Gefahrstoffverordnung: Neue Regeln für den Umgang mit Asbest

Zum 5. Dezember 2025 ist die novellierte Gefahrstoffverordnung in Kraft getreten. Sie enthält wesentliche Änderungen, insbesondere für Tätigkeiten mit Asbest beim Bauen im Bestand. Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) informieren über die Neuerungen und Unterstützungsangebote für Unternehmen und Beschäftigte am Bau.

Seit 1993 sind Tätigkeiten mit Asbest in Deutschland grundsätzlich verboten. Die alte Gefahrstoffverordnung sah Ausnahmeregelungen lediglich für Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten vor. Nicht geregelt waren bislang Tätigkeiten mit asbesthaltigen Baustoffen wie Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern beim Bauen im Bestand. Hier schafft die am 5. Dezember 2024 in Kraft getretene Gefahrstoffverordnung nun mehr Klarheit.

Ampel-Modell für Risikobewertung

Mit der Novellierung der Gefahrstoffverordnung wird ein risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen eingeführt. Das Konzept definiert drei Risikobereiche:

  • hohes Risiko (Asbest-Faserstaubbelastung > 100 000 Fasern/m³),
  • mittleres Risiko (Asbest-Faserstaubbelastung < 100 000 Fasern/m³) und 
  • geringes Risiko (Asbest-Faserstaubbelastung < 10 000 Fasern/m³).

Aufgrund der Farbgebung der Risikobereiche (rot, gelb, grün) wird das Maßnahmenkonzept auch „Ampel-Modell“ genannt. Mit Hilfe dieses Modells können Unternehmen für die Arbeit mit krebserzeugenden Gefahrstoffen die Schutzmaßnahmen risikobezogen festlegen. Je höher die Belastung am Arbeitsplatz ist, desto anspruchsvoller müssen die Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten sein. In der Praxis wird dieses Konzept bereits seit einigen Jahren über die Technische Regel für Gefahrstoffe 910 angewendet.

Neue Gefahrstoffverordnung: Was Unternehmen wissen müssen

Mit der neuen Gefahrstoffverordnung werden Tätigkeiten zur „funktionalen Instandhaltung“ baulicher Anlagen im Bereich geringer und mittlerer Risiken legalisiert. So dürfen mit entsprechenden Schutzmaßnahmen und den erforderlichen Qualifikationen beispielsweise Schlitze in asbesthaltigem Putz zur Verlegung einer Elektroleitung gefräst werden. Bislang war das nicht zulässig.

Tätigkeiten mit hohen Risiken sind weiterhin mit strengen Anforderungen verbunden und können nur von Fachfirmen mit Zulassung sicher durchgeführt werden. Handwerksbetriebe werden solche Arbeiten faktisch nicht ausführen.

Neue Regelung für Gebäude, die vor 1993 errichtet wurden

Die neue Gefahrstoffverordnung führt eine Stichtagsregelung ein: Demnach muss in allen Gebäuden, die vor dem 31. Oktober 1993 errichtet wurden, mit Asbest in den Baustoffen beziehungsweise der Bausubstanz gerechnet werden.

Es wird eine Informations- und Mitwirkungspflicht des Veranlassers von Bauarbeiten eingeführt. Dieser muss dem beauftragten Unternehmen künftig alle ihm vorliegenden Informationen, im Wesentlichen Angaben zum Baujahr oder Baubeginn oder zur Schadstoffbelastung des Gebäudes, zur Verfügung stellen.

Das Baujahr ist vom Unternehmen wiederum in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Ist die Sachlage nicht klar, muss das Bauunternehmen eine Erkundung in den Gebäuden durchführen lassen, um das Vorhandensein von Asbest zu klären.

Sachkundenachweis weiterhin erforderlich

Für alle Tätigkeiten mit Asbest ist weiterhin die Sachkunde für die aufsichtführende Person, die während der Tätigkeiten ständig vor Ort anwesend ist, erforderlich. Neu ist die Sachkundeanforderung für Tätigkeiten mit potenziell asbesthaltigen Materialien, zum Beispiel für Arbeiten im Gleis-, Straßen- und Tunnelbau sowie in Steinbrüchen. Dafür gilt eine Übergangsfrist von drei Jahren.

Arbeiten mit Asbest dürfen nur von Beschäftigten, die über Grundkenntnisse zu Asbest (Fachkunde) verfügen, ausgeübt werden. Da die Anforderung an die Qualifikation der Beschäftigten neu eingeführt wird, gilt auch hierfür eine dreijährige Übergangsfrist.

Überdeckung von Asbestzementdächern ist verboten

Verboten bleibt die feste Überdeckung, Überbauung oder Aufständerung an Asbestzementdächern, zum Beispiel durch die Installation von Photovoltaikanlagen. Neu hinzugekommen ist ein Überdeckungsverbot für Asbestzementwand- und -deckenverkleidungen sowie asbesthaltige Bodenbeläge. Verboten bleiben in Zukunft auch Reinigungs- und Beschichtungsarbeiten an nicht vollflächig beschichteten Asbestzementdächern und Außenwandverkleidungen aus Asbestzement.

Weiterhin obligatorisch ist und bleibt die formale unternehmensbezogene und objektbezogene Anzeige der Tätigkeiten mit Asbest bei der zuständigen Arbeitsschutzbehörde sowie die Übermittlung einer Kopie an den zuständigen Unfallversicherungsträger.

BG BAU hilft bei der Umsetzung

Mit der Arbeitsschutzprämie „Schutzpaket für das Bauen im Bestand“ fördert die BG BAU mit bis zu 5000 Euro die technische Grundausstattung, die für ein sicheres Arbeiten mit asbesthaltigen Materialien erforderlich ist. Dazu gehören zum Beispiel Handmaschinen mit Absaugung, Bauentstauber, Luftreiniger oder Staubschutztüren sowie Schleusen.

Mit dem E-Learning-Modul „Grundkenntnisse Asbest“ (siehe hier) können die Beschäftigten den theoretischen Teil der Grundkenntnisse im Lernportal der BG BAU erarbeiten.

Die bestehende Branchenlösung für den Umgang mit Asbest wird zeitnah überarbeitet und in einen Leitfaden überführt, der eine praxistaugliche Vorgehensweise für die Betriebe in Bezug auf Asbest beim Bauen im Bestand vorgibt.

Weiterführende Informationen erhalten Unternehmen auf der Themenseite zu Asbest der BG BAU unter www.bgbau.de/asbest oder über die Präventionshotline 0800/8020100.

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