Reversibler Balkenbau von Sou Fujimoto in Bielefeld
Die Kunsthalle Bielefeld widmete dem japanischen Architekten Sou Fujimoto in diesem Sommer eine eigene Ausstellung. Für diese bauten Auszubildende im Zimmererhandwerk des HBZ Bielefeld-Brackwede das „Final Wooden House“ des Architekten im Skulpturenpark der Kunsthalle nach.
Es ist schon etwas ganz Besonderes, dass die Bielefelder Kunsthalle dem jungen japanischen Architekten Sou Fujimoto im Sommer dieses Jahres eine eigene Ausstellung widmete, denn es war die erste Ausstellung zu seinem Werk außerhalb Japans. Sehr zu Pass kam Fujimoto, dass sich um die Kunsthalle herum ein Skulpturenpark mit zum Teil hohen Bäumen befindet, auf die auch die Anordnung seiner Architekturmodelle in den Räumen der Kunsthalle Rücksicht nahm. „In einem Haus zu wohnen, ist wie in einem Baum zu wohnen“, lautete nämlich auch das Motto der mit „Futurospektive Architektur“ betitelten Ausstellung. Und in der Tat musste man sich in der Kunsthalle sehr achtsam durch den Wald aus Stehlen bewegen, auf denen die vielen Modelle standen. Neben den insgesamt rund 150 Modellen gab es draußen im Skulpturenpark der Kunsthalle aber auch ein Bauwerk des Architekten als Replik im Maßstab 1:1 zu sehen: das „Final Wooden House“, das seit 2008 in der Nähe der Stadt Kumamoto von einem architekturbegeisterten Japaner als Wochenendhaus genutzt wird. Man mag bei dem in Bielefeld aus übereinander geschichteten Lärchenholzbalken bestehenden Kubus kaum glauben, dass sich in dem in Japan aus Zedernholz gebauten Pendant sogar eine kleine Küche und eine Toilette unterbringen ließ. Der Bielefelder Holzkubus, der mit seiner Größe eher an eine japanische Teehütte, als an ein Wochenendhaus erinnert, verbleibt auch nach Ende der Ausstellung ohne Innenausbau in der Region.
Montage des Holzkubus aus bis zu 4,20 m langen
Lärchenholzbalken
Ende April begannen die Auszubildenden im Zimmererhandwerk des Handwerkerbildungszentrums (HBZ) Bielefeld-Brackwede mit der Montage der bis zu 4,20 m langen Balken. „Die Montage funktioniert wie bei einem Baukasten mit einem Querschnittsraster der Balken von 35 x 35 cm, bei dem Länge und Höhe der Hölzer aufeinander abgestimmt sind“, erklärt Jörg Hainke, Ausbilder beim Handwerkerbildungszentrum. So ergeben sich Balkenlängen von 70, 105 oder 140 cm bis eben maximal 420 cm. Und das sind auch die Abmessungen der Aussparungen, die in dem aus elf Balkenlagen bestehenden Kubus sichtbar werden. Die scheinbar wahllos die Fassadenflächen durchbrechenden „Fensteröffnungen“ erinnern in ihrer Form dabei an grob gepixelte Wolken. Diese Fassadenöffnungen wurden mit schräg gestellten Glasscheiben geschlossen, die ohne Rahmen jeweils links und rechts über eine Edelstahlhalterung direkt im Hirnholz der Balken befestigt sind. Auch bei der Eingangstür handelt es sich um eine rahmenlose Glasscheibe, die aus Schutz vor Vandalismus über einen Schließmechanismus zugesperrt werden kann.
Verschraubung der Balken mit Appel-Dübeln und Gewindestangen
„Am Liebsten hätten wir die Hölzer handwerklich traditionell über eingefräste Schwalbenschwanznuten mit Hartholzkeilen miteinander verbunden. Da das Haus zum Winter hin aber andernorts aufgestellt werden soll, haben wir die Balken über Appel-Dübel und Gewindestangen miteinander verschraubt“, sagt Zimmerermeister Jörg Hainke. Solche Verbindungen lassen sich leicht lösen, um den 35 m3 großen und rund 30 Tonnen schweren Holzkubus an seinen endgültigen Bestimmungsort zu bringen und dort erneut zu verschrauben. „Schwalbenschwanzverbindungen bekommt man nicht mehr auf“, so Ausbilder Hainke. Trotzdem meint er: „Es war eine schöne und ungewöhnliche Übung für unsere Auszubildenden im Zimmererhandwerk aus dem ersten und zweiten Lehrjahr.“ Und für Kunsthallenleiter Dr. Friedrich Meschede ist klar: „Ohne dieses Engagement wäre das Projekt nicht zu stemmen gewesen.“ Unterstützt wurde der Bau zudem von den Landesbetrieben Wald und Holz Nordrhein-Westfalen, die das Lärchenholz spendierten, das aus der Nähe der Stadt Detmold stammt.
Autor
Dipl.-Ing. Thomas Wieckhorst ist Werkstoffwissenschaftler und verantwortlicher Redakteur der Schwesterzeitschrift bauhandwerk.
„Ohne das Engagement der jungen Zimmerer wäre das Projekt nicht zu stemmen gewesen“