Brückensymposium in Neckartenzlingen: Holzbrücken für die Ewigkeit
Rund 80 Ingenieure, Planer, Holzbauer aber auch Vertreter aus den Kommunen trafen sich Mitte März zum Brückenbau-Symposium in Neckartenzlingen. In dem kleinen Ort an Neckar und Erms steht seit Mitte 2017 eine Rad- und Fußgängerbrücke aus Holz, die mit dem HolzProKlima-Publikumspreis ausgezeichnet wurde. Fachvorträge wechselten mit der Möglichkeit des fachlichen Austauschs, am Nachmittag wurde der Publikumspreis verliehen. Ein Brückenspaziergang zum Neckar rundete die Veranstaltung ab.
Nicht 60, sondern 80 Jahre haltbar
Zu Beginn berichtete Professor Andreas Müller (Leiter Institut Holzbau, Tragwerke und Architektur an der Berner Fachhochschule) über Holzbrücken in der Schweiz. Im Nachbarland gibt es noch sehr viele historische Holzbrücken (zum Teil über 500 Jahre alt), die immer noch für die Infrastruktur wichtig sind. Von Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts an löste der Stahlbeton- sukzessive den Holzbrückenbau ab. In den 1980er Jahren besann man sich wieder auf den Holzbrückenbau, der auch für den Schwerlastverkehr geeignet war. Allen modernen Holzbrücken ist der konstruktive Holzschutz gemein, so dass die Holzkonstruktion vor der Witterung geschützt ist. Dafür sorgt entweder eine Überdachung (bei Fachwerkbrücken) oder ein Oberbelag, der Wasser und Feuchtigkeit ableitet und nicht zum Holz gelangen lässt. Feuchtigkeit hingegen ist für alle Holzbrücken, die nicht fachgerecht geplant werden, das Todesurteil. Gelingt sie in die Konstruktion und lässt den Feuchtegehalt über den Fasersättigungspunkt von 28 Prozent ansteigen, ist das der Nährboden für holzzerstörende Pilze. Die Lösung sei immer der konstruktive Holzschutz: „Alle Brücken, die das Holz konstruktiv schützen halten nicht nur 60, sondern 80 Jahre“, ist Andreas Müller überzeugt.
Für Holzbrücken spricht auch, dass diese relativ schnell zu bauen sind. Nach Starkregenereignissen in der Schweiz im Jahr 2005 mussten viele Brücken schnell ersetzt werden. Hier punktete Holz durch den hohen Vorfertigungsgrad. Auch in der Schweiz wird der Brückenbau weiterentwickelt, so wird mit unterschiedlichen Brettschichtholzarten experimentiert. 2013 wurde die Neumattbrücke in Burgdorf aus BSH in Fichte und Esche gebaut. 2017 entstand die erste Autobahnbrücke. Durch Monitoring, einen konsequenten Prüfrhythmus von 3-4 Jahren und verbesserte Messtechnik soll die Lebensdauer von Holzbrücken noch verlängert werden.
Besseres Monitoring, mehr Holzbrücken
Daran schloss der Vortrag von Markus Jahreis von der Fachhochschule Erfurt an, der die Entwicklung von einheitlichen Richtlinien für Entwurf, Bau, Überwachung und Prüfung geschützter Holzbrücken thematisierte. Derzeit gibt es im Verhältnis zur Gesamtzahl an Brücken relativ wenige Holzbrücken in Deutschland. In Thüringen etwa sind nur etwa sechs Prozent aller Brücken Holzbrücken. Das könnte sich mit einem einheitlichen Monitoring – und damit dem weiteren Etablieren dieser Bauart – steigern. Grundsätzlich sei das Ziel – und hier waren sich die Experten einig – dass jeder Holzbrückenbau den konstruktiven Holzschutz beachten solle.
Frank Miebach, der in Lohmar das Ingenieurbüro für Holzbau und Holzbrückenbau betreibt und die Neckarbrücke geplant hat, sprach über die Möglichkeiten des Holzbrückenbaus. Dabei führte er aus, dass sich erst durch die technischen Möglichkeiten (Leimtechnik, Herstellung von großformatigen Bauteilen/ BSH-Bindern) diese Art des Brückenbaus habe entwickeln können. Beim konstruktiven Holzschutz seien zwei Dinge entscheidend: Dichte Beläge und die seitliche Verkleidung oder eine Verjüngung der Brücke, um Feuchtigkeit keine Angriffsfläche zu bieten. Wenn Holz im exponierten Bereich eingesetzt wird, dann muss es geschützt werden oder mit modifiziertem Holz (zum Beispiel Accoya-Holz) gebaut werden, das über eine lange Haltbarkeit verfügt.
Schmuckstück aus Holz
Die Schaffitzel Holzindustrie, ein Pionier in Sachen Holzbrückenbau, verantwortete die Umsetzung der Neckarbrücke. Geschäftsführer Jürgen Schaffitzel berichtete von der spektakulären Montage der Brücke, bei der zwei Schwerlastkrane auf beiden Neckarseiten zum Einsatz kamen. Selbst der 500 t-Kran kam dabei fast an seine Belastungsgrenze (wir berichten ausführlich über den Bau in einer der kommenden Ausgaben). Verbaut wurden etwa 255 m³ Fichte-Brettschichtholz, die im Werk in Schwäbisch Hall zunächst gekrümmt verleimt, mit mächtigen Verleim- und Hobelmaschinen auf Maß gebracht und dann erneut versetzt verleimt wurden. Das Holz der Brücke ist sichtbar, aber dennoch geschützt. Einzig die Handläufe sind der Witterung ausgesetzt und aus Accoya-Holz gefertigt. Laut Schaffitzel sei die Brücke ein Schmuckstück aus Holz, das sich bestens in die Landschaft einfüge.
Die Angst nehmen, dass Holz brennt
Den Preis für die Neckarbrücke aus Holz überreichte der Minister für ländlichen Raum, Verbraucherschutz und Landwirtschaft, Peter Hauk an Bürgermeisterin Melanie Gollert. Damit das Bauen mit Holz in Zukunft noch attraktiver werde, sprach sich Hauk für eine Novellierung der Bauordnungen aus. Baden-Württemberg sei hier auf einem guten Weg, aber in den Köpfen der Bauämter sei immer noch eingeprägt, dass Holz schnell und gut brenne. „Wir müssen die Angst aus den Köpfen bringen, die sich während des zweiten Weltkrieges regelrecht dort eingebrannt hat“, sagte der Minister. Überzogene Brandschutzvorkehrungen bedürfen der Überarbeitung, Schulungen für die Bauämter seien wichtig, um die Quote im Holzbau von bislang über 30 Prozent in Baden-Württemberg noch zu erhöhen.
Abgerundet wurde das Brückensymposium von einem Spaziergang zur neuen Brücke. „Die Brücke braucht noch einen Namen“, forderte der Moderator, Dr. Karl Kleinhanß von der Qualitätsgemeinschaft Holzbrückenbau. Von der „Neckarwelle“ sei schon die Rede. Weitere Vorschläge würden gerne entgegengenommen. Mehr Informationen finden Sie unter: www.holzproklima.de und www.schaffitzel.de.