Im Glanz der neuen Fassade
Vorgehängte hinterlüftete Fassadenkonstruktionen sind nicht nur Problemlöser aus bauphysikalischer Sicht, sondern lassen sich auch mit einer optischen Aufwertung verbinden. Bei der energetischen Sanierung eines Sportgeschäftes montierten die Handwerker Aluminium-Verbundplatten an die Fassade.
Das Sporthaus Dietsche in der oberschwäbischen Kleinstadt Mengen ist eine Institution und für viele Menschen in der Region die Einkaufsmöglichkeit, wenn es um Sportartikel geht. Das Gebäude in der Innenstadt aus den 1970er Jahren war allerdings sowohl in energetischer als auch in optischer Hinsicht sanierungsbedürftig. Die Planer um Architekt Martin Zyschka aus Mengen und der Bauherr entwarfen in diesem Zuge ein Konzept, das zusätzlich – um mehr Verkaufsfläche zu bekommen – eine Erweiterung auf der Südseite und eine Aufstockung um eine Geschosshöhe (400 m2 neu hinzugewonnene Fläche) des Altbestandes vorsah.
Fassade aus Verbund-Elementen
Die Planung beinhaltete für die ehemalige Putzfassade eine vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF) mit Alucobond-Verbundpaneele. Ausgehend von der Putzfassade montierten die Zimmerleute der Firma Schwarz aus Hohentengen eine horizontale Holzunterkonstruktion (UK) mit 8 x 10 cm Rahmenhölzern auf die Putzfassade beziehungsweise auf die Betonwände des Erweiterungsbaus. Die Konstruktionshölzer wurden, nachdem sie bisweilen unterlegt werden mussten, mit Rahmendübeln laut der statischen Berechnung des Dübelherstellers (Würth) angebracht. „Ab einer Höhe von 5 m wurden alle 50 cm Dübel gesetzt, darunter im Raster von 62,5 cm“, erklärt Harald Kugler, Zimmermann bei der Holzbau Schwarz GmbH. Das lichte Maß zwischen den Rahmenhölzern wurde entsprechend der Dämmstoffbreite gewählt. Die Handwerker verarbeiteten einen Mineralfaserdämmstoff von Isover (WLG 35) mit 10 cm Stärke und brachten damit das Gebäude auf einen EnEV-gemäßen Energiestandard. Auf die Rahmenhölzer wurde die senkrecht angebrachte Konterlattung geschraubt. Am Plattenstoß der Verbundpaneele (um genügend Platz zum Verschrauben zu haben) 4 x 10er Kanthölzer, dazwischen 4 x 6 cm Kanthölzer.
Details bei der Unterkonstruktion
Um die Unterkonstruktion aus Holz vor Verwitterung zu schützen und das Eindringen von Feuchtigkeit beim Verschrauben der Alucobond-Platten in die UK zu verhindern, tackerten die Zimmerleute auf die Konterlattung eine EPDM-Gummibahn. Damit legt sich der Gummi beim Eindrehen der Schraube um das Schraubengewinde herum und schließt das Loch vollständig. Eine Konstruktion, die sich laut Andreas Bohle, Fachberater für Fassaden im Holzbau bei Alucobond, bewährt hat. „Ohne das EPDM-Band haben wir innerhalb kürzester Zeit verfaulte Unterkonstruktionen am Schraubeneintritt und das ist natürlich auch ein Sicherheitsrisiko“, sagt der gelernte Zimmermann und Techniker, der seit 15 Jahren vor allem Zimmereibetriebe betreut und diese von der Fassadenbauweise mit Alucobond mit VHF überzeugen möchte. Deshalb ist es ihm wichtig, die Vorteile gegenüber anderen Baustoffen herauszustellen. „Wir bieten eine Vielzahl an Farben und Oberflächen, auch Sonderfarben sind bei einem entsprechenden Auftragsvolumen problemlos möglich“, sagt Andreas Bohle. Als Vorteil stellt er die Handhabbarkeit der Platten (mit einem relativ geringen Gewicht von 7,6 kg /m2 – bei einer Dicke von 4 mm) und die Fräskanttechnik in den Vordergrund. Diese Technik bietet „sehr viele Vorteile gegenüber anderen Werkstoffen“, so Bohle. An der Leibung, der Brüstung oder an diversen Anschlüssen kann man das nicht nur sehen, sondern auch spüren: Die Kanten sind sehr sauber, maßgenau ausgeführt und behaglich zum Anfassen. An Musterstücken lässt sich erahnen, welcher Variantenreichtum an Fassadengestaltung (aufgewölbte Trapeze, Vielecke, etc.) diese Technik bereithält. Positiv ist auch, dass nicht alle Teile vorgekantet geliefert werden müssen. „Einzelne Teile können auch vor Ort gekantet werden, das erleichtert den Transport“, sagt Bohle.
Vorfertigung: Schneiden, Fräsen, Falzen, Bohren
Bei dieser Baustelle wurden neben dem Schneiden auf das exakte Maß und dem Bohren der Lüftungslöcher, auch die die Befestigungslöcher für die VHF vorgefertigt. Dafür verantwortlich zeichnete sich das Unternehmen Schütz & Musch aus Scheer (4 km von der Baustelle entfernt beheimatet). Exakt auf Maß geschnitten und je nach Bestimmungsort auf der UK gefräst und gefalzt, wurden die Platten auf die Baustelle geliefert. Das Unternehmen Schütz & Musch, das sich auf die Bearbeitung von Faserzement-, und Aluminium-Verbundplatten spezialisiert hat, beliefert Kunden in Baden-Württemberg und Bayern, aber auch in das benachbarte Ausland. Neben der Materialvorbereitung übernimmt die Firma auch die Optimierung der Fassadenplanung auf Plattenformate sowie die daraus resultierenden neuen Zeichnungen.
Auf der Baustelle wurde derweil die UK vorbereitet und dabei die Fassade gedämmt. Die mit Flies kaschierte Dämmung ist an den Stößen verklebt, sie ist damit winddicht und vor eintretender Feuchtigkeit bauphysikalisch geschützt. Die von Schütz & Musch bearbeiteten Platten wurden nummeriert und konnten so von den Handwerkern laut Verlegeplan direkt an die jeweilige Montagestelle gebracht werden.
An der Nulllinie beginnt die Verlegung
Ausgehend von der sogenannten Nulllinie, die die Zimmerer in etwa vier Meter Höhe rings um das gesamte Gebäude herum angebracht haben, wurden die Platten mit speziellen Halteschrauben angebracht. Damit die Schraubenköpfe (mit integrierter Dichtung) plan auf den Aluminium-Verbundplatten aufliegen, muss exakt im rechten Winkel zur Platte vorgebohrt werden. Eine Bohrschablone, die in die auf 9,5 mm vorkonvektionierten Löcher eingesteckt wird, hilft dabei. „Mit 3,3 mm vorbohren, Zentrierdichtring einlegen – damit das Bohrloch beim Arbeiten der Platte geschützt wird und eine Zentrierung der Schraube gewährleistet ist – und dann mit der Spezialschraube befestigen“, erklärt Harald Kugler die Arbeitsschritte an einer Platte. Was einfach aussieht bedarf Konzentration und Übung. „Wir arbeiten nicht mit dem Drehmoment des Schraubers, weil dieser bisweilen zu ungenau ist – zum Beispiel wenn die Schraube auf härtere Holzstellen trifft – und wir so die Schrauben womöglich zu weit eindrehen und dann Schäden am Lack erzeugen würden“, erläutert Zimmermann Kugler das Vorgehen. „Mit der Zeit entwickelt man ein Gefühl, damit der Schraubenkopf genau mit dem richtigen – minimalen – Druck auf der Platte aufliegt. Nur dann bleibt die Oberfläche exakt plan, ohne Druckstellen.“
Von der Nullline arbeiteten sich die Zimmerleute nach oben und unten, immer mit einer 10 mm Schattenfuge, die mit Abstandhalter exakt eingehalten wurde, um ein schönes Fassadenbild zu bekommen. Bei den Details an Leibungen und Simsen musste in wenigen Fällen mit der Stichsäge nachgearbeitet werden. „Die Elemente sind zum bearbeiten wunderbar, und die Fassade hat eine tolle Wirkung“, so das Resümee von Vorarbeiter Harald Kugler, der mit seinen Zimmermanns-Kollegen die rund 600 m2 großen Fassade gefertigt hat. Die Verbundplatten lassen sich übrigens mit ganz normalen Holzbearbeitungswerkzeugen sägen, bohren oder fräsen.
Für Sport Dietsche, das Intersport-Fachgeschäft, kam die neue, am Ende farbig illuminerte und für Aufsehen sorgende Fassade exakt richtig zum Wintergeschäft, Alucobond hat ein Referenzobjekt mehr zu bieten und die Zimmerei Schwarz hat mit der ersten Fassade mit Alucobond-Elementen einen weiteren Geschäftsbereich für sich erschließen können.
Der Drehmoment des Schraubers ist zu ungenau für die Montage, die Handwerker verlassen sich auf ihr Gefühl
Bautafel (Auswahl)
Projekt Energetische und optische Fassadensanierung/ Aufstockung eines Flachdachgebäudes aus den 1970er Jahren
Bauherr Intersport-Fachgeschäft Dietsche,
88512 Mengen
Architekt Martin Zyschka, 88512 Mengen,
Holzbau/ Dach/Fassade J. Schwarz GmbH,
88512 Mengen, www.zimmerei-schwarz.de
Fachberater Andreas Bohle, 3A Composites GmbH, 78224 Singen/Hohentwiel
Produkte Alucobond-Verbundplatten, 600 m2,
in Silbermetallic und Anthrazit
Plattenbearbeitung Schütz & Musch GmbH, 72516 Scheer