Moderner Gewerbebau in Holzbauweise
In einem Gewerbegebiet südlich von Stuttgart entstand die neue Firmenzentrale und Betriebsstätte der Hald & Grunewald GmbH. Das lichtdurchlässige, umlaufende Vordach des Gebäudes, das mit karbonisiertem Lärchenholz verkleidet wurde, bietet Witterungsschutz und verleiht dem Gebäude seine charakteristische Form.
Seit der Gründung im Jahr 1965 hat sich das Unternehmen Hald & Grunewald zu einem der führenden Anbieter in Baden-Württemberg für den Verkauf und die Vermietung von Gabelstaplern, Teleskopstaplern, Arbeitsbühnen und Containern entwickelt. Wartungen und Reparaturen von Gabelstaplern und anderen Flurförderzeugen bietet das Unternehmen ebenso an wie Fahrerschulungen und jährliche Sicherheitsunterweisungen für Gabelstaplerfahrer und Hubarbeitsbühnenbediener.
Im vorderen Bereich des Neubaus der Hald & Grunewald GmbH befindet sich der Hallenteil, im hinteren Bereich (auf dem Bild links) das dreigeschossige Betriebsgebäude
Foto: Gui Rebelo / Estúdio Elefante
Der neue Hauptstandort von Hald & Grunewald befindet sich in Ergenzingen, zwischen Schönbuch, Nordschwarzwald und Schwäbischer Alb gelegen. Der Neubau wurde überwiegend in Holzbauweise errichtet. Ziel des Neubauprojekts war es, alle Funktionen des Unternehmens an einem Ort zu bündeln. Insgesamt arbeiten am neuen Standort rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zu Projektbeginn analysierte und optimierte das Team vom Büro rundzwei Architekten BDA aus Berlin gemeinsam mit den Mitarbeitenden des Unternehmens die bestehenden Arbeitsabläufe. Es galt, das Familienunternehmen „neu zu denken“, alte Strukturen zu hinterfragen und einen zeitgemäßen Gewerbebau zu schaffen.
Werks- und Betriebsgebäude
Der Neubau von Hald & Grunewald besteht aus zwei Teilen: einem 10 m hohen Hallenteil (Werksgebäude) und einem dreigeschossigen Büroteil für die Verwaltung (Betriebsgebäude). Beide Gebäudeteile sind miteinander verbunden und bilden zusammen einen flachen Quader. Von der Grundfläche dieses Quaders entfallen etwa ein Viertel auf das dreigeschossige Betriebsgebäude und drei Viertel auf das Werksgebäude. Das Werksgebäude macht also den größeren Teil des Neubaus aus.
Das 2. OG des Betriebsgebäudes wurde als auskragender Querriegel über dem EG und dem ersten Obergeschoss errichtet
Foto: Brüninghoff
Das 2. Obergeschoss des Betriebsgebäudes liegt als auskragender Querriegel über dem Erdgeschoss und dem 1. Obergeschoss. Ein umlaufendes Vordach verbindet Grundkörper und Querriegel zu einer baulichen Einheit. Für die Konstruktion und das Tragwerk des gesamten Gebäudes kam zum Großteil der Baustoff Holz zum Einsatz. Die Firma Brüninghoff übernahm dabei die Detail- und Anschlussstatik für den Holzbau sowie die Werk- und Montageplanung für den Hochbau ab den Fundamenten bis zum Roh- und Innenausbau.
Auskragende Brettschichtholzträger
Die Halle des Werksgebäudes besteht aus Brettschichtholzträgern, die auf Brettschichtholzstützen gelagert sind. Die Brettschichtholzstützen der Werkshalle haben eine Abmessung von 48 x 48 cm. Die Holzbinder der Halle kragen umlaufend um sechs Meter aus. Es kommen zehn Binderachsen im Abstand von sechs Metern zum Einsatz. Diese Binderachsen sind im First gestoßen. Im Bereich der Dachterrasse wurden Doppelbinder verwendet.
Die Halle mit einer Raumhöhe von 9,50 m und 2150 m² Grundfläche ist in mehrere Abschnitte unterteilt. In der Halle befinden sich, neben einer Werkstatt mit 1000 m² Fläche, eine Ausstellung mit 200 m² und ein 800 m² großes Lager. Ein Sichtbetonsockel schützt die Fassade vor mechanischen Beschädigungen.
Brandwand trennt Halle und Betriebsgebäude
Eine Brandwand aus Ortbeton wurde zwischen dem späteren Betriebsgebäude (links) und der Werkshalle errichtet
Foto: Brüninghoff / Lukas Emmerich
Eine Brandwand aus Ortbeton trennt das Werks- vom Betriebsgebäude. Das Verwaltungsgebäude erstreckt sich von dieser Brandwand bis zur Fassade, die aus Betonfertigteilstützen und Holzrahmenelementen errichtet wurde. Die Geschossdecken bestehen aus Brettsperrholz (BSP) und haben Dicken von 25, 27 und 30 cm. Gelagert sind die BSP-Decken auf Brettschichtholzträgern und Brettschichtholzstützen.
Logistische Herausforderungen in der Bauphase
Die Aussteifung des Baukörpers über die F90-Trennwand zwischen dem Hallen- und Verwaltungsbereich gab laut der Firma Brüninghoff den weiteren Bauablauf vor. Zusätzlich mussten mögliche Ungenauigkeiten im Ortbeton bei der Holzbauplanung berücksichtigt werden. Die Abstimmung von Produktion und Montage erwies sich als logistische Herausforderung. Das Holz für die Konstruktion des Werks- und Betriebsgebäudes konnte nicht offen auf der Baustelle gelagert werden. Deshalb wurden einzelne Wand- und Deckenelemente werkseitig vorproduziert. So entstanden die Holzrahmenwände am Standort der Firma Brüninghoff in Villingen-Schwenningen. Die Brettsperrholzdecken und Brettschichtholzbalken wurden bei der Poppensieker & Derix GmbH in Westerkappeln bei Osnabrück vorgefertigt. Vor Ort wurde zudem ein Wetterschutzdach aufgebaut, um für Witterungsschutz während des Aufrichtens der Holzkonstruktion zu sorgen. Auch das Thema Brandschutz hatte großen Einfluss auf die Bauweise. Tragende Holzbauteile und Anschlüsse wurden auf Abbrand bemessen und dimensioniert. Die Außenwände des Betriebs- und Werksgebäudes sind in Holzrahmenbauweise gebaut und mit Zellulose gedämmt. Eine 100 mm Holzfaserdämmung bildet den äußeren Abschluss, bevor die Fassadenverkleidung folgt.
Geschützte Bereiche unter dem Vordach
Das vollständig umlaufende Vordach des neuen Betriebs- und Werksgebäudes hebt sich durch seine schwarze Vorderseite gestalterisch vom übrigen Gebäude ab. Gleichzeitig verbindet es den Grundkörper und den Querriegel des Gebäudes. Sechs Meter weit kragt das Vordach zu allen Seiten aus und fällt dann senkrecht nach vorne ab. Die einfache, aber wirkungsvolle Konstruktion bietet nicht nur Schutz vor direktem Sonnenlicht und Regen, sondern trägt auch zum baulichen Wärmeschutz bei.
Die Holzkonstruktion des Vordachs, verkleidet mit geflämmten Lärchenholzprofilen, bietet Schutz vor der Witterung
Foto: Gui Rebelo / Estúdio Elefante
Rund um das Gebäude sind unter dem Vordach geschützte Verkehrsflächen und Arbeitsbereiche sowie Stellflächen für die Abholung und Rückgabe der Mietfahrzeuge entstanden. Gleichzeitig sorgt die Lichtdurchlässigkeit des Vordachs für eine natürliche Belichtung – sowohl in den Hallenflächen des Werksgebäudes als auch in den Büroräumen des Betriebsgebäudes. Über dem Vordach in Holzbauweise wurden lichtdurchlässige Trapezplatten aus Polycarbonat verlegt.
Karbonisiertes Lärchenholz am Vordach
Bei der Materialwahl der neuen Firmenzentrale stand der Wunsch der Bauherrschaft im Vordergrund, den Werkstoff Holz sichtbar zu machen – auch an der Fassade. Die Architekten kombinierten dazu zwei unterschiedliche Lärchenholzarten: Die senkrechten Flächen des Vordachs bestehen aus orthogonal verschraubten Holzlamellen. Diese wurden nach der japanischen Tradition des „Yakisugi“ karbonisiert, das bedeutet, die Holzoberfläche wurde kontrolliert verkohlt. Das Holz wird durch die Karbonisierung widerstandsfähiger gegenüber Witterungseinflüssen, nimmt weniger Wasser auf und ist vor Schimmel, Fäulnis und Wasser geschützt. Die Hölzer wurden am Brüninghoff-Standort in Villingen-Schwenningen maschinell karbonisiert.
Das Vordach wurde mit karbonisiertem Lärchenholz verkleidet, die Fassade dahinter mit unbehandeltem Lärchenholz
Foto: Gui Rebelo / Estúdio Elefante
Die Holzfassade des eigentlichen Baukörpers besteht im Gegensatz dazu aus hellem, naturbelassenem Lärchenholz. Durch die weite Auskragung und die Höhe der Vordachhaube sind die unbehandelten Fassadenflächen vor Verwitterung geschützt.
Das Verwaltungs- und Betriebsgebäude
Die Verwaltung von Hald & Grunewald im neuen Betriebsgebäude ist über das Erdgeschoss und die da-rüberliegenden Stockwerke verteilt. Im Erdgeschoss liegt die Raumhöhe bei 5,50 m, im ersten und zweiten Obergeschoss bei jeweils 3,50 m. Mitarbeitende der Verwaltung können durch zwei Fenster mit F90-Festverglasung direkt in die Werkshalle nebenan blicken. Durch ein Brandschutz-Schiebetor können Maschinen, Hubsteiger oder Gabelstapler bei Bedarf in das Atrium des Gebäudes gefahren werden. Die Decke über dem Atrium ist als Ortbetondecke erstellt. In der oval geöffneten Mitte dieser Ortbetondecke schwingt sich eine Stahltreppe vom Erdgeschoss in die Höhe. Diese Wendeltreppe verbindet die drei Büroetagen, auf denen sich Büros, Schulungsräume und gemeinschaftlich genutzte Bereiche befinden.
Transparente Gestaltung der Innenräume durch gläserne Trennwände zwischen den Büros und helle Akustikdecken aus Holz
Foto: Gui Rebelo / Estúdio Elefante
Große Fensterfronten lassen viel natürliches Licht in das Betriebsgebäude und schaffen eine offene, kommunikative Arbeitsatmosphäre. Die transparente Gestaltung der Innenräume durch gläserne Trennwände zwischen den Büros und helle Akustikdecken aus Holz soll die Kommunikation und Zusammenarbeit fördern.
Blockheizkraftwerk und Dachbegrünung
Nachhaltigkeit und Energieeffizienz spielten bei dem Gewerbebau in Rottenburg auch bei der Haustechnik eine wichtige Rolle. Ein Blockheizkraftwerk versorgt die Fußbodenheizung im Werksgebäude sowie den Büroteil mit Wärme. Außerdem deckt es einen Großteil des Strombedarfs des Gebäudes ab, das nach Niedrig-energiestandard gedämmt ist. Im Sommer sorgt die Absorptionskältemaschine für ein angenehm kühles Klima in den Räumen.
Ein Teil der Dachfläche wurde als extensives Gründach bepflanzt. Dahinter befindet sich das Obergeschoss des Betriebsgebäudes mit Holzfassade
Foto: Gui Rebelo / Estúdio Elefante
Das Dach des Neubaus wurde mit EPS-Dämmplatten gedämmt und mit Kunststoffdachbahnen abgedichtet. Ein großer Teil der Dachfläche wurde als extensives Gründach bepflanzt, das Vögeln und Insekten als Lebensraum dient. Den Mitarbeitenden von Hald & Grunewald steht die angrenzende Dachterrasse zur Erholung und für Pausen zur Verfügung. Die Frischluftzufuhr im Gebäude erfolgt über manuell zu öffnende Fenster. Darüber hinaus tragen die feuchtigkeitsabsorbierenden Holzoberflächen der Konstruktion zur natürlichen Klimatisierung der Räume bei.
Hohe Wertschätzung für das neue Gebäude
Bei den Mitarbeitenden spüre sie eine hohe Wertschätzung für das neue Gebäude, berichtet Sabine Marquardt, Geschäftsführerin von Hald & Grunewald: „Sie sind stolz, hier arbeiten zu können. Durch die Transparenz der Architektur können wir jetzt viel einfacher und direkter miteinander kommunizieren.“ Darüber hinaus würden die Architektur und der Standort des neuen Firmengebäudes das Familienunternehmen bei der Personalgewinnung unterstützen. So gab es laut der Geschäftsführerin schon viele Initiativbewerbungen für den neuen Standort von Hald & Grunewald in Rottenburg.
Autor
Eric Sturm ist Fachjournalist und Blogger und schreibt unter anderem Fachartikel und Objektberichte für Planungsbüros, Unternehmen und (Online-)Medien.
Bautafel (Auswahl)
Projekt Neubau eines Betriebs- und Werksgebäudes für die Hald & Grunewald GmbH in Rottenburg-Ergenzingen
Bauherr Hald & Grunewald GmbH,
Architektur (Leistungsphase 1-5) rundzwei Architekten BDA, Berlin, www.rundzwei.de
Projektsteuerung Ulrich Franke GmbH, Bau Consulting+Control, Berlin,
https://frankeimmobilien.estate
Brandschutzplanung (LP 1-4, LP 8) brandschutz plus, Berlin, https://brandschutzplus.de
Bauphysik ELB Energieberater im Land Brandenburg, Potsdam, www.energieberater-brb.de
Tragwerksplanung (LP 1-5) knippershelbig, Stuttgart, www.knippershelbig.com
Generalunternehmer Brüninghoff Group, Heiden, www.brueninghoff.de
Produktion Holzrahmenwände Brüninghoff Holz GmbH & Co. KG, Villingen-Schwenningen
Dach- und Gründacharbeiten Gebrüder Rückert GmbH & Co. KG, Gosheim auf dem Heuberg,
Planungsbeginn 3/2019, Fertigstellung 12/2022