Umfassend und hoch hinaus: das IHF in Garmisch
Traditionell trifft sich die Holzbaubranche vor Weihnachten in Garmisch zum IHF, dem internationalen Holzbauforum. Neben dem Treffpunkt und der Vernetzung aller in der Holzbaubranche Tätigen, gab es wie immer ein hochkarätiges Programm mit über 70 Vorträgen. Die Teilnehmerzahl stieg erneut an auf über 1500, verteilt auf die drei Tage. Dies ist auch der Grund, weshalb die Veranstaltung nun an ihre Kapazitätsgrenze stößt und auch bisweilen zu einer gefühlten Enge in den Ausstellungsflächen und bei den Mahlzeiten führte. Entschädigen dafür konnten allerdings die hochkarätigen Vorträge.
Holzsystembauten als zukunftsfähige Bauweise ist gerade in der derzeitigen Diskussion um den Bau von Flüchtlingsheimen ein großes Thema. Hier bekamen die Teilnehmer im Architektur-Forum, organisiert von der TU München Antworten. Zu diesem Themenkreis zählen auch Bildungsbauten und die Erfahrung bei Um- und Neubauten. Das Thema wird die Branche die nächsten Jahre weiter beschäftigen.
Um die Gebäudemodernisierung, einem bedeutenden Zukunftsmarkt, ging es in einem weiteren Themenschwerpunkt, das von Timber Construction Europe organisiert wurde. Ulrike Sturm von der Hochschule Luzern zitierte aus der Neuen Züricher Zeitung die Schlagzeile: „Vom Klopapier zum Hochhaus“ und zeigte damit die breite Verwendbarkeit von Holz als Rohstoff auf, der ideal in der Modernisierung eingesetzt werden kann, zum Beispiel bei Aufstockungen. Eine weiterer Referent eröffnete Einblicke in sein Akquisegeschäft: Sigfrid Kohler vom Unternehmen „oa.sys baut“ aus Vorarlberg zeigte in seinem unterhaltenden Vortrag, dass er mit seiner Firma von einem reinen Ausführungsbetrieb zum Lösungsanbieter wurde. Seinen Erfolg verdankt er auch seiner Risikobereitschaft, Projekte anzugehen, die ihm auf den ersten Blick unmöglich erschienen.
Das „Verbindungstechnik-Forum“ genießt einen hohen Stellenwert, weil die Konstruktionen aus Holz immer spektakulärer und damit statische Anforderungen immer höher werden. Hier geht es seit Jahren nicht mehr nur um Schraubverbindungen, sondern auch um Klebeverbindungen, auch und besonders für den Werkstoff Buche. Der Beitrag über „Verbindungstechniken für auf Laubhölzer basierte Holzwerkstoffe mit besonderer Berücksichtigung von BSH aus Buche“ fand Anklang.
Mit der strukturellen Veränderung in Industrie und Arbeitswelt beschäftigten sich weitere Vorträge. Mit der Industrie 4.0 ist die Digitalisierung, Informatisierung und die Vernetzung von Fertigungsabläufen gemeint, BIM zählt hier genauso mit dazu wie vernetzte Fertigungsabläufe, also Rückkoppelungen, beispielsweise über einen Sensor einer Maschine bis ins Internet. Die Vorträge beschäftigten sich mit Geschäftsmodellen der Industrie 4.0 und mit der damit einher gehenden sogenannten „vierten industriellen Revolution“. Fazit: Roboter werden im Holzbau vermehrt Einzug halten, sie werden in Zukunft mobiler und flexibler und durch den hohen Robotereinsatz werden Produktionskosten weiter sinken.
Besonders beliebt waren die Vorträge um die ausgewählten Objekte mit Ausstrahlung. Richard Jussel von Blumer Lehmann zeigte mit dem „Gipfelsturm auf dem Chäserrugg“, die Herausforderungen für alpines Bauen. In diesem Zusammenhang wurde auch das Ressourcen schonende Bauen thematisiert: Statt vieler Huschrauberflüge wurde für den Transport die bestehende Seilbahn benutzt. Über dieses Projekt berichteten wir ausführlich in der Ausgabe 8.2015 der dach+holzbau.
Das Projekt TM 50 – eine 5000 m2-Aufstockung, wurde von Heiko Seen von der Holzunion vorgestellt. Der ehemalige Foto-Quelle-Bau in Nürnberg zeigte die ganze Komplexität einer Transformation – innerlich wie äußerlich – in ein multifunktionales Gebäude. Die schöne Geschichte dahinter: Der Investor wollte anfangs nicht mit Holz bauen, war dann aber von den Abläufen und der Schnelligkeit begeistert.
Neben der Vorstellung des Holzhochhaus (HoHo) in Wien (siehe auch Beitrag auf Seite 8), zog vor allem der Vortrag von Rune Abrahamsen vom norwegischen Projektentwickler Sweco die Zuhörer in den Festsaal. Vorgestellt wurde der 14-Geschosser in Bergen, der quasi bezugsfertig ist. „Nehmen sie eine Brücke und bringen Sie sie von der Horizontalen in die Vertikale“, verdeutlicht er das statische Konzept des Wohnturms, der außer einer Beton-Verstärkung (verteilt auf drei Stockwerk-Ebenen) komplett aus Holz besteht.
Der Holz-Verbund-Bauweise, also die Holz-Hybrid-Fertigung, galt eine weitere Vortragsreihe. Zu Recht, denn diese Bauweise wird in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden und der Stahlbeton-Bauweise Marktanteile entlocken.
Wie es in Nordamerika um den Holzbau steht, konnte man in Auszügen beim Gastland USA sehen, die einen Vormittag die Themen bestimmten. Während im Holzingenieurbau sehr große Objekte umgesetzt werden und die Grenze des Machbaren ausgelotet wird, ist die Vorfertigung zum Beispiel im Einfamilienhausbau nicht weit fortgeschritten und noch weitestgehend unbekannt. Die alt hergebrachte Bauweise, auf der Baustelle (on site) die Holzkonstruktionen zu erstellen wird zwar weiter entwickelt, für europäische Verhältnisse ist dies allerdings eher als rückschrittig zu betrachten und birgt auch Fehlerquellen.
Den Abschluss der Holzbautage bildeten architektonisch schöne Projekte: Das Wellnesshostel4000 in Saas Fee, das Mountain-Ressort am Großglockner und Projekte des Studios Matteo Thun (Worldwide Hospitality) wurden hier vorgestellt. Unser Resümee: Der Holzbau versucht mit immer größeren und spektakuläreren Projekten Marken zu setzen. Zugleich wird mit der Holz-Hybrid-Bauweise und dem Stahlbeton-Skelettbau mit Fassadensystemen aus Holz, Projektentwicklern die Möglichkeit gegeben, in Holz zu bauen und damit CO2 in der Herstellung zu sparen. Eine Entwicklung, die dem Holzbau weiter Auftrieb geben wird.
Im Internet finden Sie weitere Fotos von den Holzbautagen in Garmisch Anfang Dezember 2015. Geben Sie hierzu bitte den Webcode in die Suchleiste ein.
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