Firmenportrait: Die Fertighäuser von Niesky
Die Christoph & Unmack AG leistete schon Ende des 19. Jahrhunderts entscheidende Beiträge für den industriellen HolzbauEiner der bekanntesten und zu seiner Zeit Europas größter Holzhausproduzent war die Christoph & Unmack AG. Diese Firma fertigte schon damals seine Häuser vor und setzte neue Maßstäbe im Holzhausbau bis in die 1940er Jahre. Noch heute findet man zahlreiche Holzhäuser im Bestand dieses Produzenten.
Im Jahre 1882 gründeten der Tischlermeister Christian Ferdinand Christoph und der Architekt Christian Rudolf Unmack in Kopenhagen die Holzbaufirma Christoph & Unmack. Noch im gleichen Jahr begannen die beiden Firmengründer mit der Produktion von Baracken nach dem Patent des Rittmeisters Doecker für das preußische Militär. Die sogenannte „Doecker-Baracke“ wurde auf der Weltausstellung in Antwerpen gezeigt und auch ausgezeichnet.
Dann geht alles ziemlich schnell: 1887 bekommt die Firma einen Großauftrag für Militär-Lazarettbaracken vom preußischen Kriegsministerium. Die Firmengründer verlegten ihren Sitz nach Niesky (Landkreis Görlitz/Sachsen). Die Doecker-Barackenbauweise wurden auch für Schulneubauten, Kinderheime und Arbeiterwohnhäuser eingesetzt. 1893 verließ die eintausendste Baracke das Werk.
Wirtschaftlicher Erfolg, Umwandlung in AG
Der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens führte 1899 zur Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Um 1900 kamen Land- und Familienhäuser aus Holzfertigteilen in Tafel- und Blockbauweise zum Produktionsprogramm hinzu. Als besonders lukrativ erwies sich eine neuartige Tafelbauweise, die es erlaubte, die Gebäude in einzelnen Wandplatten vorzufertigen und zerlegt an ihren künftigen Standort zu verbringen, wo dann die Montage erfolgte.
Auf verschiedenen internationalen Ausstellungen wurde das Doecker-Holzbausystem präsentiert. So zum Beispiel auf der Internationalen Hygieneausstellung in Dresden im Jahre 1911 oder zwei Jahre später auf der Internationalen Baufachausstellung in Leipzig. Die Doecker`sche Barackenbauweise fand Anklang, weil dieses System vielfältig eingesetzt werden konnte. Zudem war ein schneller Auf- und Abbau möglich. Weitere Vorzüge waren die geringen Transportkosten, eine lange Lebensdauer und geringe Anschaffungskosten).
Siedlungsprojekte nach dem 1. Weltkrieg
Während des Ersten Weltkrieges wurden vornehmlich Militärbaracken produziert. Nach dem Krieg realisierte das Unternehmen verschiedene Siedlungsprojekte, so zum Beispiel in Berlin 1919. Der industrielle Holzbau stellte in der Zeit der akuten Wohnungsnot nach dem ersten Weltkrieg eine gute Alternative zum Massivbau dar.
1922 schlossen sich die Maschinenfabrik J.E. Christoph AG – die bis dahin eigenständig war – und die Barackenfabrik Christoph & Unmack zur Christoph & Unmack AG zusammen.
Um den Holzhausbau neue Impulse zu verleihen, stellte die Christoph & Unmack AG mehrere namhafte Architekten in den Dienst. Unter ihnen waren die Architekten Hans Poelzig oder Konrad Wachsmann.
Im Jahre 1927 gewinnt die Firma den Wettbewerb für Wochenendhäuser in Berlin. Bei diesem Wettbewerb waren auch Entwürfe von Hans Poelzig und Konrad Wachsmann zu sehen. An Hand von Katalogen kann man die ganze Bandbreite der Angebote von Wohnholzhäusern ablesen. Es kamen die Tafel-, Block-, und Gerippebauweise zum Einsatz. Dank der großen Nachfrage entwickelte sich das Unternehmen in den 1920er Jahren zum bedeutendsten Holzhausproduzenten in Europa.
Baracken für das Nazi-Regime
Der unrühmliche Teil der Unternehmensgeschichte liegt in der Nazizeit: Von 1939 bis 1945 wurden hauptsächlich transportable Baracken hergestellt. Diese Baracken kamen auch in den Konzentrationslagern, wie zum Beispiel in Buchenwald, zum Einsatz. Außerdem beschäftigte die Christoph & Unmack AG während des Zweiten Weltkrieges mehrere hundert Zwangsarbeiter.
Nach dem Zweiten Weltkrieg produziert man in Niesky noch im Bereich Holzbau. Allerdings waren rund 80 Prozent der Anlagen zerstört. Bis zur Einstellung der Produktion 1949 wurden Holzhäuser als Reparationsleistung in die damalige UdSSR geliefert
Untersuchung des Wärmeschutzes von Holz
Im Jahre 1919 überprüfte Christoph & Unmack AG die Wärmedämmfähigkeit seiner Holzwände. Die Untersuchung geschah also noch vor dem norwegischen Großversuch Anfang der 1920er Jahre. Die Überprüfung fand in der Versuchs- und Materialprüfungsamt in Dresden statt. Als Referenz diente eine 38 cm starke Wand aus Vollziegeln. Diese Wand war beiderseitig verputzt. Die Christoph & Unmack AG lieferte zum Vergleich eine Blockwand von 7 cm Stärke und eine Holztafelwand von 8,5 cm Stärke. Als Ergebnis dieser Untersuchung erzielte die Blockwand eine Einsparung von knapp 40 Prozent und die Tafelbauweise eine Einsparung von knapp 30 Prozent gegenüber der beschriebenen Massivwand. Diese Untersuchung zeigte deutlich, dass die einzelnen Holzbauwandweisen enormes Energie-Einsparpotenzial hatten. Das muss auch vor dem Hintergrund der Kohleknappheit nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland gesehen werden. Das Ergebnis des Versuchs stellte ein gutes Argument für den großflächigen Einsatz von Holzhäusern dar.
Ab ungefähr dem Jahr 1927 entwickelte die Holzbaufirma eigene Dämmstoffe. Zum einem waren es die „Lignat“-Bauplatte und „Lignat“-Isolierplatten und wahrscheinlich auch Seegrasmatten (bei letzterem ist sich selbst die Museumsleitung nicht genau sicher, es wird aber angenommen). Diese Platten dienten zum einem als optische Verkleidung von Bauwerken in Stahlskelettbauweise beziehungsweise für Wärmeschutzanwendungen und als Putzträger.
Aspekte des industriellen Holzhausbaues
Der Architekt Ernst Neufert (er verfasste das in 40. Auflagen erschienene Buch „Bauentwurfslehre“ und wurde damit bekannt) beschreibt in seinem Buch „25 Holzhäuser aus Holz“ aus dem Jahre 1938 den Baustoff wie folgt:
Außerdem konnte durch die industrielle Serienfertigung Baukosten bis zu 16,7 Prozent gegenüber einem Massivhaus erzielt werden.
Nachteilig wirkten sich die Vorschriften in den einzelnen Bauordnungen aus. Diese Bauordnungen ließen unter anderen nur eine offene Bebauung zu. Das heißt, es wurden meist nur Streusiedlungen an der Peripherie von Städten genehmigt. Auch war die Prämie für eine „Feuerschutzversicherung“ höher als für den Massivbau. Schwierig gestaltet sich die Finanzierung, da die Kreditinstitute nur zögerlich mit der Beleihung von Holzhäuser umgingen. Die Hemmnisse wurden mit Herausgabe der DIN 1990 im Jahre 1928 weitgehend behoben.
Während des Zweiten Weltkrieges war die Christoph & Unmack A.-G. hauptsächlich mit dem Bau von Baracken beschäftigt, während der Wohnhausbau fast völlig zum Erliegen kam. Das Unternehmen setzte Zwangsarbeiter ein, darunter Juden aus Breslau, die in das Lager Tormersdorf bei Rothenburg deportiert worden waren. Für die Zwangsarbeiter wurde in Tormersdorf eine Gedenkstätte errichtet.
Zerstörung im Krieg, Produktionsende
Die Firma Christoph & Unmack AG leistet entscheidende Beiträge für den industriellen Holzhausbau. Viele Häuser dieser Firma sind noch heute im Bestand.
Während der Nazizeit kooperierte die Christoph & Unmack AG mit dem braunen Terrorregime, Zwangsarbeiter wurden in der Produktion eingesetzt. Gegen Kriegsende wurde der Bereich „Holzbau“ in Niesky fast komplett zerstört. Noch brauchbare Maschinen gingen als Reparationsleistungen in die Sowjetunion. Dies führte 1949 zum Einstellen des Holzbaues in Niesky.
AutorLutz Reinboth ist Bauingenieur und interessiert sich besonders für geschichtliche Themen im Holzbau. Er lebt in Leipzig (www.lutz-reinboth.de).
Weiterführende Literatur:Klinkenbusch, Claudia, Das Konrad-Wachsmann-Haus in Niesky- Ein Holzhaus der Moderne, Lusatia Verlag, Bautzen, 2014Vorteile der Holzbauweise beim Wärmeschutz wurde schon 1919 nachgewiesen
Forum Konrad-Wachsmann-Haus Niesky
Das bekannteste Nieskyer Holzhaus etabliert sich als Ausstellungs-, Informations- und Forschungszentrum zum lebendigen Holzbauforum. Folgende Dauerausstellungen sind zu sehen:
1. Das Konrad-Wachsmann-Haus- Ein Holzbau der Moderne
2. Christoph & Unmack AG Niesky- Europas größter Holzhausproduzent
3. Konrad Wachsmann- Pionier des industriellen Bauens
4. Der moderne Holzbau des frühen 20. Jahrhunderts und aktuelle Entwicklungen im Holzbau
Das Forum Konrad-Wachsmann-Haus bietet Raum für den Austausch und die Vermittlung aktueller Holzbautechniken, die sich in den Anwendungsbereichen und den Herstellungsprozessen in ständiger Weiterentwicklung befinden.
In Zusammenarbeit mit Hochschulen, Verbänden, der holzverarbeitenden Bauindustrie und anderen Netzwerkpartnern werden Seminare, Weiterbildungs- und Informationsveranstaltungen durchgeführt und Projektideen entwickelt.
Einen weiteren Schwerpunkt bilden Forschungsarbeiten und Projekte, die in Kooperation mit den Hochschulen realisiert werden. Dafür stehen eine Fachbibliothek sowie das umfangreiche Holzbauarchiv zur Verfügung.
www.wachsmannhaus-
niesky.de