Holzhaus am See
An der Mecklenburgischen Seenplatte hat ein Berliner Architekt einen außergewöhnlichen Holztafelbau für drei miteinander verwandte Familien entworfen. Der extravagante Zweigeschosser mit unverbaubarem See-blick wird von einem Holzfaser-WDVS vor Wind und Wetter geschützt.
Modern, freundlich, vor allem aber lichtdurchflutet wirkt die großzügig verglaste, in hellen Tönen zweifarbig verputzte Fassade des U-förmigen Hauses in Wesenberg-Strasen am Großen Pälitzsee. Geplant hat es der Berliner Architekt Jochen Eichner und er betont, „Architektur hat etwas mit Lebensgestaltung zu tun; vor allem, wenn drei Familien unterschiedlichen Alters die schönste Zeit des Jahres unter einem Dach gemeinsam wohnen wollen. Das war eine besondere Herausforderung für mich bei der Planung des Ferienhauses mit 400 m² Wohnfläche.“ Einfühlungsvermögen, Geduld sowie ein sicheres Auge für die Material- und Formensprache waren also nötig, um diese Aufgabe zu meistern.
Auf Architektensuche
Der Architekt musste von Bauherrenseite aber erst einmal gefunden werden. Das erwies es sich als gar nicht so leicht, denn das Urlaubsdomizil sollte genau so geplant werden, dass es den Interessen, Bedürfnissen und Lebensgewohnheiten aller Familienmitglieder trotz erheblicher Altersunterschiede vollauf entspricht. „Wir verstehen uns prima und passen gegenseitig auf die Kinder auf; warum sollten wir da nicht auch zusammen Urlaub machen in einem Haus, das uns allen gemeinsam gehört?“, fragten sich die Bauherren eines Tages, nachdem sie schon etliche Jahre zum Ausspannen immer wieder an die Mecklenburgische Seenplatte gefahren waren. Die Einigkeit über das Vorhaben Ferienhausbau war also schnell erzielt.
Bei Jochen Eichner waren die Bauwilligen schließlich an der richtigen Adresse. Für den Berliner Architekten zählen in erster Linie die Wohnbedürfnisse seiner Auftraggeber – und zwar sowohl die gegenwärtigen als auch die denk- und absehbaren. „Ein Haus baut man nicht für heute, sondern für Jahrzehnte. Bei der vorausschauenden Planung kann das Wissen eines erfahrenen Baumeisters nur hilfreich sein. Ich entwerfe Häuser, die zum Wesen meiner Auftraggeber passen“, argumentiert Eichner.
Nach Untersuchung des Bauuntergrundes schlug der Architekt ein Haus aus Holz vor. Ein Neubau mit gemauerten Wänden hätte in Uferlage zwingend auf Pfählen gegründet werden müssen, was eine enorme Kostensteigerung bedeutet hätte. Der Rohbau in Holzrahmenbauweise mit Holzfaserdämmung ist nun um etwa 20 Tonnen leichter als klassisches Mauerwerk. Auf der Außenseite kam das diffusionsoffene Inthermo-Holzfaser-WDVS zur Fassadendämmung mitsamt dazugehörigem Putzsystem zum Einsatz. Das großzügig verglaste Ferienhaus für drei Familien entspricht somit allen Anforderungen der Energieeinsparverordnung von 2009.
Maßgenaue Lieferung auf die Baustelle
Die 60 mm dicken Holzfaserdämmplatten wurden schon während der Vorfertigung am Holzrahmen verklammert. Auf den bis zu 12 m langen Wandelementen wurden in der sogenannten Zukunftsfabrik des Holzbauunternehmens Opitz in Neuruppin Inthermo-Holzfaserdämmplatten im rationellen Großformat (L x B = 2600 x 1180 mm) aufgebracht. Die maßgenau vorgefertigten Wände kamen so gedämmt, aber noch unverputzt zur Baustelle. Dort erfolgte dann die Rohbaumontage durch Montageteams des Holzbauunternehmens. Einzelne kleinere Wandelemente wurden unbeplankt auf die Baustelle geliefert, um in den Gefachen vor Ort Leerrohre für die Elektroinstallation anbringen und die Verrohrung für die Sanitärinstallation vornehmen zu können. Danach wurde die Gefache mit flexiblen Holzfaser-Dämmmatten ausgedämmt und mit Holzfaserplatten im handlichen Kleinformat (L x B = 1300 x 590 mm) geschlossen. Die Wandelemente wurden mittels Zuganker und Winkeln kraftschlüssig verbunden. Die Geschossdecke besteht aus gezimmerten Holzbalken mit aufliegenden OSB-Platten; die Balkenzwischenräume wurden vor Ort mit Holzfaserdämmstoff ausgefacht und unterseitig mit Gipskartonplatten geschlossen; diese Montage-, Dämm- und Trockenbauarbeiten erledigte fachgerecht vor Ort die Firma Unibau aus Neuruppin, die später auch den Verputz an der Fassade ausführte.
Dachtragwerk aus Nagelplattenbindern
Das Tragwerk des Dachs ist als Nagelplattenbinderkonstruktion ausgeführt. Die einzelnen Nagelplattenbinder hatte das Holzbauunternehmen Opitz nach Maßgabe der Anforderungen des RAL-Gütezeichens 601 „Nagelplattenprodukte“ im Werk Neuruppin vorgefertigt und auf die Baustelle geliefert, wo die Errichtung des Dachstuhls durch geschultes Montagepersonal erfolgte. Das anschließende Anbringen der Dachlattung nebst Unterspannbahn sowie das Eindecken mit Dachziegeln erledigte der Dachdecker-Fachbetrieb Hardy Krüger aus Torgelow.
Die Abfolge der Gewerke verlief insgesamt ohne besondere Schwierigkeiten, dauerte aufgrund der relativ weiten Anfahrt zur Baustelle jedoch länger als anfänglich kalkuliert. Die holzfasergedämmte Fassade konnte vor dem Wintereinbruch deshalb nicht mehr verputzt werden. Das Ruhen der Arbeiten entspricht den branchenüblichen Verarbeitungsrichtlinien der meisten Putzhersteller, die die fachgerechte Ausführung von Verputzarbeiten bei Außentemperaturen ab +5 Grad Celsius und höher vorsehen. Der gedämmte Rohbau wurde daher zum Überwintern eingehaust.
Fertigstellung im Frühjahr
Bei steigenden Außentemperaturen im Frühjahr waren dann zunächst die Holzfaserplatten auf der zu verputzenden Oberfläche leicht anzuschleifen, wie es den Verarbeitungsrichtlinien entspricht. Dadurch wurde die Putzbarkeit der Holzfaserdämmplatten nach dem Überwintern sichergestellt, bevor der fachgerechte Auftrag des zum WDVS gehörenden Systemputzes auf der Baustelle erfolgte. Zum Einsatz kam dabei der Inthermo-Silikonharzputz, der in 2 mm Körnung auf die 570 m² Fassadenfläche aufgebracht wurde. Zur Farbgebung wurden die Außenwände zweimal mit HFD-Color Spezial in zwei hellen Sondertönen gestrichen.
Drei Wohnungen und Gemeinschaftsbereiche
Das gebaute Ergebnis ist ein 3-Generationen-Ferienhaus auf einem 3200 m² großen Seegrundstück mit unverbaubarem Blick auf den Großen Pälitzsee mit 400 m² Wohnfläche. Neben dem Gemeinschaftsbereich zum Kochen, Essen und Feiern sind drei autarke Wohnungen vorhanden, dazu Gästezimmer und ein Saunatrakt. Sowohl die Erdgeschosswohnung für die Großeltern als auch die beiden oberen Wohnungen haben eigene Wohn-/Essbereiche und eine Teeküche, eine Diele und Bad sowie (bei den oberen Wohnungen) Eltern- und Kinderschlafzimmer. Nach innen ist das Ferienhaus großflächig verglast; von jedem Wohntrakt aus hat man freien Blick auf den Gemeinschaftsbereich.
Architekt Jochen Eichner kam es vor allem darauf an, eine Architektur zu schaffen, die gemeinschaftliches Miteinander und individuelle Privatsphäre jederzeit möglich macht. Das ist ihm bei diesem großzügigen Holzbau vollauf gelungen.
Autor
Achim Zielke M.A. ist Inhaber des Medienbüros Textify in Bad Honnef; als freier Baufachjournalist berichtet er über Unternehmen und Verbände des Bauhandwerks sowie der Bauzulieferindustrie.Der Rohbau in Holzrahmenbauweise ist um etwa 20 Tonnen leichter als klassisches Mauerwerk
Bautafel (Auswahl)
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