Schlank und zukunftsweisend

Bauen mit 17 m langen Fachwerkträgern aus Buchen-Furnierschichtholz

Die Fachwerkträger sollten wenig Höhe beanspruchen, schlank bemessen sein und etwa 17 m überspannen. Um dies zu erreichen, wurde das Dachtragwerk einer Produktionshalle in Vorarlberg mit Trägern aus Buchen-Furnierschichtholz gebaut. Die Halle ist der erste Gewerbebau, der mit dem Baumaterial realisiert wurde.

Mit etwa 40 Mitarbeitern baut die i+R Holzbau GmbH vor allem Industriehallen und Gewerbebauten, aber auch mehrgeschossige Wohnhäuser in Holzbauweise. Für die Produktion und Verladung der großformatigen Holzwandelemente hat das Unternehmen nun seinen Produktionsstandort im österreichischen Lauterach (Vorarlberg) um eine langgestreckte Halle mit 1600 m² Nutzfläche plus Tiefgarage erweitert. Die Halle schließt direkt an die bestehenden Produktionsflächen an und wird durch Oberlichter sowie über einen hoch gelegenen Fensterstreifen seitlich belichtet. Bei diesem Neubau wurde das industriell hergestellte Furnierschichtholz „BauBuche“ erstmalig für einen Gewerbebau eingesetzt.

In dem besonderen Projekt hat die i+R Holzbau GmbH mehrere Rollen inne: Sie ist Bauherr, Planer, ausführender Betrieb und Nutzer zugleich. Auch die Statik für die neue Halle wurde bei der i+R Holzbau GmbH erstellt. Verantwortlich war Projektleiter Ingo Feichter, der als gelernter  Diplom-Bauingenieur das Tragwerk der Halle berechnet hat.

Mehr Hakenhöhe bei begrenzter Gebäudehöhe

Der Neubau sollte die Produktion größerer Holzfertigteile ermöglichen, musste also mehr Höhe bieten als die beiden bestehenden Hallenschiffe. Aufgrund der baurechtlichen Situation im Umfeld des Firmensitzes war nur ein begrenztes Gebäudevolumen erlaubt. Durch die Verwendung des Buchen-Furnierschichtholzes konnte das Dachtragwerk deutlich niedriger dimensioniert werden. „Was in diesen Dimensionen sonst nur mit Stahl umsetzbar wäre, können wir nun auch in Holz machen. Auch gedrückte Bauwerke lassen sich so mit möglichst großen Raumhöhen umsetzen“, sagt Geschäftsführer Hermann Böhler. Seine Mitarbeiter bauen nun dank einer „Hakenhöhe“ von 6,50 m (die Hakenhöhe ist die maximale Höhe, die ein Kranhaken nach oben fahren kann) wesentlich größere Teile in der Halle zusammen. Der zur Straße orientierte Auslieferungsbereich der Halle ist 1,2 m tiefer gelegen, hier beträgt die Hakenhöhe sogar 7,7 m. Dadurch können die Bauteile leichter auf Reisen gehen. „Früher waren für den Transport Spezialtieflader erforderlich, zukünftig können hier Standard-Lkw beladen werden“, erläutert der Bau- und Zimmermeister.

Schlanke Optik unter dem Hallendach

Auch von der filigraneren Optik der Fachwerkträger ist der Holzbau-Experte überzeugt: „Die Träger aus Buche ermöglichen ein Einsparungspotenzial des Trägerquerschnitts um 30 bis 55 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Fichtenbindern.“ Das Tragwerk der neuen Halle wäre mit einer Spannweite von etwa 17 m als Fichtenkonstruktion nur in der doppelten Breite der Träger ausführbar gewesen. So sind architektonisch anspruchsvolle, schlankere Holzkonstruktionen mit dem neuen Baustoff möglich. Und so war es laut Böhler die richtige Entscheidung, mit dem neuen Material zu bauen: „Jeder, der in die neue Halle kommt, schaut nach oben und sagt ‚Das ist ein Wahnsinn!‘“, erzählt der Geschäftsführer freudig.

Kostenneutral dank geringerem Materialverbrauch

Laut Böhler ist im Vergleich zu Nadelholz der Einsatz der „BauBuche“ kostenneutral. Denn durch die höhere Festigkeit der Buchebinder können die Bauteile schlanker bemessen werden, das benötigte Materialvolumen ist also deutlich geringer: „Aus ökologischer Sicht spricht der geringere Materialverbrauch für den Baustoff“, sagt Bühler, denn dadurch seien auch Lkw-Fahrten zum Transport geringer.

Insgesamt wurden in Lauterach 90 m³ der „BauBuche“ für das Dachtragwerk, Kranbahnen und Dachrippen eingesetzt. Bei Verwendung von Brettschichtholz wäre der Holzverbrauch wesentlich höher gewesen, wie ein Vergleich am Beispiel der Pultdachbinder zeigt: Nur 1,8 m³ Buchenholz waren für jedes der gut 17 m langen Bauteile erforderlich. Für die Ausführung in Brettschichtholz hätte man 3,4 m³ benötigt, beim klassischen (Nadel-)Holzfachwerk wären jeweils 2,5 m³ (bei 20 cm mehr Konstruktionshöhe) erforderlich gewesen.

Kran rollt nun auf Buchenholzbalken

Das Potential des Buchenholzes ist durch klassische Holzbau-Elemente wie Stützen, Dachträger oder Sparren noch nicht ausgereizt. Dass Buche (fast) so schlank wie mit Stahl geplant und gebaut werden kann, beweisen die Kranbahnen in der Vorarlberger Holzbau-Halle: Sie sind ebenfalls aus dem Material realisiert und sparen im Vergleich zu Fichtenholz 20 cm Bauhöhe. Die drei Einträger-Laufkräne mit je 5 t Tragfähigkeit gleiten über eine dünne Stahlschiene, die direkt auf die Balken geschraubt ist. Die Lastverteilung ist dank der großen Festigkeit des Holzes kein Problem.

Bei mehreren anstehenden Industriebau-Projekten kann sich Geschäftsführer Hermann Böhler die Umsetzung mit BauBuche gut vorstellen. Er hofft, seine Kunden von den Vorzügen des Materials überzeugen zu können. Am Beispiel des neuen Referenzprojekts auf dem eigenen Firmengelände kann er die Vorteile des neuen Materials nun gleich vor Ort demonstrieren.

Autor

Jan Hassan ist Bauingenieur und ist seit über zehn Jahren bei Pollmeier in Creuzburg für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich.

Die Bucheträger ermöglichen ein Einsparungspotential im Vergleich zu Fichte um 30 bis 55 Prozent

Bautafel (Auswahl)

Projekt Produktionshalle für Holzelemente,

Träger aus Buchenholz

Bauherr, Planung i+R Holzbau GmbH,

A-6923 Lauterach

Projektleiter Dipl.-Ing. Ingo Feichter

Grundfläche 1600 m²

Gesamthöhe 11,70 m

„Hakenhöhe“ Einträger-Laufkran 6,50 / 7,70 m

Tragwerksplanung i+R Holzbau GmbH 

Material BauBuche, Pollmeier Massivholz GmbH & Co.KG, 99831 Creuzburg, www.baubuche.com

Konstruktives Laubholz

Ein Drittel der gesamtdeutschen Fläche ist Wald. ­Davon sind gut 40 Prozent mit Laubbäumen besetzt, wobei Buche die am weitesten verbreitete Baumart ist. Durch den aus ökologischen Gründen seit den 1980er Jahren vorgenommen Waldumbau, wird der Laubholzanteil zukünftig weiter steigen.

Der konstruktive Holzbau ist bislang zu 99 Prozent Nadelbaum-dominiert. Bei dem in Zukunft höher werdenden Buchenholzanteil ist es naheliegend, dass nach Möglichkeiten gesucht wird, das vorhandene Laubholz für den konstruktiven Holzbau zu nutzen. Denn es ist allgemein bekannt, dass Laubholz eine höhere Festigkeit und bessere Oberflächengüte als Nadelholz bietet. Doch alle bisherigen Versuche, Laubholz im konstruktiven Bereich zu nutzen, waren nur bedingt erfolgreich. Die Firma Pollmeier aus Creuzburg in Thüringen geht jetzt ganz neue Wege und fertigt seit Sommer 2014 Furnierschichtholz aus Buche. Dabei werden ganze Buchenstämme gekocht, in einem spanlosen ­Verfahren rotierend zu 3,5 mm dünnen Furnieren geschält und dann zu Platten verklebt. Der neue Werkstoff soll jetzt die Buche in den konstruktiven Holzbau bringen und wird unter dem Namen
„BauBuche“ vermarktet.

Im Internet finden Sie weitere Fotos vom Bau der Halle in Vorarlberg. Geben Sie hierzu bitte den Webcode in die Suchleiste ein.

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