Schmale Träger auf massivem Rückgrat

Erweiterung der Grundschule Tamm um einen Holz-Hybrid-Bau mit "BauBuche"

Im baden-württembergischen Tamm wurde ein Schulbau der 1960er Jahre um einen spannenden Holzbau ergänzt. Im halbkreisförmigen Mensabereich überbrücken schlanke Träger Spannweiten von bis zu 17 Metern. Dachtragwerk und Stützen des Gebäudes bestehen aus „BauBuche“.

Den Architekturwettbewerb zur Erweiterung der Grundschule Hohenstange in Tamm gewann das Büro K+H Architekten aus Stuttgart. Durch den Neubau blieb der vorhandene Schulhof frei und der Charakter des Schulbaus, ein Ensemble aus den 1960er Jahren, wurde nicht gestört. So entstand für den eingeschossigen Neubau mit zwei Klassenräumen, einem Mehrzweckraum und der Mensa eine an die Umgebung und die Topografie des Grundstücks abgestimmte Gesamtfigur.

Der von Norden nach Süden liegende, leicht geknickte Längsriegel mit Gründach zeigt sich insbesondere an seiner dem Schulhof zugewandten Ostseite angenehm aufgelockert. Hier befinden sich der großzügig verglaste Mensabereich und zwei aus der Fassade ragende Eingangs-Erker. Der Neubau liegt innerhalb eines starken Geländeverlaufs mit bis zu 1,60 m Höhenunterschied.

Festigkeit, Langlebigkeit und große Spannweiten

Technisch gesehen besteht eine Besonderheit des Projektes in dem verwendeten Material „BauBuche“. Anfangs waren die konstruktiven Elemente in Fichte-Brettschichtholz geplant. Optische und statische Gründe sprachen aber dafür, „BauBuche“ als Material für das Dachtragwerk und die Tragkonstruktion der Fassade zu verwenden. Für das Furnierschichtholz aus Buche sprachen zum einen die besondere Festigkeit und Langlebigkeit des Materials, zum anderen seine hohen gestalterischen Qualitäten. „Die „BauBuche“ ist ein sehr leistungsstarkes, ausgesprochen robustes und langlebiges Material, mit dem auch bei schmalen Profilen große Spannweiten überbrückt werden können“, so Architekt Oliver Krause, Leiter des Projektes im Büro K+H Architekten, „aber auch die homogene Oberfläche und der Leimfugenverlauf, der sich von den schmalen Stützen in die Untersicht der Deckenträger fortsetzt, konnten wir als gestalterisches Mittel nutzen. Allerdings gehörten wir mit der Grundschule in Tamm (Baustart 2014) zu den ersten Projekten der Herstellerfirma Pollmeier Massivholz.“ Das Material war noch sehr neu auf dem Markt, so dass Detailpunkte in Teilbereichen noch am Projekt entwickelt werden mussten.

Träger und Stützen

Eine weitere Schwierigkeit bei neuen Produkten kann die Zulassung sein. So existierte zu dem damaligen Zeitpunkt zwar grundsätzlich eine Zulassung als schichtverleimtes Material, aber nicht für die benötigten 2 x 80 mm dicken Platten, um daraus die Hauptträger fertigen zu lassen. Im Endeffekt konnte das Projekt mit aufeinander gelegten und verschraubten Platten umgesetzt werden. Die Hauptträger bestehen aus vier jeweils 40 mm breiten und 680 mm hohen „BauBuche S“-Platten. „Die einzelnen Platten haben wir im Werk abgebunden und zusammengeschraubt“, erklärt Michael Munsche von der Zimmerei Holzbau-Pfeiffer. Die Schraubenköpfe sind dabei bewusst nicht versteckt, sondern kommen auf dem hellen Buchenholz besonders zur Geltung. Die Stützen bestehen lediglich aus zwei miteinander verschraubten, je 40 mm dicken „BauBuche S“-Platten.

Furniere statt Bretter

Im Gegensatz zum Brettschichtholz werden bei der „BauBuche“ keine Bretter, sondern Furniere miteinander verleimt. Das Buchefurnierschichtholz bildet also das festere, aber auch schwerere Pendant aus Laubholz zu schichtverleimten Furnieren aus Nadelholz. Zudem werden BS-Hölzer mit einem Leimfugenverlauf an den Seiten der Träger aufeinandergestapelt. In diesem Fall waren die Furnierhölzer stehend miteinander verleimt.

In dem knapp 10 m breiten Riegel wurde eine relativ einfache Konstruktion aus „BauBuche“-Trägern und -stützen gewählt. Im Mensabereich bildet eine Betonwand das massive Rückgrat für die darauf gelegte Holz-Leichtbaukonstruktion. Die Träger haben einen Auflagerpunkt auf der Stahlbetonwand und verlaufen von hier fächerförmig nach außen. Zwischen den Hauptträgern wurden kleinere, diese aussteifende Nebenträger eingehängt, deren Anordnung fast willkürlich, wie in einem Mikadospiel hingeworfen, erscheint. Die Lage dieser Nebenträger ist aus statischen Gründen relativ frei wählbar. „Die Nebenträger dienen der Kippstabilisierung der Hauptträger. Tatsächlich ist ihre Lage im Grundriss egal, idealerweise liegen die Nebenträger jedoch im oberen Teil der Hauptträger“, bestätigt Tobias Räuchle, der als Tragwerksplaner im Büro Helber + Ruff das Projekt betreut hat. Den oberen Raumabschluss bildet eine abgehängte Decke aus Streckmetall, die die ebenfalls strahlenförmig verlaufenden Lüftungskanäle verbirgt.

Strenges Raster aufgelockert

Ein wichtiger Entwurfsaspekt war den Architekten das gleichförmig durchlaufende Raster der Fassade, das dem in seiner Gesamtform eher „bewegten“ Gebäude eine angenehme Ruhe verleiht. In dem zur Rundung geweiteten Fassadenverlauf der Mensa wurde von einem gleichförmigen 1,25-m-Raster nicht abgewichen. Insgesamt gibt es neben der Mensaverglasung drei sich wiederholende Fenstertypen, die mit blauen und gelben Rahmen wiederum das strenge Raster auflockern. Die gesamten Fassadenelemente sind vorgefertigte Holzrahmenelemente, die auf die Baustelle geliefert und vor Ort lediglich an Stützen und Wänden verschraubt werden mussten. Die Bretter der Holzschalung sind in unterschiedlichen Dicken ausgeführt, was der Fassade eine zusätzliche, leichte Lebendigkeit verleiht. „Für dieses vor- und rückspringende Fassadenspiel haben wir jede fünfte Latte in doppelter Stärke ausgeführt und Lisenen (vertikale, hervortretende Verstärkungen der Wand) aus Weißtanne aufgesetzt“, erklärt Architekt Krause.

Möglichst wenig auf der Baustelle gebohrt

Durch das Fassadenkonzept waren die Auflagerpunkte für die Träger an der Außenseite vorgegeben. Interessanterweise stellte der Anschlusspunkt von Dach und Stütze im Verlauf des Projektes ein schwierigeres Detail dar als die Anschlusspunkte an die Betonwand. Das lag an der hohen Festigkeit der „BauBuche“, da Laubholz eine höhere Rohdichte als Nadelholz hat. Das führt auf der Baustelle normalerweise dazu, dass alle Schraub- und Nagelverbindungen in dem Furnierschichtholz vorgebohrt werden müssen. „Je fester ein Holz, desto schwieriger seine Bearbeitung. Wir haben daher versucht, möglichst wenig auf der Baustelle bohren zu müssen“, erläutert Michael Munsche die Vorgehensweise. Und Ingenieur Räuchle ergänzt: „Wir haben versucht, die Problematik durch ein Füllholz, das wir oberseitig zwischen die Furniere gelegt haben, zu umgehen.“ Da der Dachträger aus vier 40 mm dicken Elementen besteht, wurden die mittleren Streifen 10 cm niedriger ausgeführt, um das Füllholz zu verstecken. Somit konnte die Dachscheibe konventionell über Schrauben an den Dachträger angeschlossen werden, ohne vorbohren zu müssen. „Bei etwa 100 Schrauben je Träger ist das eine enorme Zeit- und Kostenersparnis.“ Das Füllholz in der Mitte der Träger besteht aus KVH und wurde in der Zimmerei in die Träger eingelegt und verschraubt. „Als das Projekt realisiert wurde, haben wir noch keine Abbund-Leistungen angeboten. Inzwischen können solche Leistungen aber auch bei uns beauftragt werden“, sagt Jan Hassan, der bei der „BauBuche“-Herstellerfirma Pollmeier Massivholz im Bereich Public Relations und Marketing arbeitet.

Präzise Vorplanung, passgenaues Arbeiten

Die Anschlusspunkte zwischen „BauBuche“-Trägern und Sichtbetonwand konnten relativ einfach gelöst werden: Die in die Träger eingelassenen Stahlschwerter wurden an die in die Betonwand einbetonierten Kopfplatten verschweißt. Auch hier wurde auf ein aufwändiges Bohren und Schrauben verzichtet. Die Anschlusspunkte der Nebenträger des Mensa-Daches wurden mit demselben Konstruktionsprinzip ausgeführt. Dies erforderte eine präzise Vorplanung und passgenaues Arbeiten vor Ort.

Vorsicht mit Feuchte!

Die hohe Festigkeit des Materials „BauBuche“ erlaubt das Bauen mit großen Spannweiten bei schlanken Profilen – gestalterisch ein großes Plus! Neben der schwierigen Bearbeitbarkeit bringt die „BauBuche“ allerdings eine weitere Eigenschaft mit, die bei der Planung unbedingt berücksichtigt werden muss: die Empfindsamkeit gegenüber Feuchtigkeit. „Hier haben die Architekten sehr gute Planungsarbeit geleistet“, betont Zimmermann Munsche, „die Träger und Stützen aus „BauBuche“ liegen alle innerhalb der thermischen Hülle. Auch die Auflagerpunkte sind so zum einen von Innenraumluft umspült, zum anderen sichtbar und somit kontrollierbar.“ 

Autorin

Dipl.-Ing. Nina Greve studierte Architektur in Braunschweig und Kassel. Heute arbeitet sie als freie Autorin in Lübeck und schreibt unter anderem für die Zeitschriften dach+holzbau und bauhandwerk.

Bautafel (Auswahl)

Projekt Erweiterung der Grundschule Hohenstange in Tamm um einen Neubau in Holz-Beton-Bauweise

Bauherr Gemeinde Tamm

Bauzeit 10/2014- 06/2016

Architektur Kilian + Partner Part GmbB, 70176 Stuttgart, www.kh-architekten.de

Tragwerksplanung Helber + Ruff, 71640 Ludwigsburg, www.helber-ruff.de

Holzbau Holzbau Pfeiffer, 07368 Remptendorf,

www.holzbau-pfeiffer.com

 Hersteller „BauBuche“ Pollmeier Massivholz GmbH & Co. KG, 80639 München, www.pollmeier.com

Material 94,54 m3 „BauBuche Platten S“

Grundfläche 750 m²

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