Abdichtung von runden Durchdringungen der luftdichten Ebene
Die Abdichtung runder Durchdringungen in der luftdichten Ebene kann zur Herausforderung werden. Besonders deutlich wird das bei der Durchführung von Installationsleitungen und Rohren durch wärmegedämmte Dächer. Die Wahl der richtigen Dichtungsmaterialien ist hierbei entscheidend.
Bei wärmegedämmten, geneigten Dächern wird die in der DIN 4108-7 geforderte, luftdichte Gebäudehülle meist mit Platten- oder Bahnenwerkstoffen hergestellt, die in der Fläche luftdicht verklebt werden. Anschlüsse und Durchdringungen müssen dabei luftdicht erstellt werden. Hier sollte bereits bei der Planung darauf geachtet werden, die Anzahl von Durchdringungen möglichst gering zu halten. In aller Regel ist die Luftdichtheit in der Fläche und an den umlaufenden An- und Abschlüssen problemlos herzustellen. Einzelne Durchdringungen können hingegen häufig Schwierigkeiten bereiten.
Vorkonfektionierte Manschetten
Für die Durchführung von Kabeln und Rohren durch Bahnen oder Platten im Wand- und Dachaufbau bieten verschiedene Hersteller vorgefertigte Manschetten an. Dabei sind Rohrmanschetten meist mit einem Klebeflansch aus Folie und einer Kunststofftülle einbaufertig vorkonfektioniert. Sie werden für alle gängigen Durchmesser angeboten. Mit solchen Elementen lassen sich alle Kabel- oder Rohrdurchführungen in der Dachfläche zügig und fachgerecht ausführen. Lediglich bei der Durchführung flexibler Dunstrohranschlüsse kann zusätzliche Abdichtungsarbeit erforderlich werden. Der Einsatz vorkonfektionierter Abdichtungsmanschetten erfordert ein hohes Maß an Planung und Koordination der Gewerke. Die Voraussetzungen dazu sind im Baustellenalltag jedoch nicht immer gegeben. Daher müssen für die Abdichtung von Dachdurchdringungen in der luftdichten Ebene häufig individuelle Lösungen gefunden werden.
Kritische Bestandsaufnahme
Wer kennt das nicht: in die Ecke gequetschte Rohre, zu einem Bündel zusammengebundene Kabel oder Strangleitungen, die in einer kaum zugänglichen Nische verlegt wurden? Von der Sorgfaltspflicht, die in der DIN 4108-7 auch bei der Planung luftdichter Ebenen gefordert wird, ist in solchen Fällen wenig zu bemerken. Der Handwerker sollte in solchen Fällen eine kritische Bestandsaufnahme der Detailpunkte durchführen und – wenn nötig und möglich – Änderungen an den baulichen Vorgaben vom Auftraggeber einfordern. Das bedeutet beispielsweise, dass Rohre mit ungenügendem Abstand von der Wand entweder verkleidet oder so verlegt werden müssen, dass rundum ausreichend Platz für einen fachgerechten Anschluss entsteht.
Wie viel Abstand ist ausreichend?
Die Argumentation ist dabei nicht immer einfach, denn in der Formulierung von Mindestforderungen ist die Norm leider etwas schwammig. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass Durchdringungen bei der Planung mit so viel Abstand untereinander und zu Bauteilen angeordnet sein müssen, dass ausreichend Platz für die handwerkliche Herstellung eines luftdichten Anschlusses bleibt. Aber was ist „ausreichend“? Diese Frage ist leider nicht pauschal zu beantworten, da dies vom Durchmesser und der Lage der Durchdringung abhängt. Die handwerkliche Erfahrung lehrt jedoch: Je größer der Durchmesser, desto mehr Platz drumherum ist nötig! Als Faustformel kann bei Rohren der halbe Rohrdurchmesser zu allen Seiten angenommen werden. Ein Mindestabstand von 5 cm ist aber auf jeden Fall empfehlenswert, auch bei dünneren Versorgungsleitungen wie etwa bei Heizungsrohren oder Kabeln. Bei Manschetten oder Formteilen mit einem selbstklebenden Flansch sind die Maße in aller Regel vorgegeben.
Dehnfähige und flexible Klebebänder
Bei dem handwerklichen Anschluss auf der Baustelle sollte auf die Wahl der richtigen Dichtungsmaterialien geachtet werden. Die Verwendung ungeeigneter Klebemittel in Verbindung mit mangelhafter Ausführung nach der Methode „viel hilft viel“ führt oft zu fragwürdigen Ergebnissen. Für Ecken und runde Details sollten Klebebänder mit ausreichender Dehnfähigkeit, Flexibilität und geringen Rückstelleigenschaften verwendet werden. Die Rückstelleigenschaft steht für den Effekt, wenn der Druck oder Zug auf ein Material nachlässt und es in seine ursprüngliche Form zurückfindet. Dieser Effekt ist bei Klebeverbindungen unerwünscht, da dadurch das Klebeband vom Untergrund abgezogen würde. Je geringer die Rückstelleigenschaften eines Klebebandes oder einer Klebemasse sind, umso sicherer hält die Verbindung.
In den meisten Fällen dürfte ein Klebeband das Mittel der Wahl sein, um Durchdringungen der luftdichten Ebene abzudichten. Bei Rohrdurchführungen kann mit kurzen, ausreichend elastischen, L–förmig abgeknickten Klebebandstücken gearbeitet werden, mit denen die Fuge zwischen Rohrwandung und der Luft- und Dampfsperre angeschlossen wird. Besonders gut geeignet sind dehnfähige, flexible Klebebänder mit einem in Längsrichtung geteilten Liner (Trennfolie). Deren Vorteil ist, dass in aller Regel größere Stücke verwendet werden können. Der Liner wird im ersten Arbeitsschritt auf einer Hälfte des Klebebands abgezogen und das Band wird – ohne dass die Finger daran festkleben – auf dem Rohr platziert. Im zweiten Schritt wird die andere Hälfte der Folie entfernt und das Klebeband kann auf die Luft- und Dampfsperre geklebt werden. Durchführungen von verlegten Kabeln können in ähnlicher Weise eingedichtet werden: Zwei einander gegenüberliegende Stücke werden L-förmig an das Kabel geklebt und dann zusammengedrückt, so dass sie das Kabel dicht umschließen.
Funktionsbeschichtungen mit Vlieseinlage
Bei schwer zugänglichen Details oder problematischen Querschnitten von Durchdringungen empfiehlt sich der Einsatz von Funktionsbeschichtungen mit Vlies-einlage. Deren Vorteil liegt darin, dass durch die flüssige Anwendung mit dehnfähigen Armierungsvliesen und die Verwendung von flachen, dünnen Pinseln auch Bereiche abgedichtet werden können, wo Klebebänder oder Klebemassen schlichtweg nicht hinkommen.
Mit richtigen Dichtmaterialien Zeit sparen
Um Rohr- oder Kabeldurchführungen in einer Luftdichtheitsschicht zu einer „runden Sache“ zu machen, sind allseitige Zugänglichkeit und ausreichende Abstände untereinander und zu anderen Bauteilen die Voraussetzung. Die Wahl der richtigen Dichtmaterialien hilft, die Luftdichtheit mit akzeptablem Zeitaufwand herzustellen, so dass man einer abschließenden Luftdichtheitsmessung gelassen entgegensehen kann.
AutorMichael Wolf ist Dachdeckermeister und Anwendungstechniker bei der Dörken GmbH & Co. KG in Herdecke.