„Wir brauchen eine angemessene Unterbringung der Neuankömmlinge im Herzen der Städte“

Liebe Leserinnen, liebe Leser, Deutschland und Europa haben eine gewaltige Aufgabe zu bewältigen, um die vielen Flüchtlinge aufzunehmen, die in den letzten Monaten zu uns gekommen sind und weiterhin zu uns kommen werden. Flüchtlingsunterkünfte aufzubauen ist da nur die eine, Integration die andere Herausforderung. Am Besten wäre es natürlich, in den Herkunftsländern die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu stabilisieren, dass eine Flucht erst gar nicht nötig wird.

Flüchtlingsunterkünfte sind auf der grünen Wiese nicht gerne gesehen, vor allem wenn man an die typischen Containerlösungen denkt, irgendwo weit draußen. Nicht nur optisch schreckt das ab, auch die Standorte und der Aufbau erinnert uns oft an unwirtliche Baracken. Mit einer menschenwürdigen Unterbringung, die alle Menschen verdienen, hat das meist nichts zu tun.

Mit der Fragestellung wie Menschen lebenswert untergebracht werden können, beschäftigt sich an der Universität Hannover das Institut für Entwerfen und Architekturtheorie und hat damit eine längst überfällige Diskussion über Kriterien zu menschenwürdigem Bauen und Wohnen angestoßen. Dazu gehören den Autoren zu Folge die Standort der Heime, die Materialität und die Optik. „Wir brauchen neue Ideen für eine Willkommenskultur – und das heißt auch für eine angemessene Unterbringung der Neuankömmlinge im Herzen der Städte, in der Mitte der Gesellschaft“, so der Tenor des Teams um Prof. Jörg Friedrich. In München konnte ich im Rahmen der Fachpressekonferenz zur Messe „Dach+Holz 2016“ mit Kolleginnen und Kollegen ein Flüchtlingsheim anschauen, das diese Ideen aufnehmen möchte. Die Firma Holzbau Weizenegger hat das Gebäude, das in Holzständerbauweise gefertigt wurde, als Neubau an ein bestehendes Gebäude gestoßen (siehe auch Seite 4 im Heft). Immerhin: Die bunten Fensterläden und die Außenbereiche zeigen, dass Ansätze der Kriterien von menschenwürdigem Bauen umgesetzt wurden, auch gibt es im ersten und zweiten Stock einen Gemeinschaftsraum, Familienwohnungen und Gemeinschaftsküchen. Allerdings wirkt das dreistöckige Haus mit Platz für 158 Menschen von innen immer noch eher wie ein karges Etwas mit langen Gängen und 15 m2 Wohnraum für zwei Personen (in Bayern sind derzeit 7 m2 pro Person die Vorgabe). Auch wenn die baulichen Auflagen eng sind und bisweilen kompliziert und man damit zum Beispiel nicht ohne weiteres mit sichtbarem Holz arbeiten darf, ist es wichtig, mit der Diskussion um menschengerechtes Bauen an dem Punkt nicht aufzuhören. Alle, die mit Holzbau zu tun haben, sind gefragt, Standards zu setzen, die in die Zukunft reichen.

Die Flüchtlingsunterkunft an der Schleißheimer Straße in München soll übrigens mit Ende der Nutzung nach 15 Jahren entweder weiter als Studentenwohnheim dienen oder rückgebaut werden. Der Holzbau mit seinen großen Elementen und der modularen Bauweise ist hier prädestiniert, Lösungen anzubieten.

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und starten Sie gut in die kalte Jahreszeit.

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