Holzbasilika
Neubau der Immanuel-Kirche in KölnIn Zeiten schrumpfender Gemeinden ist ein Kirchenneubau etwas Besonderes. Wenn er noch dazu aus Holz entsteht, ist das eine kleine Sensation. So geschehen 2013 in Köln nach Plänen des Büros Sauerbruch Hutton: Dort bauten die Zimmerer von Holzbau Sauer die Immanuel-Kirche aus Furnierschichtholzelementen.
Meist werden infolge einer Zusammenlegung von Gemeinden Kirchenbauten aufgegeben. In Erkelenz-Immerath muss sogar der neogotische Dom – die 123 Jahre alte St. Lambertus-Kirche – dem Braunkohlebergbau weichen. Besser sieht es 50 Kilometer weiter östlich aus: In Köln wurde aufgrund der Zusammenführung der evangelischen Stadtteilgemeinden Flittard und Stammheim ein Kirchenneubau notwendig. Der 2009 von der evangelischen Brückenschlaggemeinde ausgelobte Wettbewerb verlangte vom künftigen Gotteshaus vor allem eines: Multifunktionalität. Der Entwurf des Architekturbüros Sauerbruch Hutton setzt diese Anforderung mit einem komplexen Raumprogramm und flexiblen Wandelementen in idealer Weise um. Kein Wunder also, dass das Berliner Büro aus dem Wettbewerb als Sieger hervorging.
Holz statt Beton
Der Wettbewerbsentwurf sah einen Sichtbetonbau vor. Mit Blick auf das knappe Budget entschieden sich die Architekten jedoch dazu, die Kirche ganz aus Holz zu bauen – das sparte immerhin etwa 20 Prozent Kosten. „Wir wollten vor allem ein puristisches Material – Beton oder eben auch Holz“, kommentiert Architekt Jürgen Bartenschlag vom Büro Sauerbruch Hutton den Entschluss. Die Kostenersparnis entsteht vor allem durch den hohen Vorfertigungsgrad der Holzkonstruktion. Immerhin 80 Prozent konnten die Zimmerleute von Holzbau Sauer in der Werkstatt in Dingelstädt vorfertigen. Gleichwohl stellte sich vor allem der Transport der zum Teil 4,20 m langen Holzrahmen- und Furnierschichtholzelemente als Herausforderung dar. Nur die äußere Wetterschutzebne der Fassade aus Lärchenholz montierten die Zimmerleute komplett vor Ort. Um die natürliche Vergrauung zu beschleunigen, erhielt das Lärchenholz einen Anstrich aus Vergrauungslasur. „In der Schweiz gibt es ein traditionelles Verfahren, bei dem man das Holz auf eine feuchte Wiese legt, bis es vergraut. Aber das wäre unverhältnismäßig teuer geworden“, so Jürgen Bartenschlag.
Typische Gestaltungselemente
Typisch für die Entwürfe des Büros Sauerbruch Hutton ist die polychrome Gestaltung von Fassaden und Innenräumen. So lässt sich leicht erkennen, dass das Umweltbundesamt in Dessau, das Museum Brandhorst in München oder die GSW Hauptverwaltung in Berlin Entwürfe des Berliner Büros sind. Die farbige Gestaltung sucht man an der rund 3 Millionen Euro (reine Baukosten) teuren Immanuel-Kirche in Köln zunächst jedoch vergebens. Erst nach dem Betreten der Kirche offenbart sich dieses Entwurfsprinzip: Die im Innern der Kirche sichtbaren Wände bestehen aus den konstruktiven, gewachsten Furnierschichtholzrippen und Furnierschichtholzplatten. Hinzu kommt eine Stirnwand im Altarbereich, hinter der sich die Orgel verbirgt, die sich aus unzähligen farbig gestrichenen Holzlamellen zusammensetzt. Diese entfalten in der sonst schlichten Kirche, durch ein Oberlicht über dem Altar beleuchtet, eine überwältigende Wirkung. Auf der gegenüberliegenden Seite gelangt Tageslicht durch eine mattierte Scheibe über der Empore ins Gotteshaus.
Die Multifunktionalität wird vor allem durch Dreh- und Faltwände erreicht. Das sind einfache Low-Tech-Elemente, denn das Budget war von Anfang an knapp bemessen.
Zur Kirche gehört auch eine kleine Kapelle, welche die Zimmerleute in gleicher Weise errichteten. Im Inneren der Kapelle überraschen die gebürsteten Oberflächen des auch hier verbauten Furnierschichtholzes mit ihrer weichen Haptik. Dritter im Bunde ist ein aus Holz und Stahl gebauter Glockenturm.
Autor
Dipl.-Ing. Thomas Wieckhorst ist Chefredakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.
Die Holzkonstruktion war 20 Prozent günstiger als ein vergleichbarer Betonbau
Im Internet finden Sie weitere Fotos der Kölner Immanuel-Kirche. Geben Sie hierzu bitte den Webcode ein.
Baubeteiligte (Auswahl)
Bauherr
Ev. Brückenschlaggemeinde, Köln
Architekten
Sauerbruch Hutton, Berlin
Zimmererarbeiten
Holzbau Sauer, Dingelstädt
Furnierschichtholzelemente
Kerto, Metsä Wood Deutschland, Bremen,
Baudaten (Auswahl)
Bruttogeschossfläche 880 m2
Raumvolumen 6000 m3
Gesamtbaukosten 3 Millionen Euro