Schlafen in Holz und Beton

Reisende, die in der Region Stuttgart unterwegs sind, können sich über eine neue Übernachtungsmöglichkeit freuen. Das dreigeschossige Hotelgebäude in Rutesheim zeichnet sich durch seine spezielle Bauweise aus Holz und Beton aus und wird damit zu einer hybriden Konstruktion.

In Rutesheim ist in den vergangenen Monaten ein modernes Geschäftshotel entstanden. Mit der Entwurfs- und Ausführungsplanung beauftragten die Bauherren und Investoren Bettina und Joachim G. Wünning das Projektbauunternehmen Brüninghoff aus dem Münsterland.

Auf einer Brutto-Grundfläche von 2412 m2 bietet das neue Geschäftshotel „2050“ in Rutesheim Platz für 40 komfortable Zimmer – eines davon barrierefrei – mit angeschlossenem Bad. Im Erdgeschoss befinden sich der Empfang mit Lobby, ein Frühstücksraum sowie eine Snackküche. Auch eine eigene Wäscherei und Räume für das Personal wurden berücksichtigt. Ferner verfügt das Hotel über einen großzügigen Tagungsraum, der für Meetings und Besprechungen genutzt werden kann. Er befindet sich im Staffelgeschoss und hat einen direkten Zugang zur teils überdachten Terrasse. Von den privaten Zimmern und den öffentlichen Räumen haben die Gäste einen schönen Ausblick auf den gegenüberliegenden Hang mit weitläufigen Obstbaumwiesen. Dieser Aspekt war laut den Planern ausschlaggebend für die Ausrichtung des Gebäudes auf dem Grundstück.

Holz als Primärbaustoff

Die Besonderheit des Projekts liegt in der Hybridbauweise, bei der die Baustoffe Holz und Beton intelligent miteinander kombiniert und in einen Verbund gebracht wurden. Bis auf den aus Betonfertigteilen konstruierten Treppenhauskern besteht das Gebäude primär aus Holz. Die Außenwände sind aus Brettsperrholz gefertigt. Sie wurden im firmeneigenen Werk von Brüninghoff in Villingen-Schwenningen passgenau vorproduziert, auf die Baustelle in Rutesheim geliefert und dort montiert. Die Holzinnenwände und Decken stammen aus dem Werk des Brüninghoff-Kooperationspartners „binderholz“ aus Österreich. Bei den Decken handelt es sich um Brettsperrholzdecken mit einer Dicke von 14 bis 16 cm. Durch die intelligente Bauweise, verbunden mit einer hohen Vorfertigung der eingesetzten Materialien, konnte eine schnelle und wirtschaftliche Abwicklung der Bauaufgabe erfolgen und Kosten eingespart werden.

Natürliche Oberflächen

Mit Brettsperrholz lässt sich flexibel fertigen. Die Längs- und Querlagen des Holzes werden zu einem monolithischen Fertigteil verleimt, das sowohl die technischen Vorteile massiver Konstruktionen als auch die ökologischen Eigenschaften des Rohstoffes Holz aufweist. Das Bauen mit Brettsperrholz erfüllt dabei nicht nur die Anforderungen an den Schall- und Brandschutz. Das Material vermag gleichzeitig hohe Lasten zu tragen und sorgt so für ein gesundes Raumklima. Durch die monolithischen Bauteile aus Holz entfallen komplizierte Anschlüsse. Bei dem Hotel in Rutesheim konnten durch diese Bauweise große Teile der Oberflächen im Gebäude in Sichtholzqualität ausgeführt werden. Dies gilt für den Bereich der Flure und ebenso für die Holzwände und -decken des Frühstücksraums. Im Tagungsraum sind zusätzlich auch die Rundholzstützen in Sichtqualität ausgeführt worden. In den Zimmern bleibt das Holz der Decken sichtbar, die Räume erhalten so eine natürliche Optik. Für den Innenausbau und die nichttragenden Elemente wurden Trockenbau- Gipskarton und Rasterdecken sowie Trockenbau-Gipskartonwände mit Vliestapete und Anstrich eingesetzt.

Ökologischer Wandaufbau

Eine 10 bis 16 cm dicke Brettsperrholzwand bildet – zusammen mit einer Rahmenkonstruktion aus Holz – die Außenwand. Eine Gefachdämmung von 14 cm Dicke sorgt hier für den notwendigen Wärmeschutz. Als Fassadendämmung (WDVS) wurden Holzfaserdämmplatten in einer Dicke von 6 cm verwendet. Der Aufbau der Außenwände unterstreicht so den ökologischen Charakter des Gebäudes. Die abschließende Außenhülle bildet eine Schicht aus Putz, die auf den Wunsch der Bauherren in den Farben Rot und Weiß ausgeführt ist. Die rote Farbgebung in Verbindung mit den bodentiefen, dreiteiligen Fenstern mit Aluminiumrahmen gliedert die Fassade vertikal. Das Staffelgeschoss setzt sich zusätzlich durch eine Lärchenholzschalung vom übrigen Baukörper ab.

Gesetzliche Regelwerke für Sonderbauten

Beim Bau von Hotelgebäuden sind – neben den anerkannten Regeln der Technik – zudem einige Besonderheiten zu beachten. Auf Grundlage der Landesbauordnung von Baden-Württemberg in der Fassung vom März 2010 handelt es sich bei dem Hotelprojekt in Rutesheim um ein Gebäude besonderer Art und Nutzung (Sonderbau) nach §38 (2) Ziffer 13 und 7 LBO. Für diesen Objekttyp gelten besondere Regelwerke, wie zum Beispiel im Fall des Hotels „2050“ die Versammlungsstättenverordnung (VStättVO) und die Muster-Beherbungsstättenverordnung (M-BeVO), die es bei der Planung und Ausführung des Neubaus zu berücksichtigen galt.

Anforderungen an den Schallschutz

Aufgrund der zukünftigen Nutzung und der nahezu vollständigen Holzbauweise war die Betrachtung des Schallschutzes bei der Planung und Ausführung von wesentlicher Bedeutung. Insbesondere zwischen den Hotelzimmern muss eine Schallübertragung ausgeschlossen werden. Um die Vorgaben, die diesbezüglich in der DIN 4109 geregelt sind, erfüllen zu können, mussten die Außenwände mit Gipskarton beplankt werden. Auch die Innenwände aus Brettsperrholz wurden mit einer frei schwingenden Vorsatzschale ertüchtigt. Um der Schallproblematik im Bereich der Decken entgegen zu wirken, wurde eine druckbelastbare Dämmschüttung eingebracht. Das Gemisch aus Splitt und einem Bindemittel wurde oberhalb der tragenden Brettsperrholzdecke angeordnet und trägt zu einer Reduzierung des Schalls bei. Durch die Anpassungsfähigkeit des Materials mussten Leitungen nicht gesondert behandelt werden, sondern konnten flexibel in die Schicht eingebettet werden.

Brandschutz im Holzbau

Auch die hohen brandschutztechnischen Auflagen im Holzbau setzen ein ganzheitliches Konzept voraus. Um hier eine optimale Lösung zu erzielen, wurde der Brandschutzingenieur schon von Beginn an in die Planung und die Gespräche miteinbezogen. Im Verlauf der Planung konnten zwei Brandbekämpfungsabschnitte definiert werden, die durch das Treppenhaus in F90-Qualität voneinander getrennt werden. Die weiterführenden Brettsperrholzwände am Treppenhaus sind mit einer beidseitigen Beplankung aus Feuerschutzplatten bekleidet, sodass ein Feuerübertritt an dieser Stelle verhindert werden kann. In diesem Zusammenhang stellen die Brandschottungen, durch die Leitungen und Kabel durch die hochfeuerhemmende Wand geführt werden, eine Besonderheit dar. Denn für die fachgerechte Ausführung im Holzbau gibt es hier keine DIN-Normen. Daher wurden die Brandschottungen auf konventionelle Weise mit einem Brandschutzmörtel in einer Mindestdicke von 15 cm ausgeführt.

Autorin
Mareike Wand-Quassowski ist Geschäftsführerin der Agentur Kommunikation2B und betreut Brüninghoff bei der Presse- und Medienarbeit.

Durch die hybride Bauweise konnten große Teile der Oberflächen in Sichtholzqualität ausgeführt werden

Bautafel (Auswahl)

Projekt Schlüsselfertiger Neubau eines Geschäftshotels in Rutesheim

Bauherr Bettina und Joachim G. Wünning

Architektur und Umsetzung Brüninghoff GmbH & Co. KG, 46359 Heiden, www.brueninghoff.de

Bauweise Primärkonstruktion bestehend aus

Brettsperrholzwand- und deckenelementen sowie Treppenhauskern aus Betonfertigteilen

Bauzeit 11 Monate

Fertigstellung Januar 2016

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