Hingucker in der Provinz
Extravagantes Sportheim in HolzrahmenbauweiseIn der Oberwesterwald-Gemeinde Herschbach packten beim Neubau des Sportheims die Vereinsmitglieder kräftig mit an. Der Holzrahmenbau fällt durch seine besonders außergewöhnliche Architektur auf, als Dämmung kam ein Holzfaser-WDVS zum Einsatz.
Wenn es auf dem Sportgelände in der kleinen Gemeinde Herschbach etwas zu tun gibt, gibt es viele fleißige Hände, die freiwillig anpacken – zwei Drittel der knapp 1000 Einwohner sind schließlich in ihrem Sportverein als Mitglied registriert. So war es auch beim Neubau des Sportheims, das in Holzrahmenbauart errichtet wurde und über eine sehenswerte Kombinationsfassade mit Holzfaser-WDVS verfügt.
Baukunst für Lebensqualität im ländlichen Raum
„Schon 2002, als der alte Hartplatz in einen Rasenplatz umgewandelt werden sollte, haben wir das komplett in Eigenleistung geschafft“, erinnert sich Zimmermeister Bernd Hannappel, Betriebsleiter der ortsansässigen Zimmerei Schlag & Pröbstl. Dementsprechend verwundert es auch nicht, dass auf dem picobello gepflegten öffentlichen Sportgelände seit 2012 ein nagelneues Vereinsheim steht, das ebenfalls zu einem beträchtlichen Teil auf dem zupackenden Engagement der Herschbacher Bürger und Vereinsmitglieder beruht.
Umkleidemöglichkeiten, Aufenthaltsbereich, Café und Versammlungsraum – all das vereint der moderne Zweckbau unter seinem begrünten Dach. Den Holzrahmenbau mit der ungewöhnlichen Architektur hat die ortsansässige Zimmerei Schlag & Pröbstl mit viel Liebe zum Detail nach den Plänen des Koblenzer Architekten Prof. Dr. Markus Holzbach errichtet. Er selbst stammt aus der idyllisch gelegenen Gemeinde im Oberwesterwald und hat mit dem Sportheim ein architektonisches Zeichen gesetzt: für Baukunst mit echtem Charakter, die Lebensqualität im ländlichen Raum schafft.
Wenn man zum ersten Mal nach Herschbach kommt und vor dem neu errichteten Vereinsheim steht, hält man unwillkürlich inne: Der Bau ist der westerwälder Hügellandschaft formvollendet angepasst, er gibt sich lichtdurchflutet, hell und freundlich.
Starke Formensprache
„Die Resonanz von anderen Vereinen, die zu uns kommen, ist überwältigend. So etwas wie das Sportheim, das sich so in die Landschaft eingegliedert, wird von vielen Auswärtigen bewundert“, freut sich Theresia Pröbstl-Strödter, die Inhaberin der Zimmerei Schlag & Pröbstl ist und den Handwerksbetrieb in dritter Generation leitet. Die Gemeinde verspüre so eine indirekte Wirtschafts- und Tourismusförderung als Nebeneffekt identitätsstiftender Architektur im ländlichen Raum, sagt Pröbstl.
Zweckbau mit Holzfaser-WDVS
Der HSV (Herschbacher SV)-Neubau besteht zum größten Teil aus Holz. Einen lichtdurchströmten Aufenthaltsraum für zirka 30 Personen mit beidseits bodentiefer Verglasung hat der ungewöhnliche Entwurf ebenso vorzuweisen wie eine Kombinationsfassade aus metallischen Elementen an den begrünten Stirnseiten und einem strahlend weißen Putzsystem an den Längsseiten, die mit einem Holzfaser-Wärmedämmverbundsystem gedämmt wurden.
Dass ein Holzfaser-WDVS auch an einem Zweckbau sinnvoll ist, liegt für Schreinermeister Matthias Roth, Außendienstmitarbeiter beim ökologisch orientierten Bauzulieferer Inthermo, auf der Hand: „Man denke nur an den sommerlichen Hitzeschutz, der bei Holzfaserdämmplatten überragend, wenn nicht sogar besser als bei jedem anderen Dämmstoff ist. Nach einem Fußballspiel freut sich doch jeder Spieler, wenn es in der Umkleidekabine nicht so heiß ist wie in der prallen Sonne draußen auf dem Platz“, sagt Roth. Das Holzfaser-WDVS sorgt für ein ausgeglichenes Temperaturniveau und für ein angenehmes Raumklima. Grund sei das sehr gute Wärmespeicherungsvermögen der Holzfaserdämmplatte.
Auch bei trübem Wetter und kühleren Außentemperaturen, wie im Frühjahr oder Herbst, ist der Aufenthalt in holzfasergedämmten Räumen angenehm, was auf das gute Wärmedämmvermögen diffusionsoffener Holzfaserdämmstoffe zurückzuführen ist.
Gründach mit Bewässerungssystem
Im Bereich der nicht erneuerbaren Werkstoffe kommen wiederverwertete Produkte und Halbzeuge zum Einsatz. Die Materialien wurden konstruktiv so gefügt, dass diese in die Einzelfraktionen zurückgebaut und weiter verwendet werden können.
Der hybride Gebäudeaufbau verbindet eine Holz-Tragstruktur mit einer Fassade aus Aluminium und bepflanzten Fassaden- und Dachbereichen. Die Wasserzufuhr der sogenannten Greenfassaden erfolgt über ein sensorgesteuertes Bewässerungssystem. Keramisches Recyclingmaterial wurde in die Pflanzerde eingebracht, um Wasser zu speichern, konditioniert abzugeben und die Pflanzen vor dem Austrocknen zu schützen. Um im Bereich der Dämmung den ökologischen Ansatz fortzuführen, wurde eine Zelluloseschicht im Wandaufbau der Holzkonstruktion vorgesehen. Den Architekten begeistert besonders der experimentelle Charakter des Objektes. „Über 15 000 Stunden Eigenleistung wurden von Seiten des Sportvereins und der Gemeinde in das Projekt eingebracht“, sagt Markus Holzbach. Ein gutes Zeichen, dass experimentelle Architektur im ländlichen Raum eine große Akzeptanz hat.
Autor
Achim Zielke M.A. ist Baufachjournalist und Kommunikationsberater in Bad Honnef am Rhein.
„Ein Bau, der sich so in die Landschaft eingliedert, wird von Vielen bewundert“
Bautafel (Auswahl)