Rückblick auf den Kongress Bauen im Bestand
Schutz vor Staub und Asbest bei der Sanierung im Fokus des Fachkongresses in DuisburgBei fast allen Tätigkeiten beim Bauen im Bestand entsteht Staub: von mineralischem über Holzstaub bis hin zu Asbest- und Quarzstaub. Wie man sich und seine Mitarbeiter vor Staub und weiteren Gefahrstoffen in der Sanierung schützt, zeigte der 1. Fachkongress Bauen im Bestand im November 2023 in Duisburg.
Der Fachkongress „Bauen im Bestand“ fand vom 7.-8.11.2023 in der Gebläsehalle des Landschaftsparks Duisburg-Nord statt
Foto: Stephan Thomas
Der Fachkongress Bauen im Bestand feierte im Landschaftspark Duisburg-Nord vom 7.-8. November eine gelungene Premiere. Abwechslungsreiche Expertenvorträge und eine informative Fachausstellung zeigten den 135 Besucherinnen und Besuchern des Kongresses, wie staubarmes Arbeiten in der Praxis möglich ist. Der Landschaftspark Duisburg-Nord, der auf dem Gelände eines ehemaligen Hüttenwerks entstanden ist, bot den passenden Rahmen für die Veranstaltung. Bis zur Stilllegung des Werks im Jahr 1985 wurden hier Spezialroh-eisensorten erzeugt, etwa für die Herstellung von Gussteilen für den Maschinenbau. Seit 1994 steht das Gelände als Landschaftspark mit vielen Freizeiteinrichtungen für Besucherinnen und Besucher ganzjährig offen. In der Gebläsehalle des ehemaligen Hüttenwerks befindet sich heute ein Theatersaal mit großem Foyer, der vielfach als Event- und Veranstaltungsort genutzt wird. Im Theatersaal der Gebläsehalle führten die Moderatoren Thomas Wieckhorst, Chefredakteur des Magazins bauhandwerk, und Eugen Schmitz, Chefredakteur des Magazins THIS, durch das zweitägige Programm des Kongresses Bauen im Bestand.
Gefährliche Auswirkungen von Quarzstaub
Wie wichtig staubarmes Arbeiten ist, um die eigene Gesundheit zu schützen, verdeutlichte Norbert Kluger, Leiter der Abteilung Stoffliche Gefährdungen der BG Bau, auf dem Kongress Bauen im Bestand
Foto: Stephan Thomas
Dipl.-Geogr. Norbert Kluger, Leiter der Abteilung Stoffliche Gefährdungen der BG Bau, verdeutlichte in seinem Vortrag am zweiten Kongresstag, dass Quarz- und Asbeststäube für den Menschen besonders gefährlich seien. Wer jahrelang Quarzstaub ausgesetzt sei, könne an einer Staublunge oder Silikose erkranken. Hohe Konzentrationen an Quarzstaub treten beispielsweise auf, wenn auf der Baustelle Pflastersteine geschnitten oder Löcher in Beton gebohrt werden. „Tätigkeiten oder Verfahren, bei denen Beschäftigte alveolengängigen Quarzstäuben ausgesetzt sind, sind als krebserzeugend nach TRGS 906 eingestuft“, erklärte Norbert Kluger. Das gefährliche dabei ist: Alveolengängige Stäube (kurz: A-Stäube) gelangen bis tief in die Lunge. Seit April 2014 liegt der Grenzwert für A-Stäube daher bei 1,25 mg/m³, der Beurteilungsmaßstab für Quarzstaub liegt mit 0,05 mg/m³ sogar noch niedriger.
Staubarme Arbeitsumgebungen schaffen
Aber wie sorgt man dafür, dass Beschäftigte auf der Baustelle keinen hohen Staubbelastungen ausgesetzt sind? Schon mit einfachen Maßnahmen lasse sich eine staubarme Arbeitsumgebung schaffen, erklärte Norbert Kluger. Dazu gehören eine Stauberfassung am Werkzeug (beispielsweise am Bohrer, Fräser oder Schleifer), ein Bau-Entstauber, Luftreiniger und Staubschutzwände. Die BG Bau fördert die Anschaffung solcher Schutzmaßnahmen für ihre Mitgliedsbetriebe. Außerdem bietet sie Online-Fortbildungen zum Thema Staubvermeidung und Schulungen zu Grundkenntnissen für den Umgang mit Asbest nach TRGS 519 an.
Asbest lauert in Bestandsgebäuden
Geht es um das Bauen im Bestand, spielt Asbest nach wie vor eine große Rolle. Auf dem Kongress Bauen im Bestand in Duisburg stand der Umgang mit asbesthaltigen Baustoffen daher ebenfalls im Fokus. Seit Oktober 1993 gilt in Deutschland ein Verbot für die Herstellung und Verwendung von Asbest, 2005 folgte das EU-weite Verbot. Die meisten Bestandsgebäude in Deutschland wurden allerdings vor 1995 gebaut und können möglicherweise asbesthaltige Baustoffe enthalten. Nicht nur in alten Faserzementplatten, sondern auch in Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern in Bestandsgebäuden kann Asbest enthalten sein. Werden Asbeststäube bei Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten freigesetzt und eingeatmet, können Krankheiten wie Asbestose oder Lungenkrebs verursacht werden – die noch immer zu den häufigsten Berufskrankheiten in der Bauwirtschaft gehören: Im vergangenen Jahr wurden der BG Bau 2414 neue Verdachtsfälle asbestbedingter Berufserkrankungen gemeldet. 3376 Versicherte der BG Bau sind in den vergangenen zehn Jahren infolge einer asbestbedingten Berufserkrankung verstorben.
Dr. Georg Hilpert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf dem Kongress Bauen im Bestand in Duisburg
Foto: Stephan Thomas
„Wenn wir jetzt nichts unternehmen, werden wir es nicht schaffen, die hohen Zahlen von asbestbedingten Todesfällen in der Bauwirtschaft zu reduzieren“, betonte Dr. Georg Hilpert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in seinem Vortrag auf dem Kongress. Die Gefahrstoffverordnung solle bis April 2024 angepasst und aktualisiert werden, erklärte Hilpert. Bis zum Vorliegen der neuen Gefahrstoffverordnung soll die „Branchenlösung Asbest beim Bauen im Bestand“ als Handlungshilfe dienen, vor allem für Arbeiten an asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern. Sie beruht auf den Eckpunkten der geplanten Asbestregelungen der Gefahrstoffverordnung und zeigt Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten. Demnächst soll die Handlungshilfe um weitere, tätigkeitsspezifische Arbeitsblätter ergänzt werden. Erhältlich ist sie über die Website der BG Bau.
Materialanalyse vor der Sanierung
Nicht nur Handwerker müssten für den Umgang mit Staub und Asbest sensibilisiert werden, sondern auch Bauherren, erklärte Andrea Bonner von der BG Bau auf dem Kongress in Duisburg
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Aber nicht nur Handwerker müssten für den Umgang mit Staub und Asbest sensibilisiert werden, sondern auch Bauherren, betonte Andrea Bonner, Leiterin des Sachgebiets Sanierung und Bauwerksunterhalt der BG Bau, auf dem Kongress. Die künftige Gefahrstoffverordnung sehe konkrete Informations- und Mitwirkungspflichten von Auftraggebenden als Veranlasser von Sanierungsarbeiten vor. Der Bauherr müsse vorab erkunden, ob Gefahrstoffe im Gebäude enthalten oder zu vermuten seien, wenn das Gebäude vor 1993 errichtet wurde, erklärte Bonner. Stellt man fest, dass Asbest im Bestand enthalten ist, müssen entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Arbeitsbereiche, in denen asbesthaltige Baustoffe zurückgebaut werden sollen, müssen von anderen Bereichen abgeschottet werden. Der Zugang zum Arbeitsbereich erfolgt dann nur noch über Personen- und Materialschleusen. Die Deconta GmbH zeigte eine Auswahl an Personen- und Materialschleusen mit Zubehör in der Ausstellung zum Kongress. Außerdem stellte der Hersteller die Staubschutztür „Smart-Door“ vor, mit der sich Räume in kurzer Zeit in einen abgeschotteten Sanierungsbereich umwandeln lassen.
Milwaukee präsentierte in der Fachausstellung zum Kongress persönliche Schutzausrüstung und Akku-Werkzeuge, unter anderem einen 350 mm Akku-Trennschleifer
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In der Fachausstellung zum Kongress im Foyer der Gebläsehalle zeigten die Unternehmen Hilti, Milwaukee, Bomag, Deconta, Husqvarna und Starmix ihre Produkte. Die BG Bau war ebenfalls mit einem Stand vertreten. Der Hersteller Milwaukee zeigte in der Ausstellung sein neues Sortiment an persönlicher Schutzausrüstung (PSA) für das Handwerk. Außerdem stellte das Unternehmen eine große Bandbreite akkubetriebener Elektrowerkzeuge vor. Neu im Sortiment ist ein 350 mm Akku-Trennschleifer für das Schneiden von Stahlbeton, der ohne Benzin angetrieben wird. Der Akku-Trennschleifer ist laut Hersteller leiser als vergleichbare, benzinbetriebene Geräte und erzeugt weniger Vibrationen. Um den Staub beim Schneiden von Stahlbeton zu binden, verfügt der Trennschleifer über eine integrierte Wasserzufuhr. Passende Akku-Sauger und Absaugsysteme hat Milwaukee ebenfalls im Programm.
Am zweiten Tag des Fachkongresses kamen zahlreiche Schüler und Schülerinnen des Hans-Schwier-Berufskollegs aus Gelsenkirchen zum Kongress, um sich über Methoden zur Staubminimierung beim Bauen zu informieren
Foto: Stephan Thomas
Insgesamt 135 Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchten den Kongress Bauen im Bestand im Landschaftspark Duisburg-Nord. Außerdem kamen am zweiten Kongresstag Schüler und Schülerinnen des Hans-Schwier-Berufskollegs aus Gelsenkirchen zum Kongress, um sich über Methoden zur Staubminimierung beim Bauen zu informieren. Gemeinsam mit ihren Lehrerinnen und Lehrern erkundeten sie die Fachausstellung und setzten sich aktiv mit dem Thema Staubvermeidung auf der Baustelle auseinander.
Am Abend des ersten Kongresstages wurden Stirnlampenführungen über das Gelände des ehemaligen Hüttenwerks angeboten. Dabei konnte man den früheren Produktionsvorgang des Roheisens direkt am Hochofen kennenlernen und die bei Nacht bunt beleuchteten Industrieanlagen bestaunen.
Am Abend des ersten Kongresstages gab es eine Stirnlampenführung durch den Landschaftspark Duisburg-Nord
Foto: Oliver Kugel
Stephan Thomas ist Chefredakteur der Zeitschrift dach+holzbau.