Qualitätsnachweise bei Flachdach-Systemen

Verschiedenste Zertifikate sorgen in Deutschland heute dafür, dass bei der Errichtung von PV-Anlagen alle Anforderungen an Qualität und Sicherheit erfüllt werden. Dabei geht es nicht nur um Module und Wechselrichter. Vor allem gibt es für die Montagesysteme eine Reihe von Normen, auf die künftige Anlagenbetreiber achten sollten.

Als Qualitätszeichen für PV-Module hat sich in letzten Jahren das Prüfzertifikat entsprechend der IEC 61215 (beziehungsweise IEC 61646 für Dünnschichtmodule) und IEC 61730 durchgesetzt. Darin werden elektrische und mechanische Eigenschaften sowie solche zur Witterungsbeständigkeit definiert und durch Tests an den jeweiligen Modulen nachgewiesen. Beispiele für elektrische Normen sind die Vorschriften nach IEC 60529, welche die Anforderungen an die Schutzart beschreibt, und IEC 60721-3-4, zum Beispiel 4K4H für Klimaklasse. Alles bestens, könnte man meinen – jedoch werden bei den definierten Tests nicht alle in der Realität vorkommenden Lastkombinationen berücksichtigt. Zum Beispiel gehen die Modulhersteller davon aus, dass Schneelasten immer senkrecht auf die Modulfläche wirken. Dass dies nicht immer der Fall ist und man auch mit waagerechten Kräften zu rechnen hat, die den Modulrahmen belasten, konnten Anlagenbetreiber in verschiedentlichen Fällen selbst feststellen.

Was den Aufbau der Anlage angeht und die damit verbundene Verkehrssicherheit eines Gebäudes, so sind zunächst die Verordnungen der Landesbauordnung zu beachten. Der Bauherr beziehungsweise der Gebäudebesitzer trägt demnach Verantwortung für die Verkehrssicherheit seines Gebäudes, auch wenn dieses mit einer PV-Anlage ausgestattet ist. Darin steckt oft der erste Haken, denn nicht alle Bauherren verfügen über das notwendige Know-how, um die Standsicherheit von Gebäude und PV-Anlage sicher und rechtsverbindlich beurteilen zu können. Daher verlässt der Bauherr sich gerade hier auf die Kenntnisse des Fachhandwerkers, was durchweg legitim ist. Es  entbindet ihn jedoch nicht von seiner Pflicht, für die Verkehrssicherheit seines Gebäudes zu sorgen. Im Zweifelsfall sollte der Bauherr deshalb aktiv vom Installateur eine vollständige statische Berechnung einfordern und diese unabhängig prüfen lassen. Im Privatbereich geschieht dies jedoch nur selten, da ein statischer Nachweis in der Regel teuer ist. Weiterhin unterstützen die Hersteller von Montagesystemen den Fachhandwerker mit immer ausgefeilteren Tools bei der Planung und Auslegung der Systeme. Der Fachhandwerker sollte jedoch seinen Sachverstand nicht außer Acht lassen, den kein Tool ersetzen kann.

Statisch korrekte Auslegung

Die Statik spielt beim Aufbau eine wichtige Rolle, sorgt sie doch dafür, dass PV-Anlage und Gebäude auch weiterhin den Witterungsbedingungen standhalten und die Verkehrssicherheit des Gebäudes gewahrt bleibt. Hier ist zu unterscheiden zwischen Statik der PV-Anlage einerseits und der Gebäudestatik andererseits. Ein korrekt bemessenes Gebäude verfügt über eine zusätzliche Lastreserve, um das Gewicht der PV-Anlage zu tragen. Diese ist gerade bei Fertighäusern, welche einen hohen Vorfertigungsgrad aufweisen, nur bedingt gegeben. Wer mit solch einem Objekt liebäugelt, sollte dies entweder in der Fertigungsphase mit berücksichtigen lassen oder vor Planung und Montage einer PV-Anlage genau prüfen, ob die notwendigen Lastreserven vorhanden sind.

Im Bereich der Flachdachsysteme gelten in vielerlei Hinsicht weitere Randbedingungen, die bei der Planung zu berücksichtigen sind. Flachdächer verfügen aufgrund ihres Aufbaus nur über eine bestimmte Lastreserve. Sammeln sich Wasser und Eis auf dem Flachdach, ist diese sehr schnell erschöpft.

Die Crux bei der Anwendung der EN 1991-1: Sie ist für Gebäude und nicht für PV-Anlagen maßgeschneidert und weist damit eine Lücke auf. Im Endeffekt arbeiten deshalb viele Installateure mit nicht zertifizierten Flachdachsystemen, obwohl ihnen das erhöhte Risiko und die rechtliche Haftung bekannt sind. Das Thema Haftung und Garantiezeiten stellt für den Fachhandwerker sowie den Anlagenbetreiber ein weiteres Problemfeld dar. Ist der Fachhandwerker darauf bedacht, kurze Garantiezeiten gewähren zu müssen (zum Beispiel zwei Jahre, die sich aus der Rechtslage des Kaufvertrages nach §§ 433 ff. BGB ergeben), so ist der Anlagenbetreiber darauf bedacht, einen recht langen Garantiezeitraum zu erhalten. Die Rechtslage ist hier recht strikt und nicht für jeden Einzelfall rechtsverbindlich; vielmehr wird im Falle eines Rechtsstreits jeder Fall einzeln betrachtet und beipielsweise geprüft, in welchem Verhältnis Planungs- und Installationsleistung zueinander stehen oder inwieweit es sich bei der erbrachten Leistung um eine individuelle Leistungserbringung handelt.

Orientierungshilfe bieten zertifizierte Systeme

Zwar liegt bereits ein rechtskräftiges Urteil vom Oberlandesgericht Bamberg zu einer Solarthermischen Anlage vor, welches die Anlage als ein Bauwerk einstuft. Demnach greifen die Regeln aus dem Werksvertragsrecht (§§ 631 ff. BGB). Dennoch lässt auch dieses Urteil Raum für viel Interpretation: Zum einen liegt das Urteil rund acht Jahre zurück, als bei Weitem nicht die Anlagengrößen verbaut wurden wie in den letzten beiden Jahren. Zum anderen befasst sich der Sachverhalt mit einer Solarthermischen Dachanlage – kann dies aber mit einer Photovoltaikanlage gleichgesetzt werden?

Was also tun bei diesem Dickicht aus geltenden Normen und Verordnungen? Ein Ansatz, dem Fachhandwerker und seinen Kunden eine gewisse Orientierungshilfe zu bieten, stellen zertifizierte Systeme dar.

Ersetzt der Windkanaltest die Zertifizierung ?

Viele Anbieter werben plakativ mit Windkanaltests, die sie mit den Modulen durchgeführt haben. Diese werden gerne als Ersatznachweis für die fehlende Zertifizierung genannt. Doch es mangelt ihnen stets an einem unabhängigen Standsicherheitsnachweis. Wegen der Vielzahl an Projektparametern (Gebäudehöhe, Gebäudeklasse, Modulwinkel etc.) lassen sich aus Windkanaltests also auch keine allgemeine Regeln ableiten, wie zu verfahren ist.

Typenprüfung als zusätzliche Zertifizierung

Es ist also eine zusätzliche Zertifizierung notwendig. Die Typenprüfung ist eine Möglichkeit. Anlagenbetreiber können darüber die Standsicherheit ihrer Anlage auch ohne Einzelprüfung unabhängig nachweisen. Typenprüfungen sind regulatorisch festgehalten in der Musterbauordnung (§ 66 MBO) sowie in den Landesbauordnungen der einzelnen Länder (§ 15 BayBO). Dem Hersteller wird im Vorfeld der Prüfung eine Vielzahl von Leistungen abverlangt, welche er zu erbringen hat. Die bautechnischen Unterlagen müssen hierfür nur einmal von einem Prüfamt allgemein geprüft werden, der Gegenstand der Typenprüfung kann dann innerhalb der Geltungsdauer beliebig oft ausgeführt werden. Die im Einzelfall prüfende Stelle hat nur noch die Übereinstimmung der Ausführung mit den Typenplänen festzustellen.

Der Hersteller Donauer Solartechnik hat seine Montagegestelle Flat Roof und Flat Roof Duplex durch die Typenprüfung vom Prüfamt für Standsicherheit der Landesgewerbeanstalt (LGA) zertifizieren lassen. Die LGA-Prüfung untermauert die rechtliche Verbindlichkeit, welche bei den meisten Wettbewerbssystemen im Kleingedruckten ausgeschlossen ist. Der Handwerker hat damit eine solide Rechtsgrundlage, die ihm im Schadensfall den Rücken stärkt. Anlagenbesitzer sind gleichzeitig rechtlich abgesichert gegenüber Prüfstellen, Gutachtern und Versicherungen. Denn die Typenprüfungen S-R 090510 und S-R 100497 entbinden die Bauaufsichtsbehörden von der nochmaligen statischen Prüfung. Dadurch beschleunigt sich der Genehmigungsprozess bei öffentlichen Bauvorhaben deutlich und die damit verbundenen Kosten werden vermieden.

Die Typenprüfung für die bauaufsichtliche Zulassung umfasst alle einzelnen Bauteile des Gestells einer PV-Anlage vom Typ Flat Roof: Normteile, bei denen alle Eigenschaften in der entsprechenden Norm hinterlegt sind (zum Beispiel Innensechskantschrauben nach DIN 912) und Zeichnungsteile, bei denen wiederum zwischen zwei Teilen unterschieden wird: solchen, die berechnet werden können (zum Beispiel Querträger) und solche, bei denen dies nicht möglich ist (zum Beispiel Selbstbohrschrauben) – dort ist eine bauaufsichtliche Zulassung vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) notwendig. Das Thema Korrosionsschutz wird über die EN 1999-1-1 abgedeckt. Die Flat-Roof-Systeme verfügen über ein Zertifikat des TÜV Süd. Schließlich weisen die Donauer-Bauteile aus Stahl und Aluminium auch eine CE-Kennzeichnung aus, wie sie entsprechend der europäischen Bauproduktenrichtlinie in Verbindung mit der seit Ende 2010 harmonisierten Norm EN 1090-1 spätestens ab 1. Juli 2014 erforderlich ist.

Fazit: zertifizierte Montagesysteme sind notwendig

Die jüngste Vergangenheit bestätigt, dass zertifizierte Montagesysteme mehr denn je notwendig werden, um dem Fachhandwerker mit seinen Kunden auch weiterhin Freude an der Realisierung von PV-Anlagen zu bereiten – ohne vorab erhebliche Vorleistungen durch Erbringen der statischen Nachweise zu liefern und einen rechtssicheren, für alle Akteure verbindlichen Rahmen zu schaffen. Zertifizierte Montagesysteme am Beispiel von Flachdachsystemem liefern bereits in der Angebotsphase eine verbindliche Aussage über die notwendige freie Dachlast. In der Planungsphase werden die statischen Nachweise mitgeliefert und der Fachhandwerker erhält detailierte Hinweise zum Systemaufbau. Damit lassen sich Montagefehler sicher verhindern.

Autoren

Sebastian Stoll ist Produktmanager für Montagesysteme/Un­­ter­­kons­truktionen bei Donauer Solartechnik, Holger Schroth ist Trainer der Donauer-Akademie und schult das Thema Gestelltechnik bei Kunden und Mitarbeitern.

Der Gebäudebesitzer trägt die Verantwortung für die ­Verkehrssicherheit seines Gebäudes

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