Von Großprojekten bis zu Umweltauswirkungen

41. Fachtagung Holzbau Baden-Württemberg

Auf der 41. Fachtagung Holzbau Baden-Württemberg wurden spektakuläre Projekte, Innovationen und wissenschaftliche Fakten zum Holzbau vorgestellt. Daneben gab es Neuigkeiten wie das Technikum Laubholz und die Stiftungsprofessur Holzbau. 450 Teilnehmer/innen kamen zu der 41. Fachtagung Holzbau Baden-Württemberg, die am 10. Oktober 2019 im Hospitalhof in Stuttgart stattfand. ProHolzBW organisierte die Tagung in Kooperation mit dem Institut für Holzbau und der Hochschule Biberach. Zwei aktuelle Holzbauprojekte, die sich zurzeit noch im Bau befinden, wurden auf der Tagung vorgestellt: die Wasserwelt Rulantica und der Sportcampus der TU München.

Fachwerkträger mit fast 90 m Länge

Beim Wasserpark Rulantica im Europapark Rust tragen zweigeteilte, fast 90 m lange Fachwerkträger das drei Fußballfelder große Dach. In der dach+holzbau 4.2019 haben wir ausführlich über die Konstruktion des Daches berichtet. Die großen Träger des Daches wurden im Werk der Holzbaufirma Amann bei Waldshut-Tiengen vorgefertigt. Diese baute auch das Dach der Expo 2000 in Hannover. Die Wasserwelt Rulantica soll Ende dieses Jahres eröffnet werden.

Sportcampus in Holzbauweise in München

Der Sportcampus der TU München im Olympiapark, derzeit noch im Bau, ist ein noch größeres Holzbauprojekt. Auf einer Bruttogrundfläche von mehr als 42 000 m² werden unter anderem 14 Sporthallen, 15 Fußballplätze, sieben Beachvolleyballfelder und 12 Hörsäle Platz finden. Die Laufbahnen im Freien werden dabei teilweise durch eine neu gebaute Holzdachkonstruktion geschützt. Schon jetzt kragt das Vordach-Süd in Holzbauweise 18,3 m weit aus. Das Tragsystem der Konstruktion besteht aus 40 Hohlkastenelementen und überdacht auf einer Länge von rund 150 m eine 100-Meter-Laufbahn. Die Dachelemente mit 28 m Länge und einem Gewicht von jeweils 19 t werden im Werk Ober-Grafendorf vorgefertigt und montagebereit  an der Baustelle angeliefert. Die Firma Rubner Holzbau ist für den gesamten Holzbau verantwortlich.

Minister Peter Hauk vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg rief auf der Fachtagung in Stuttgart eine „innovative und hölzerne Zukunft als Basis einer nachhaltigen Baukultur“ aus. Hauk stellte erste Ergebnisse der Holzbau-Offensive vor, die die Landesregierung 2018 gestartet hat: Noch nie seien aus den Kommunen in Baden-Württemberg so viele Förderanträge im Rahmen des „Holz Innovativ Programms“ gestellt worden wie aktuell. Immerhin fünf Prozent Zuschuss gibt es für öffentliche Gebäude.

Neue Einsatzmöglichkeiten für Laubholz

In den nächsten Jahren werden zweistellige Millionenbeträge in ein Technikum Laubholz investiert, die erste Einrichtung dieser Art weltweit. Sie soll Innovationen für die baustoffliche Nutzung von Laubhölzern auf dem Weg zur Marktreife begleiten. 2020 nimmt das Technikum seine Arbeit auf. „Wir brauchen dringend Verwendungsmöglichkeiten für Laubhölzer“, betonte Minister Peter Hauk. Auch die Einrichtung einer Stiftungsprofessur Holzbau stehe kurz bevor. An der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mosbach sollen dadurch Handwerker Praxis und Studium verbinden können.

Energieeinsparung durch Holzbau

Dr. Sebastian Rüter vom Thünen-Institut für Holzforschung in Hamburg erläuterte die wissenschaftlichen Hintergründe, die für das Bauen mit Holz sprechen. Er ist Leiter des Arbeitsbereichs „Auswirkungen der Holznutzung auf Umwelt und Klima“. Einer seiner Arbeitsschwerpunkte ist die Treibhausgasbilanzierung des Holzsektors. Er wies darauf hin, dass Bauen und Wohnen in Deutschland 40 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes ausmachen und 30 Prozent der Rohstoffe verbrauchen. Je energieeffizienter gebaut werde, umso höher werde der Anteil der Umweltauswirkungen der verbauten Baustoffe. Dazu nannte Rüter ein Beispiel: Bei einem Mehrfamilienhaus nach EnEV 2009 macht die Herstellung des Gebäudes, inklusive aller Baustoffe nur 25 Prozent seines gesamten Primärenergiebedarfs über 50 Jahre aus. Der Energiebedarf für die Gebäudeversorgung beträgt hingegen 69 Prozent. Bei einem Mehrfamilienhaus nach Passivhaus-Standard hingegen würden 47 Prozent des Primärenergiebedarfs für die Produktion des Gebäudes eingesetzt, also knapp die Hälfte. Die Herstellung eines Passivhauses verbraucht also viel Energie. Hier lässt sich durch die Wahl der Baustoffe Energie sparen. Besteht die Konstruktion des Passivhauses aus Holz, kann bis zu 207 kg CO2 je Bruttogrundfläche bei Ein- bis Zweifamilienhäusern eingespart werden. Bei Mehrfamilienhäusern ist es entsprechend weniger. Mehr Informationen zum Holzbau in Baden-Württemberg finden Sie unter www.proholzbw.de.

Autor: Achim Pilz

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