitus-Schwimmbads in Everswinkel

Das Vitus-Freizeitbad im münsterländischen Everswinkel wurde 1981 eröffnet. Das große Zeltdach musste seitdem schon mehrfach saniert werden. Massive Schäden an Dämmung und Tragwerk machten es vor zwei Jahren erforderlich, ein komplett neues Dachkonzept zu entwickeln und das alte Dach zurückzubauen.

Das Dach der Schwimmhalle des Vitus-Bades im münsterländischen Everswinkel hat seit der Eröffnung 1981 immer wieder Probleme gemacht. Die bauphysikalischen Anforderungen, die von feuchtwarmer Luft und Chlordämpfen ausgehen, sorgten infolge von Mängeln in der Konstruktion Ende der 1980er-Jahre für eine erste Dachsanierung. 1996 folgte die zweite Sanierung. Rund 20 Jahre später zeigten sich erneut massive Schäden an der Dämmung und am Tragwerk. Im Jahr 2017 begann die dritte Sanierung des Daches. Um die Gebäudehülle des Vitus-Bades dauerhaft vor Schäden zu bewahren, entwickelte man dieses Mal vor der Sanierung ein komplett neues Dachkonzept.

Gefahr von Stabilitätsverlust und Schimmel

Entwickelt hatte das Konzept das Planungsbüro Göttker & Schöfbeck aus Ostbevern nach mehreren Besichtigungsterminen vor Ort. Die Dachkonstruktion des Vitus-Bades besteht aus einem rund 1600 m2 großen, fünfseitigen Zeltdach und mehreren vorgelagerten Flachdachbereichen mit kleinen Zeltdächern. Zusammen ergibt das etwa 170 m2 Fläche. „In Gebäuden dieser Art herrschen einfach spezielle Bedingungen, die bei allen Bauvorhaben berücksichtigt werden müssen. Eine hohe Lufttemperatur geht einher mit hoher Luftfeuchte. Im Vitus-Bad gibt es zudem eine Lüftungsanlage mit Überdrucksystem, wodurch die luftdichte Ebene noch intensiver der feuchten Innenluft ausgesetzt ist“, sagt Projektleiter Dipl.-Ing. (FH) Architekt Markus Schöfbeck. Sobald der Dachaufbau auch nur kleine Mängel aufweise, seien Probleme quasi vorprogrammiert, so Schöfbeck. Die fortschreitende Zerstörung von Holzbauteilen könne dabei zu einem Stabilitätsverlust in der Statik führen und gesundheitsgefährdenden Schimmelpilzbefall fördern.

Fehlerhafte Anschlüsse sorgten für Kettenreaktion

Vorgefunden hatten die Planer einen Dachaufbau aus einer Rauspundschalung, einer kunststoffveredelten Bitumenbahn als Dampfsperre und darauf verklebten Schaumglas-Dämmplatten. Darauf waren eine Bitumenschweißbahn verlegt und eine Kupferdeckung montiert. Ein Aufbau, der durchaus funktionieren kann, wie Markus Schöfbeck sagt. Bei dem Schwimmbaddach in Everswinkel allerdings habe der Dachaufbau eine „negative Kettenreaktion“ ausgelöst. „Der Kern des Problems lag in der nicht durchgängig geschlossen verlegten und nicht an die Fassade angeschlossenen Dampfbremse. Es kam zu einem kapillaren Wassereintritt durch Kondensat von der Gebäudeinnenseite in den Dämmstoff“, sagt Markus Schöfbeck. In den Wintermonaten entstanden Frostschäden auf den oberen 1-2 mm der Schaumglas-Dämmplatten, die sich mit jeder weiteren Frostperiode fortsetzten. Durch den Frost löste sich der Dämmstoff auf. Die Halteleisten des Kupferbleches, die im Dämmstoff befestigt waren, verloren ihren Halt. „Hinzu kamen weitere Mängel etwa an den dem Zeltdach vorgelagerten Flachdachbereichen. Dort hatten unter anderem brüchige Dachbahnen, unterdimensionierte Dachabläufe und fehlende Anschlusshöhen zu aufgehenden Bauteilen für eine Durchfeuchtung der Dämmstoffschichten gesorgt“, erklärt der Architekt.

Neuer Dachaufbau: diffusionsoffen und belüftet

Vor diesem Hintergrund gab es zu einer kompletten Demontage des alten Dachaufbaus aus Sicht des Planungsbüros keine Alternative. Den neuen Aufbau habe man dann „mit Gürtel und Hosenträger“ geplant, um gegen alle bauphysikalischen Effekte gewappnet zu sein, wie Markus Schöfbeck erläutert. „Wir haben eine durchgehende zusätzliche Belüftungsebene geschaffen und ein diffusionsoffenes Dämmsystem verarbeitet. In dem Fall, dass doch einmal Feuchtigkeit in die Konstruktion eindringt, kann diese über den Dämmstoff und die Belüftungsebene auch wieder abtrocknen. Das ergibt eine doppelte Sicherung“, sagt Schöfbeck. Eine Sicherung, die im Vorfeld mit den Experten des Ingenieurbüros Kurz und Fischer detailgenau entwickelt wurde. Neben der feuchtetechnischen Auslegung und Detailabstimmung wurden die Nachweise zur Erfüllung der KfW-Vorgaben für die energetische Sanierung erbracht.

Doppelt gedämmt mit Steinwolle

Mit der Umsetzung der neuen Dachkonstruktion und der Demontage des alten Dachaufbaus beauftragte man die Rybarczyk Bedachungen GmbH aus Dülmen. Die Dachdecker verlegten nach dem Rückbau des alten Dachaufbaus als erstes auf der vorhandenen Holzschalung eine kaltselbstklebende, aluverstärkte Dampfbremse. Den Anschluss an die Fassade und alle aufgehenden Bauteile führten sie besonders sorgfältig aus, um Schäden im Vorhinein auszuschließen. Anschließend verlegten die Dachdecker eine Steinwolldämmung von Rockwool in zwei Lagen: Zunächst brachten sie 140 mm dicke „Masterrock GF“- Platten auf, dann eine 120 mm dicke Lage „Masterrock GF kaschiert“-Dämmplatten, die werkseitig mit einer Unterdeckbahn kaschiert sind. Dadurch entstand nach dem Verlegen ein sofortiger Witterungsschutz für den Dämmstoff. Die einzelnen Arbeitsschritte wurden im Vorfeld sorgsam und intensiv mit allen Ausführenden besprochen und an die örtlichen Gegebenheiten abgestimmt.

Belüftungsebene unter der Schalung

Um die Vorteile der diffusionsoffenen Dämmstoffe und der ebenfalls diffusionsoffenen Unterdeckbahn ausnutzen zu können, folgte als nächstes die Belüftungsebene. Sie entstand durch 80 x 80 mm Konterlatten, die die Dachdecker auf die Dämmung schraubten. Fixiert wurde der komplette Dachaufbau mit 480 mm langen Doppelgewindeschrauben („Twin UD“ von SFS Intec). Die Schrauben mussten in einem Winkel von 60° je Schraubenpaar gegenläufig in die Hauptsparren des Schwimmbaddaches eingeschraubt werden. Die Bemessung und der Verlegeplan wurden projektspezifisch durch den Dachservice von Rockwool erstellt. Auf die Latten wurde anschließend eine weitere Rauspundschalung montiert.

Eingedeckt mit Titanzinkscharen

Auf der Rauhspundschalung wurde als Witterungsschutz und als Unterdeckbahn die Rheinzink „VapoZink“-Bahn inklusive einer Strukturmatte „Air-Z“ verlegt. Die Stöße wurden entsprechend verklebt. Somit kann eventuell auftretendes Kondensat sicher abgeführt werden.

Die Eindeckung des Daches erfolgte mit Titanzinkscharen in Doppelstehfalztechnik. Das Titanzink lieferte die Firma Rheinzink auf Coils zum Dachdeckerbetrieb Rybarczyk nach Dülmen. Die Dachdecker verarbeiteten die Coils zu Scharen mit Längen von teilweise über 11 m. Die Titanzinkschare befestigten die Dachdecker nach Herstellerangaben mit Fest- und Schiebehaften auf dem Dach.

Neue Holzkonstruktion für das Gaubendach

Ein weiteres „Konstruktionsdetail“ ergab sich auf einer an zwei Dachseiten verlaufenden Dachgaube: Der Neigungswinkel ihres Daches lag weit unter der 30°-Neigung des Hauptdaches. Er lag auch unter der für die Metalleindeckung und sichere Regenableitung notwendigen Neigung von mindestens 7°. Die Lösung bestand in einer komplett neuen Holztragkonstruktion für das Gaubendach. Die Holzkonstruktion erstellten die Handwerker der Zimmerei Haack aus Dülmen. Anschließend erhielt das „neue“ Gaubendach den gleichen, mehrschichtigen Dachaufbau wie das Hauptdach.

Parallel zu den Arbeiten am Zeltdach wurden die vorgelagerten Flachdächer mit einem neuen Gefälledach („Georock“-Dämmplatten von Rockwool) und zusätzlichen Gullys ausgerüstet. Regenwasser, das vom Zeltdach in Richtung der Flachdachbereiche läuft, wird nun über eine neue Entwässerungsführung abgeleitet. Im Flachdachbereich bauten die Dachdecker außerdem neue Oberlichter ein. Neben dem großen Zeltdach hat das Schwimmbad vier kleine Zeltdächer. Der Dachaufbau dieser kleinen Dächer, die mit Bitumenschindeln abgedichtet sind, war aber intakt und konnte beibehalten werden.

Sicherer Dachaufbau und verbesserte Energiebilanz

„Wir waren täglich auf der Baustelle, um den Baufortschritt zu überprüfen und bei Detailfragen vor Ort zu sein. Es war besonders wichtig, dass die Dampfsperre und die Belüftungsebene des neuen Dachaufbaus korrekt ausgeführt werden“, sagt Architekt Markus Schöfbeck im Rückblick. Der neue Dachaufbau des Vitus-Bades soll unter bauphysikalischen Gesichtspunkten ein hohes Maß an Sicherheit für die Zukunft bieten. Er verbessert zugleich die energetische Qualität des Gebäudes. Da die Dachflächen etwa 48 Prozent der gesamten Gebäudehülle ausmachen, ist die durch die Sanierung erreichte Verbesserung des U-Wertes um rund 30 Prozent in der Gesamtbilanz des Energieverbrauchs deutlich zu spüren.

Autor

Dipl.-Ing. Matthias Becker ist Produktmanager im Bereich Hochbau bei der Rockwool GmbH & Co. KG in Gladbeck.

Bautafel (Auswahl)

 

Projekt Energetische Dachsanierung des Vitus-Schwimmbads in Everswinkel (9/2017 – 12/2017)

Bauherr GWE – Gemeindewerke Everswinkel GmbH, 48351 Everswinkel,

Planer Planungsbüro Göttker & Schöfbeck, 48346 Ostbevern, www.gs-planungsbuero.de

Dachdecker Rybarczyk Bedachungen GmbH & Co. KG, 48249 Dülmen, www.rybarczyk-bedachungen.de

Holzbau Zimmerei Haack GmbH & Co. KG, 48249 Dülmen, www.zimmerei-haack.de

 

Herstellerindex (Auswahl)

 

Dämmung Deutsche Rockwool GmbH & Co. KG, 45966 Gladbeck, www.rockwool.de

Dachdeckung „prePatina“ blaugrau, Rheinzink GmbH & Co. KG, 45711 Datteln, www.rheinzink.de

Weitere Informationen zu den Unternehmen
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