Wegweisender Gewerbe-Holzfertigbau

Ein viergeschossiges Wohn- und Geschäftshaus in Regensburg gehört zu den ersten Neubauten Deutschlands, das nach der Muster-Holzbaurichtlinie mit Übereinstimmungsnachweis entstanden ist. Die eingesetzte Trockenbautechnologie überzeugt durch eine hohe bauphysikalische, energetische und schalltechnische Qualität.

Schlicht weiß mit klaren Formen – das neu entstandene Eckgebäude Haydnstraße / Galgenbergstraße in Regensburg wirkt unaufdringlich. „Das Gebäude war ursprünglich als Massivbauweise geplant“, berichtet Architekt Karl-Heinz Heitzer. Letztlich seien jedoch nur die Tiefgaragengeschosse, inklusive der Decken sowie die Treppenhäuser und Aufzugsschächte in Stahlbeton ausgeführt und statisch für die Gebäudeaussteifung herangezogen worden. Warum sich die Bauherren im Genehmigungsstadium schließlich für die Holzsystembauweise entschieden haben, erklärt der Architekt so: „Die Bauherren entwickelten während der Planung den Wunsch, ein Gebäude zu bauen in denen möglichst viel nachhaltige Baustoffe vorkommen. Dabei sollte es mit dem bestmöglichen und wirtschaftlich noch vertretbaren Energiestandard ausgestattet werden. Diese Überlegungen lenkten schließlich den Blick auf die Holzsystembauweise.“ In Vorgesprächen mit verschiedenen Herstellern überzeugte Regnauer Fertigbau aus dem oberbayerischen Seebruck. Im Firmensitz am Chiemsee wurde schließlich das Gebäude ausgearbeitet und erstellt. „Bereits nach einem Monat ab Montagebeginn der Holzbauteile konnte der Rohbau mit 5386 m² Fläche in Regensburg gestellt werden“, verweist Markus Leppin, Leiter der Abteilung Technik bei Regnauer Fertigbau, auf die schnelle Abwicklung – obwohl über Einzelabnahmen der Bauteile der erforderliche Brandschutznachweis nach MBO erbracht werden musste. Insgesamt wurden rund 400 m³ Holz verbaut, eine Menge, die im deutschen Wald in drei Minuten nachwächst. Die Wohnungen sind mit einer Fußbodenheizung ausgestattet, die Versorgung läuft über eine Gas-Zentralheizung, wobei die Warmwassererwärmung von einer thermischen Solaranlage (rund 35 m² Fläche) unterstützt wird. 

Im Wohntrakt des Komplexes ist annähernd Passivhausstandard erreicht, im Bürotrakt konnte der Standard eines Energieeffizienzhauses 50 unterschritten werden.

 

Brandschutz ausgeführt in K260

Die MBO hat die Gebäudeklasse 4 eingeführt, wodurch Gebäude bis zu 13 Meter Höhe in Holzbau erstellt werden können – in Regensburg ist diese Höhe ausgeschöpft. Voraussetzung ist: Die Bauteile müssen allseitig über eine Brandschutzbekleidung aus nicht brennbaren Baustoffen verfügen, und es dürfen nur nichtbrennbare Dämmstoffe verwendet werden. „Wir haben zusammen mit Knauf unseren Konstruktionsaufbau für Regensburg neu konzipiert, auf unsere Produktion abgestimmt und von unabhängiger Stelle prüfen lassen, um der MBO für hochfeuerhemmende Bauweise zu entsprechen“, erklärt Markus Leppin weiter und verweist auf das Übereinstimmungszertifikat, das von der Technischen Universität in München erteilt wurde: „Zudem wurden die Produktion bei uns im Werk sowie die Montage vor Ort von unabhängigen, zertifizierten Ingenieuren überwacht.“

Zur Beherrschung des Brandrisikos orientiert sich die MBO an der sogenannten „BA-Bauweise“, oder auch Kapselkriterium “K“. Dieses schreibt konstruktive Mindestmaßnahmen für folgende Bauteile und Ausbaudetails vor: 

Hochfeuerhemmende Bauteile F 60-BA (REI 60 beziehungsweise EI 60 nach DIN EN 13501-2);

Bauteiloberfläche nichtbrennbar – Brandschutzbekleidung;

Fugenversatz und Anschlüsse von Wänden und Decken;

Dämmstoffe aus nichtbrennbaren Baustoffen;

Öffnungen für Türen und Einbauten;

Installationen vor Wänden oder in Schächten. 

In Zusammenarbeit mit Knauf hat Regnauer Wandaufbauten mit einer brandschutztechnisch wirksamen Bekleidung aus Gipsplatten entwickelt, mit denen neben einer hochfeuerdämmenden Bauweise (F 60-BA) auch das Kriterium der Kapselung K260 erfüllt wird. Eine große Herausforderung für Planung, Herstellung und Montage stellen bei diesen hohen Brandschutzanforderungen die Detailanschlüsse dar.

 

Konstruktionsaufbauten der Wände

1. Konstruktion Außenwand 

zweilagige Beplankung innen, bestehend aus einer 25 mm Knauf-Massivbauplatte und einer 12,5 mm Knauf Diamant;

160 mm Steinwolledämmung;

zweilagige Beplankung mit jeweils 18 mm Diamant außen, als Grundlage für ein Wärmedämmverbundsystem.

 

2. Konstruktionsaufbau der 200 mm dicken Innenwand (Wohnungstrennwand) 

beidseitig zweilagige Beplankung mit 25 mm Massivbauplatte und 12,5 mm Diamant;

dazwischen 80 mm Steinwolledämmung;

einseitig angeordnet: Knauf-Direktabhänger mit Lattung.

 

3. Konstruktionsaufbau der 16,5 cm dicken Innenwand (Raumtrennwand)

beidseitig zweilagige Beplankung mit 25 mm Massivbauplatte und 12,5 mm Diamant;

dazwischen 80 mm Steinwolledämmung.  

Die Aufgabe der Bekleidung ist es, einen Entzündungsschutz der Holzbauteile unter Vollbrandbedingungen über die geforderten 60 Minuten Feuerwiderstandsdauer zu gewährleisten. Durch den 2-lagigen Aufbau wird die Rauchdichtigkeit sichergestellt.

 

Schallschutz als Qualitätskriterium

Regnauer hatte das Ingenieurbüro Schallschutz im Holzbau – ssih aus Rosenheim – beauftragt, vor Ort Schallmessungen durchzuführen. Im Fokus stand unter anderem die gekapselte Holzbalkendecken-Konstruktion mit einer 65 mm dicken Zementestrich-Auflage (schwimmend). Als Unterdecke sind zwei 12,5 mm dicke Lagen Silentboard auf Federschienen ausgeführt. Die Deckenkonstruktion ist mit einem L‘n, w von bis zu 43 dB bewertet. Interessant sind jedoch auch die Messergebnisse im tieffrequenten Bereich unter 100 Hz. Sie weisen die Leistungsfähigkeit der Platte nach, zum Beispiel wird bei 63 Hz ein Norm-Trittschalpegel L´n von 64,6 dB gemessen. Üblicherweise wird im Rahmen der Bauakustik nur der Frequenzbereich von 100 Hz bis 3 kHz betrachtet, mit dem Nachteil, dass tiefe Frequenzen nicht ausreichend abgeschirmt werden.

 

Fazit: Gewerbliche Objekte aus Holz sind möglich

Das Wohn- und Geschäftshaus in Regensburg zeigt: Große, mehrstöckige gewerbliche Objekte können heute dank hochmoderner Fertigungsprozesse in Holz­fertigbauweise erstellt werden und den Musterholzbaurichtlinien für hochfeuerhemmende Bauweise ent­­sprechen. Das Gebäude erreicht zudem einen guten Schallschutz. Das wertbeständiges Anlageobjekt ist komplett vermietet.

 

Autor

Andreas Gabriel leitet die PR-Abteilung bei der Knauf Gips KG.

Im Wohntrakt des Gebäudekomplexes wurde
annähernd Passivhausstandard erreicht

Das brandschutztechnische Konzept war die größte Herausforderung, die sich den Planern stellte

Bautafel (Auswahl)

Objekt Viergeschossiges Wohn- und Geschäftshaus in Regensburg

Bauherren Agneta und Armin Zeiler

Entwurf, Projektsteuerung Architektur- und Ingenieurbüro Dipl.-Ing. (FH) Karl-Heinz Heitzer, Regensburg

Generalunternehmer Regnauer Fertigbau, Seebruck

Beratung Knauf Gips KG

Kapselung als Brandschutz

Für Holzbauteile entsprechend der „Muster-Richt­linie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise (M-HFH HolzR) mit tragender und aussteifender Wirkung“ wird gefordert, dass ein Brandeintrag in die Konstruktion für mindestens 60 Minuten verhindert wird (Kapselkriterium „K“). Dies wird beispielsweise durch brandschutztechnisch wirksame Bekleidungen erreicht. Zur baurechtlichen Absicherung muss für Bauteile mit entsprechenden Bekleidungen der Nachweis durch Brandprüfungen erbracht werden.

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