Holzrahmenbau trifft Holzständerbau
Neuer Firmensitz des Bioproduzenten Treibholz in KorschenbroichDie Firma Treibholz hat für den Bau ihres neuen Firmensitzes auf den Baustoff Holz gesetzt. Der Neubau vereint verschiedene Bauweisen, vom Ständerbau über die Holzrahmenbauweise bis hin zu Brettstapeldecken. Geheizt wird das Gebäude mit Erdwärme, Strom erzeugt eine Solaranlage auf dem Dach.
Die Treibholz GmbH produziert und vertreibt seit 1978 Bio- und Naturwaren. Übereinstimmend mit der Firmenphilosophie wurde das Lager- und Produktionsgebäude des Herstellers in Korschenbroich (NRW) nach ökologischen Gesichtspunkten in Holzbauweise errichtet. Besonders attraktiv gestaltet ist die Fassade mit einer waagerechten Holzschalung und Fenstern aus Lärchenholz. Für den Neubau im Gewerbegebiet Glehner Heide in Korschenbroich kamen große Mengen Holz zum Einsatz. Die komplette Holzkonstruktion wurde vorab mit Schrauben, Bolzen, Stahlteilen und anderen Verbindungsmitteln in einer 3D-Konstruktion modelliert, so konnten Fehler beim Aufbau minimiert werden.
Regallagerhalle, Büro- und Verpackungsbereich
Das zweischiffige Hallenbauwerk mit einer Grundfläche von etwa 570 m² besteht aus einer eingeschossigen Regallagerhalle und einem zweigeschossigen Gebäudebereich mit Räumen unterschiedlicher Nutzung. Der zweigeschossige Bereich gliedert sich in eine Zone zur Banderolisierung und Konfektionierung im Obergeschoss und einen Bereich mit Büro-, Aufenthalts- und Besprechungsräumen im Erdgeschoss. Das erste Obergeschoss wird über zwei Treppen im Inneren des Gebäudes erschlossen. Außerdem kann es aus der Regallagerhalle über eine Empore mit Ware beschickt werden.
Holzkonstruktion in drei Wochen fertiggestellt
Der zweigeschossige Gebäudeteil mit Bürotrakt bietet etwa 500 m² Nutzfläche und ist in Holzrahmenbauweise errichtet. Standardisierte Querschnitte und gängige Plattenmaße mit einem Raster von 62,5 cm sorgten für einen hohen Vorfertigungsgrad und eine passgenaue Produktion der Wandelemente im Werk der FH Finnholz. Das Aufstellen der reinen Holzkonstruktion des gesamten Gebäudes dauerte nur knapp drei Wochen.
Sichtbare OSB-Platten an den Wänden
Obwohl sie von außen eine Einheit bilden, sind die Bereiche Konfektionierung im Obergeschoss und Büro- und Aufenthaltsräume im Erdgeschoss im Inneren unterschiedlich gestaltet. In den Arbeitsbereichen zur Konfektionierung und Banderolisierung befinden sich innenseitig sichtbare OSB/4-Platten an den Wänden. Im Büro sind die mit Gipsfaserplatten beplankten Wände gespachtelt und gestrichen. Die hellen Wände und Böden im Bürotrakt sorgen in Kombination mit großen, nach Norden ausgerichteten Fenstern für eine optimale, blendfreie Belichtung der Arbeitsplätze. Um den Büro- und Verpackungsbereich nicht nur optisch zu trennen, wurde dazwischen eine raumabschließende Trennwand in feuerhemmender Bauweise errichtet, die gleichzeitig die Statik des Gebäudes verbessert. Auch die hier eingebauten Türen sind feuerhemmend.
Geschossdecke aus Brettstapelelementen
Zwischen Erd- und Obergeschoss des zweigeschossigen Gebäudeteils ist eine Geschossdecke aus Brettstapelelementen montiert, die auf den Innen- und Außenwänden in Holzrahmenbauweise aufliegt. Die sowohl tragende als auch aussteifende Brettstapeldecke ist auf Abbrand nach REI 30 berechnet und bleibt im fertigen Objekt unterseitig sichtbar. Im Bereich des Lagers wird die mit einer Nutzlast von 8 kN/m² belastete Decke durch massive Unterzüge (22 x 72 cm) aus Brettschichtholz unterstützt. Die Auflager der Unterzüge sind mit zusätzlichen Vollgewindeschrauben zur Vergrößerung der Auflagerpressung verstärkt.
Sandwichpaneele über Holzfaserdämmplatten
Das Dach des zweigeschossigen Gebäudeteils besteht aus mit Zellulose ausgeflockten Dachelementen. Auch diese wurden im Werk der FH Finnholz in Lienen vorgefertigt. Sie bieten einen hohen sommerlichen Hitzeschutz und bilden eine Scheibe, die die horizontalen Windlasten in die Wände einleitet. Als Dachdeckung sind 120 mm dicke, hinterlüftete Sandwichpaneele auf dem um 6° geneigte Pultdach montiert („KS 1000 RW“ von Kingspan mit PIR-Dämmkern). Vor diesem Hintergrund konnten die darunterliegenden Holzfaserplatten trotz der geringen Dachneigung als Unterdach angesetzt werden.
Hochregallager für Bio- und Naturprodukte
Die 245 m² große Lagerhalle überragt aufgrund ihrer Auslegung für Palettenregale den zweigeschossigen Gebäudeteil. Sie wird über ein Lichtband mit Nordausrichtung natürlich belichtet. Zwei große Tore ermöglichen Lieferanten das gleichzeitige Be- und Entladen. Die Halle ist mit einem Tragwerk bestehend aus Stützen, Bindern und Pfetten mit einem Binderabstand von knapp 11 m errichtet. Im Hallenbereich ist die Konstruktion außenseitig mit diffusionsoffenen Holzweichfaserplatten verkleidet. Die Holzrahmenwände im Dach- und Bürobereich sind mit 200 mm Holzweichfaserdämmstoff gedämmt.
CO2-neutraler Gebäudebetrieb
Neben der Verwendung des Baustoffes Holz setzt die Bauherrin auch auf einen CO2-neutralen Betrieb der neuen Produktionsstätte. Die Halle kommt ohne konventionelle Energieträger aus, geheizt wird mit Erdwärme. Die Solewärmepumpe, die elektrotechnische Gebäudeausstattung sowie Maschinen und Flurförderzeug werden aus einer 50 kWp Solaranlage gespeist, die auf dem Dach montiert ist. Die Solaranlage liefert dabei sogar noch einen Energieüberschuss, der ins Netz eingespeist wird.
Dachtragwerk aus Brettschichtholz
Die Dacheindeckung des Hochregallagers besteht ebenfalls aus 120 mm dicken Sandwichpaneelen, die von längslaufenden Pfetten aus Brettschichtholz getragen werden. Die Pfetten wurden mit „Sherpa“-Verbindern und Vollgewindeschrauben an den quer laufenden Bindern angeschlossen, die die vertikalen Lasten weiter über Holzstützen in die Bodenplatte einleiten.
Die horizontale Aussteifung erfolgt über einen Dachverband, der die Lasten in die vier, mit Schlitzblechen und Stabdübeln verbundenen, Wandverbände einleitet. Zur Einleitung der in den Stützen wirkenden, abhebenden Lasten, wurden eingeklebte Gewindestangen gewählt. Die Lastabtragung in den Baugrund erfolgt über die gedämmte Stahlbetonsohle.
Wind-, Schnee- und Nutzlasten
Die gesamte Tragkonstruktion der Lagerhalle wurde mit Hilfe einer 3D-Statiksoftware berechnet, wodurch alle Lastfälle aus Wind, Schnee und Nutzlast berücksichtigt und in verschiedenen Lastkombinationen durchgerechnet wurden.
Der neue Firmensitz des Bio-Unternehmens überzeugt durch den Einsatz des Baustoffs Holz. Von außen fällt die Lärchenschalung ins Auge, von innen die teilweise sichtbar gebliebene Holzkonstruktion.
AutorinElena Seliger arbeitet im Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit der FH Finnholz Handelsgesellschaft in Lienen.
Bautafel (Auswahl)
Projekt Neubau des Firmensitzes der Treibholz GmbH (Lager-, Produktions- und Verwaltungshalle) in Holzständer und Holzrahmenbauweise, 41352 Korschenbroich
Bauzeit 2016 - 2019
Architekten Architekturbüro Creutzfeldt, 10557 Berlin, www.creutzfeldt.eu
Holzbau Zimmerei Heinz-Jürgen Hinck, 53940 Hellenthal-Kehr, www.zimmerei-hinck.de
Dachdecker Dachdeckermeister Marlon Clasen, 50829 Köln, www.mc-dach.net