Besuch eines Flüchtlingswohnheims in Holzbauweise in München
Steigende Flüchtlingszahlen als Thema -Beim Fachpressetreffen für die Messe Dach+Holz international 2016 war neben der Messe die Flüchtlingssituation in Deutschland zentrales Thema der Veranstaltung. Im Vorfeld der Dach+Holz International 2016 zeigten sich die Verbände, Holzbau Deutschland und der ZVDH, optimistisch hinsichtlich der Frühjahrsmesse im Februar. Peter Aicher, Vorsitzender von Holzbau Deutschland, sprach von einer stabilen Auftragslage der 11 600 Zimmereibetriebe in Deutschland. „Die Prognose in wirtschaftlicher Hinsicht ist gut, das wirkt sich auch auf die Stimmung aus“, sagte Aicher. Auch Karl-Heinz Schneider, der Präsident des ZVDH, ist zufrieden. „Wir hatten einen heißen Sommer und einen nicht wirklich spürbaren Winter – also kaum wetterbedingte Arbeitsausfälle.“ Die positive Grundstimmung wirkt sich auf die Messe 20216 aus. Fast alle Hallen in Stuttgart waren ausgebucht.
Flüchtlingsunterkünfte in Holzbauweise
Im Hinblick auf die Flüchtlingszahlen, die Deutschland und Europa vor Herausforderungen stellen, kam das Thema schnell auf Flüchtlingsunterkünfte, die aufgrund des hohen Vorfertigungsgrades aus Holz gebaut werden könnten. Peter Aicher von Holzbau Deutschland plädierte in diesem Zusammenhang, dass die Standards für diese Gebäude nicht verringert werden. Die EnEV müsse auf jeden Fall eingehalten werden, auch im Hinblick auf eine Nachnutzung, sagte er.
Wie kann das Handwerk Flüchtlingen und Asylbewerbern helfen?
Karl-Heinz Schneider ist zusammen mit dem ZVDH in der Diskussion, was denn das Handwerk konkret für Flüchtlinge und Asylbewerber tun könne. „Das Handwerk in Syrien ist zwar nicht vergleichbar, aber die jungen Männer haben viele Fähigkeiten“, so seine Beobachtung. Er sprach sich für eine Willkommenskultur im Handwerk aus, um so auch dem Fachkräftemangel begegnen zu können.
Besuch einer Flüchtlingsunterkunft in München
Nach dieser Einführung besuchten die Experten und Journalisten eine Flüchtlingsunterkunft in der der Schleißheimer Straße in München. Hier baut David M. Meurer von Meurer Architekten ein Flüchtlingswohnheim für rund 158 Menschen. Holzbau Weizenegger aus Bad Wurzach setzte die dreigeschossige Bauweise in wenigen Monaten um. In der Podiumsdiskussion war neben Architekt und Vertreter der bauausführenden Gewerke, auch Simon Takasaki, einer der Herausgeber des Buches „Refugees Welcome – Konzepte für eine menschenwürdige Architektur“ (siehe Buchbesprechung hier). Menschenwürdig bauen, so seine Argumentation beginnt beim Standort, gehe über die Materialität und die Infrastruktur vor Ort und endet bei der Zimmergröße.
In besagtem Wohnheim teilen sich nun zwei Menschen ein 15 m² großes Zimmer, das klingt nach wenig, entspricht aber den Mindestvorgaben. Im ersten und zweiten Geschoss befinden sich zudem Gemeinschaftsräume und die Außenanlagen – zum Beispiel Spielbereiche für Kinder – wurden auch mit bedacht. Ob das alles für ein gutes Zusammenleben reicht, war Teil der Diskussion und konnte nicht abschließend geklärt werden. „Sicherlich könne man noch mehr machen“, sagte Architekt Meurer, aber die Rahmenbedingungen – Kostenobergrenzen, Brandschutz, Materialität – mussten beachtet werden. „Alles in allem ist es ein guter Kompromiss“, so Meurer.
Flüchtlingswohnheim: Außenansicht mit bunten Fensterläden wirkt einladend
Die Diskussion zeigte, dass das Thema wie Menschen in Zukunft leben und wohnen werden, ein weites Feld ist. Es lohnt sich also die Grenzen auszuloten und auch Vorschläge wie sichtbares Holz – als architektonisches Stilmittel und optische Aufwertung – mit in weitere Planungen aufzunehmen. Gelungen ist die Außensicht des Gebäudes – mit bunten Fensterläden, die einladend wirken. Die Nachbarschaft – anfangs skeptisch, wie die Baubeteiligten feststellten – sehen das nun genauso.
Passend dazu gab Moderator Patrik Hof vom Messeveranstalter GHM am Ende ein Zitat des Architekten David Chipperfield in die Runde: „Ein Gebäude zu entwerfen ist kinderleicht und kostet nicht viel Zeit, eigentlich kann das jeder. Die Herausforderung beginnt, wenn Sie an die Menschen denken, die in diesem Gebäude leben sollen.“