Klippenhäuser aus Holz

Ferien im Wald: In der Baumhaus Lodge in Schrems sind zwei Stelzenhäuser in Holzrahmenbauweise enstanden

Im österreichischen Schrems ist in der Baumhaus Lodge Urlaub in der Idylle des Waldes möglich. Dabei kann man gleichzeitig den Luxus eines Hotelaufenthalts genießen. Das Feriendomizil ­mit ­Häusern in Holzbauweise wurde 2017 um zwei Klippenhäuser erweitert. Die Holzbauten auf ­Stahlstützen ragen über einen kleinen Waldsee hinaus.

Das Schlüsselerlebnis für den Bau der Baumhaus Lodge war für Franz Steiner ein Neuseelandurlaub, bei dem er 2008 in einem Baumhaushotel Station machte. Wieder zurück in Österreich erwarb der studierte Betriebswirt und Gerichtssachverständige für Immobilien von der niederösterreichischen Gemeinde Schrems einen aufgegebenen Steinbruch. Schrems ist ein 6000 Einwohner zählender Ort in Niederösterreich, 130 km von Wien entfernt. Schon 1938 waren die Anlagen und Gebäude des Steinbruchs einem Brand zum Opfer gefallen. Weit über 70 Jahre verfiel das Gelände und blieb ungenutzt. Die Natur eroberte das Terrain dabei Stück für Stück zurück; ein Wald entstand und die einstige Abbaugrube des Steinbruchs füllte sich mit Grundwasser.

Zusammen mit einer Tourismusberaterin analysierte Franz Steiner die Situation und führte eine professionelle Zielgruppenplanung durch. Die relative Nähe zu Wien, aber auch vergleichbare Entfernungen nach Prag und Linz sprachen für ein Urlaubsdomizil im Grünen für Gäste im gehobenen Preissegment. Daher war ein gewisser Ausstattungsstandard unabdingbar. „Natürlich ist es reizvoll, so etwas weit ab in der Natur zu schaffen“, erklärt Franz Steiner, „aber dann wird eine technische Gebäudeausstattung schwierig. In unserem Waldstück konnten wir allerdings problemlos die Leitungen verlegen, weil es nicht als Wald im Bebauungsplan ausgewiesen ist.“

Keine Baum-, sondern Stelzenhäuser

Strenggenommen sind die Häuser der Baumhaus Lodge keine Baum-, sondern Stelzenhäuser. „Sie stehen auf einer Stahlkonstruktion, um langfristig ihren Wert zu erhalten“, erklärt der verantwortliche Architekt Andreas Wenning aus Bremen. Er hat sich einen Namen als Baumhausspezialist gemacht und realisiert weltweit vergleichbare Projekte. Wenn man Baumhäuser direkt an Bäumen errichtet, was ab einer gewissen Stammgröße geht, zählen diese zur statischen Grundkonstruktion des Hauses. Daher müssen sie jährlich auf ihre Gesundheit und Standfestigkeit überprüft werden. Muss der tragende Baum aber gefällt werden, geht mit ihm natürlich auch das Haus verloren, ein unter Umständen sehr risikoreiches Investment. Natürlich sind auch hölzerne Stelzen-Unterkonstruktionen für Baumhäuser machbar. Ihr Nachteil ist aber, dass sie deutlich schneller als solche aus verzinktem Stahl verwittern.

„Turmhaus“ ragt über die anderen Ferienhäuser

2014 errichtete Andreas Wenning in Schrems die ersten drei Ferienhäuser der Baumhaus Lodge. Zwei davon sind einander ähnliche Quader, die auf einem vorgefundenen Fundament und einer Böschungsmauer ruhen. Sie umgeben in einem rechten Winkel ein 16 m hohes „Turmhaus“ mit zwei Wohnebenen. Das „Turmhaus“ besteht aus einer mit Holzelementen beplankten Stahlkonstruktion. Der Aufgang befindet sich innerhalb dieses Stahlrahmens; das Haus hat darüber hinaus eine Dachterrasse und überragt die beiden Nachbarbauten.

2017 wurde das Ensemble um zwei Klippenhäuser erweitert. Sie ragen felsengleich über einen kleinen Waldsee, der früher Teil des Steinbruchs war. Alle fünf Bauten errichtete die im österreichischen Zwettl ansässige Firma Kreativer Holzbau e.U. – ein Betrieb, der sich auf das Errichten von Holzhäusern spezialisiert hat und alles in einem ist: Zimmerei, Tischlerei, Dachdecker- und Spenglerei.

Fundament und Stahlkonstruktion

Die beiden Klippenhäuser sind vollkommen gleich gebaut und unterscheiden sich nur teilweise in der Inneneinrichtung. Sie sind auf ein hinteres, quer zur Gebäudeachse ausgerichtetes Streifenfundament und zwei Köcherfundamente gegründet. Die sind unmittelbar an der Böschungskante platziert und nehmen die Hauptragstützen des Baukörpers auf. Auf den Stützen ruht ein vorgefertigter Stahlrahmen, der in der Werkstatt zusammengeschweißt und in einem Stück feuerverzinkt wurde, um auch die Schweißnähte vor Korrosion zu schützen. Seeseitig knickt der Stahlrost um 15° nach oben ab.

Vor dem Aufbringen der Holzkonstruktion verlegten die Zimmerer auf dem Stahlrahmen Bitumenbahnen und schweißten sie mit einem Brenner fest. Die Bitumenbahnen schützen das Holz dauerhaft vor einer Schädigung durch Tauwasser, das sich an dem kühlen Metall bildet. Unterseitig ist die Bodenplatte der Klippenhäuser aus Holz weder lackiert noch lasiert.

Von innen sichtbare Holzwände

Die Holzelemente für die Böden der Klippenhäuser bestehen aus Brettsperrholz („CLT“) -Elementen von Stora Enso. Sie sind mit Maschinenschrauben an vorgebohrten Öffnungen im Stahlrost fixiert und durch Muttern gekontert. Darauf errichteten die Zimmerer Holzrahmenwände, die sie äußerlich mit mitteldichten Faserplatten (MDF) und von innen mit OSB-Platten verschlossen. Auf der Innenseite verblieben am oberen Abschluss kreisrunde Löcher in den Platten, um die Hohlräume mit einer Zellulosedämmung auszublasen. Vor die OSB-Platten wurde innen noch eine Installationsebene montiert, abgeschlossen mit Gipsfaserplatten. Die sichtbaren Innenwände bestehen aus Dreischichtplatten, die über den Gipsfaserplatten montiert sind. Auf der Grundplatte des Bodens ist ein Holzrahmen verlegt, dessen Gefache ebenfalls mit Zellulosedämmung gefüllt sind. Anschließend wurde er mit OSB-Platten geschlossen.

Schillernde Außenhaut

Außen auf den MDF-Platten sind Konterlatten befestigt, um für eine Hinterlüftung der finalen Bekleidung zu sorgen. Die Fassadenbekleidung besteht aus Aluminiumverbundplatten, die innen und außen eine jeweils 0,5 mm dicke Aluminiumschicht haben. Die Platten reflektieren Tageslicht anders, je nachdem, ob sie längs oder quer montiert werden. Für eine homogen reflektierende Außenhaut wäre ein enormer Verschnitt nötig gewesen. Der Bauherr sah in Absprache mit Christoph Kastner, Geschäftsführer der Firma Kreativer Holzbau, davon ab. Am Rechner simulierten sie die Montage der Platten und ermittelten ein optimiertes Fassadenbild. Auf der Baustelle schraubten die Handwerker die Aluminiumverbundplatten auf den Konterlatten fest.

Dächer: EPDM und Stehfalzblech

Die Dächer der Klippenhäuser sind mit anthrazitfarbenen Stehfalzblechen gedeckt. Zunächst wurde die Dachfläche dafür mit einer Kantholzbalkenlage geschlossen, auf der Holzfaserdämmplatten („Steicoflex“) befestigt wurden. Darüber schraubten die Zimmerer OSB-Platten, die sie mit einer regensicheren EPDM-Bahn abdichteten. Die EPDM-Bahnen befestigten die Handwerker mit Haltetellern in den OSB-Platten. Darüber schraubten sie eine Konterlattung fest, die mit einem Nageldichtband versehen ist. Auf der Lattung wurden die Stehfalzbleche als Dachdeckung fixiert. Unterseitig ist die Balkenlage der Decke mit einer gehobelten Schalung verschlossen.

Brandschutz und Arbeitssicherheit

Da beide Klippenhäuser über direkte, annähernd ebenerdige Ausgänge verfügen, waren keine zusätzlichen Brandschutzmaßnahmen erforderlich. Nach österreichischem Baurecht weisen sie allerdings eine Brandschutzschalung auf, die als schwer entflammbar eingestuft wird. Dabei vermied man freiliegende Kanthölzer und ummantelte diese mit glatten Holzflächen, die dem Feuer keine vorspringenden Holzkanten als Angriffsflächen bieten.

Um die Handwerker während der Bauzeit vor Abstürzen zu schützen, war für die Bauzeit an der stählernen Tragkonstruktion ein Fangnetz befestigt, das die Arbeiter im Fall eines Sturzes auffangen sollte.

Schutz der Bäume

Die Vorfertigung der Holzelemente wie auch des Stahlrahmens verkürzte die Bauzeit vor Ort auf vier Wochen. Rückblickend resümiert Christoph Kastner, dass die größte Herausforderung die Projektlogistik war. Die Handwerker mussten dabei die Frage klären: Wie bekommt man relativ große Bauteile in einen kleinen Wald und kann einen Autokran so platzieren, dass kein Baum in Mitleidenschaft gezogen wird? Die Lösung war, den Kran in einem Feld neben dem Baugrundstück aufzustellen. Von dort hob der Kranführer mit dem Kranausleger die Bauteile über den Waldrand hinweg ein.

Panoramafenster und Miniküche

Während die „älteren“ Bauten der Baumhaus Lodge einen leicht alternativen Charme verströmen, bedienen die beiden Neubauten eindeutig das Luxussegment. Neben den spürbar größeren Räumen gibt es eine Panoramafenster-Sitzecke und eine kleine Miniküche. Ein- und ausgecheckt wird via Schlüsseltresoren, deren Zahlenkombination dem Gast per SMS mitgeteilt wird. In den Baumhäusern finden sich bei Anreise gefüllte Kühlschränke. In den Klippenhäusern mischt sich so der Urlaub im Wald mit dem Luxus eines Aufenthalts in einem modernen Hotel. Das hat allerdings seinen Preis: Eine Übernachtung in einem der Klippenhäuser für zwei Personen kostet 250 € (im Zeitraum von Januar bis Dezember).

Autor

Dipl.-Ing. Robert Mehl ist Architekturfotograf und Fachjournalist und schreibt als freier Autor für die Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

Bautafel (Auswahl)

 

Projekt Baumhaus Lodge, Herrenteichweg, A-3943 Schrems, www.baumhaus-lodge.at

Bauherr Franz Steiner, A-3943 Schrems

Architekt Andreas Wenning, 28203 Bremen, www.baumraum.de

Zimmerei/Spenglerei/Dacharbeiten Kreativer Holzbau e.U, A-3910 Zwettl, www.kreativerholzbau.at

 

Herstellerindex (Auswahl)

 

EPDM-Dachabdichtung Dach & Teich Stumvoll GmbH, A-4060 Leonding, www.dach-teich.at

Brettsperrholz (Kreuzlagenholz): „Cross Laminated Timber“, Stora Enso Wood Products, A-3370 Ybbs an der Donau, www.clt.info

Holzfaserdämmung „Steicoflex“, Steico SE,

85622 Feldkirchen, www.steico.com

Gipsfaserplatten Fermacell GmbH, 47259 Duisburg, www.fermacell.de

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