Neue Verwaltung der Ziegler Group in Holzbauweise mit Holzstämmen vor der Fassade
Eine Fassade aus 19 Meter hohen Fichtenstämmen umgibt das neue Verwaltungsgebäude der Ziegler Group im oberpfälzischen Plößberg, die nach eigenen Angaben eines der größten Sägewerke Europas betreibt. Die Stämme bieten Schatten, Sichtschutz und verleihen dem Gebäude eine repräsentative Optik.
Das neue Verwaltungsgebäude der Ziegler Group wurde von den Brüdern Christian und Peter Brückner geplant und zwischen 2018 und 2020 in Plößberg realisiert. „Es ist schon ein sehr besonderer Ort, an dem wir dieses Projekt verwirklichen durften“, erzählt Stephan Gräbner, Projektleiter im Architekturbüro Brückner & Brückner, „zunächst sind wir durch das Waldstück gegangen, das grundsätzlich als Baugrund ausgemacht war und durften den optimalen Bauplatz definieren.“ Entschieden haben sich die Architekten, natürlich abschließend in Absprache mit dem Bauherrn, für eine Lichtung im Wald, die bereits entsprechend ausgedünnt war, auf dem höchsten Punkt des Geländes. Dass bei diesem Projekt Holz die zentrale Rolle für den Bau spielen würde, war in Anbetracht der Kernkompetenz des Bauherrn zu erwarten: Die Ziegler Holzindustrie betreibt am Standort Plößberg ein Sägewerk mit sechs Säge- und Hobellinien, hier werden nach Angaben des Unternehmens 2,2 Mio. Festmeter Fichten- und Kiefernholz pro Jahr verarbeitet. Das Holz wird zu Schnittholzprodukten wie Konstruktionsvollholz, Bauholz, Schalungsbrettern, Dachlatten und Rauspundbrettern verarbeitet. Im neuen Verwaltungsgebäude der Ziegler Group kam Holz an vielen Stellen zum Einsatz: Neben der hölzernen Grundkonstruktion sind auch Treppen, Wandbekleidungen, Möbelstücke und sogar Lampen im Gebäude aus Holz gefertigt.
Das Gebäude besteht aus zwei ineinander verschränkten und in der Höhe gestaffelten Rechtecken mit je einem Innenhof. Im Bereich der Überschneidung der beiden Rechtecke wurde eine geschossübergreifende Kommunikationszone angeordnet. Im Erdgeschoss befindet sich der Empfang. In den oberen Geschossen ist jeweils eine Teeküche mit Theke für die Belegschaft zu finden. Eine Spindeltreppe aus Holz, angefertigt von der Firma treppenbau.ch AG, verbindet alle Geschosse miteinander. Eine genaue Beschreibung der Konstruktion und des Einbaus der Spindeltreppe finden Sie im Magazin bauhandwerk, Ausgabe 09.2021 (siehe hier ).
Kleine Lücken in der Fassade
An der Gebäudelängsseite wurden die Abteilungsbüros angeordnet, während an den kurzen Seiten die Besprechungs- und Leitungsbüros liegen. Zudem gibt es im Gebäude einige Räume mit Sondernutzung, wie den Showroom mit Medienleinwand im Erdgeschoss, eine Mitarbeiterkantine, einen großen Besprechungsraum mit Loggia oder das Gästekasino, einen Bewirtungsraum mit eigener Zapfanlage. Die Loggia an der Ostseite des Gebäudes bildet auch an der Fassade eine Besonderheit. Hier ist, wie sonst nur am Haupt- und Nebeneingang, die Baumstamm-Fassade unterbrochen. Neben der Spindeltreppe dienen zwei Stahlbetontreppenhauskerne mit je einem Aufzug der Erschließung. Sie sind, außer der Bodenplatte, die einzigen Elemente aus Beton im Gebäude. Damit der Werkstoff Holz aber auch hier sichtbar wird, wurden für die Schalung des Sichtbetons gebürstete, vertikal gestellte Holzbretter verwendet. Deren markante Abdrücke sind nun in der Betonoberfläche sichtbar. Bei der gesamten übrigen Konstruktion des Gebäudes handelt es sich um einen Holzbau.
Die Konstruktion
„Eine Grundidee des Entwurfs bestand darin, die Produktpalette des Holzes in all seinen Facetten mit einer von außen nach innen immer feineren Oberflächenveredelung zu zeigen, vom Rohmaterial „Baumstamm“ an der Fassade bis zum hochveredelten, individuell angefertigten Möbel im Inneren“, erklärt Projektleiter Stephan Gräbner. Die vorgefertigten Unterzüge und Stützen des Gebäudes sind aus Brettschichtholz, die Decken und Wände aus Brettsperrholz gefertigt. Sie wurden von der Firma Riedl Holzbau, die im Projekt auch als Generalunternehmen fungierte, komplett für deren Abbund-Programme in 3D modelliert.
Möglichst wenige Verbindungsmittel
Statisch wird die Last über oben und unten gelenkig angeschlossene Pendelstützen abgetragen. Die 26 cm hohen Brettsperrholz-Deckenelemente sind über Flachstahlzugbänder miteinander verbunden, sodass sie in ihrer Gesamtheit als Scheibe wirken und zusammen mit den Stahlbeton-Treppenhäusern das Gebäude aussteifen. „Mein Anspruch war, eine Konstruktion mit möglichst wenig Verbindungsmitteln zu finden, die ein Gebäude schnell teuer machen können“, erzählt Christian Stangl, der für das Ingenieurbüro Bodensteiner und Partner GbR die Statik für das Gebäude erstellt hat, „ein Aussteifungskern mit Deckenscheiben gehört hingegen zu den wirtschaftlichen Lösungen.“ Die Stützen sind mit ihrem Querschnitt von 28 x 28 cm an die Möglichkeiten der Abbundanlage angepasst. Sie wurden an der Stirnseite so ausgeklinkt, das in der Mitte ein 10 cm starker Steg stehenblieb. Die Stützen werden über Winkel konstruktiv lagegesichert. Die Unterzüge werden mittels Schrägverschraubung in ihrer Lage gesichert.
„Das Besondere der Konstruktion lag für uns in der Montage“, erklärt Fabian Maier von der Firma Holzbau Riedl, „es war zwar im Prinzip eine einfache Bauteil-Montage, aber unser Holzbau hing quasi am Betonbau.“ So wurden die Betontürme nicht im Stück, sondern stockwerksweise fertiggestellt, da eine Kletterschalung hier nicht möglich war. „Für eine Kletterschalung braucht man immer gleiche Stockwerkshöhen, hier aber haben nur die Stockwerke 1 und 2 die gleiche Höhe“, sagt Maier, „zudem ging es ja darum, die Betonoberfläche durch individuell zusammengesetzte, vertikale Holzbretter zu prägen. Die Schalelemente setzten in jedem Geschoss neu an und wurden auf die jeweilige Decke gestellt“, so Maier. Im Laufe des Montagefortschritts wurde daher gestaffelt an drei verschiedenen Konstruktionen gearbeitet. Während der Betonbau beispielsweise auf Ebene 2 angekommen war, konnte auf Ebene 1 der Holzbau fertiggestellt und auf Ebene 0 mit der Pfosten-Riegel-Fassade begonnen werden. Solange das Dach noch nicht fertiggestellt war, wurde die vorgefertigte Spindeltreppe in einzelnen Elementen mit einem Kran von oben durch die Deckenöffnungen in das Gebäude gehoben und von zwei Handwerkern aufgebaut.
Brettsperrholz-Scheiben in Kastenform
Das Flachdach des Gebäudes kragt um 1,40 m aus, so dass hier gut mit entsprechendem Abstand die 19 m hohen Fichtenstämme vor der Fassade fixiert werden konnten. Die Attika des Daches erreicht an einigen Stellen eine Höhe von 1,20 m und wurde zu den Außenseiten als eine Art umlaufender Kasten ausgeführt, der auch statisch wirksam war. „Zu den Außenkanten des Gebäudes haben wir die große Auskragung, die zurückverankert werden musste“, bestätigt Ingenieur Maier, „daher wurden hier Brettsperrholz-Scheiben, die zu einer Kastenform zusammengefügt wurden, wie ein Kranz auf das Gebäude gesetzt, der nun als Versorgungskanal der Gebäudetechnik dient.“ Zu den Innenhöfen war diese Ausführung der Attika nicht notwendig. Eine weitere Besonderheit der Dachkonstruktion findet man an den Außenecken, die hier jeweils aus einem Holzfächer mit 16 Teilen bestehen, die durch ihr geringes Gewicht der einzelnen Teile leichter zu verankern waren als eine Ausführung mit nur einem Bauteil.
Gefälledämmung und Frühwarnsystem
Gedämmt wurde das 800 m2 große Flachdach mit der Gefälledämmung „Linitherm PGV Gefälle“. Der Aufbau erfolgte in bis zu drei Lagen. Unter der Dämmung wurde nicht nur die Dampfbremse verlegt, sondern auch das elektronische Nässe-Frühwarnsystem „Hum ID“. Für die kabel- und batterielosen Nässedetektoren musste die ausführende Firma Holzbau Schuller Bedachungen lediglich Schlitze in die Dämmplatten schneiden und die Detektoren einschieben. Mehr über den Dachaufbau erfahren Sie hier.
Grundsätzlich wird das Wasser des Daches über 14 Grate und sieben Gullys in Fallrohre hinter der Fassade geleitet. Sollte es, beispielsweise durch Kapillarrisse, zu Feuchtigkeit im Dach kommen, wird dieses bei einer Überprüfung der Sensoren mit einem Scanner durch ein optisches und akustisches Signal angezeigt.
Aufrichten der Stämme
Bleibt noch die markante Fassade aus 19 m hohen Fichtenstämmen. Nachdem die Idee der Baumstamm-Fassade sehr gut ankam, wurden im Sägewerk ein Jahr lang etwa 200 möglichst gerade Baumstämme ausgesucht, eingelagert und von Mitarbeitern des Sägewerks Stück für Stück geschält. Vereinfacht ausgedrückt wurden die Baumstämme, die in unregelmäßigen Abständen vor der Fassade stehen, oben mit einem Dorn am Vordach und am Fußpunkt über ein vertikales Stahlschwert mit Stabdübeln auf Punktfundamenten befestigt. Mit einem ferngesteuerten Teleskoplader mit Greifarm wurden die Stämme nacheinander am oberen Punkt eingefädelt und am unteren Punkt auf das Stahlschwert geschoben. Ein Wunsch des Bauherrn war, aus optischen Gründen einen möglichst geringen Abstand zwischen Boden und Baumstämmen zu erreichen. Üblicherweise würde man, um das Holz vor Feuchtigkeit zu schützen, mit einem Abstand von 15 cm zum Untergrund arbeiten. Um zu gewährleisten, dass die Stämme dennoch nicht durchfeuchten, steht die Konstruktion in einem Kiesbett. Die 60 cm langen Stahlschwerter wurden entsprechend weit in die Stämme getrieben.
Genau eingepasst
Die Baumstämme konnten während der Montage über das Stahlschwert, das am unteren Ende die Form eines T-Eisens hat, eine Fußplatte mit vier Bohrungen sowie die Edelstahlgewindestangen, Muttern und Kontermuttern in der Höhe genau eingepasst werden. „Dabei waren die Gewindestangen bereits mittels Bohrungen in den Stamm versenkt worden“, erklärt Bauingenieur Maier, „nach der Positionierung des Stamms wurden die Gewindestangen in die mit Klebemörtel gefüllten Bohrlöcher abgesenkt und der Stamm bis zum Aushärten des Klebemörtels verkeilt. Nach Aushärten des Mörtels wurden die Muttern angezogen und die Keile entfernt“. Auf diese Weise konnten die Fichtenstämme vor der Fassade des neuen Verwaltungsgebäudes montiert werden und bilden eine beeindruckende Konstruktion, die einen direkten Bezug zum Werkstoff Holz herstellt, den die Ziegler Holzindustrie direkt nebenan im Sägewerk verarbeitet.
AutorinDipl.-Ing. Nina Greve hat Architektur in Braunschweig und Kassel studiert. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Lübeck und schreibt unter anderem für die Zeitschriften bauhandwerk, dach+holzbau und DBZ.
Bautafel (Auswahl)
Projekt Neubau des Verwaltungsgebäudes der Ziegler Group in Plößberg
Bauzeit 07/2018 – 01/2020
Bauherr Ziegler Holzindustrie GmbH & Co. KG, 95703 Plößberg, www.ziegler.global
Architektur Brückner & Brückner Architekten, 95643 Tirschenreuth und 97080 Würzburg,
Generalunternehmer und Holzbau Riedl Holzbau GmbH & Co. KG, 92727 Waldthurn, www.holzbau-riedl.de
Tragwerksplanung Ingenieurbüro Bodensteiner & Partner GbR, 92637 Weiden in der Oberpfalz,
Dacharbeiten Holzbau Schuller Bedachungen GmbH, 92260 Ammerthal, https://schuller-holzbau.de
Spindeltreppenbau treppenbau.ch AG, CH-9608 Ganterschwil SG, https://treppenbau.ch