Wartung und Pflege von Photovoltaikanlagen
Wer bis 2010 eine Photovoltaikanlage gekauft hat, dem wurde sein Sonnenstromgenerator gerne als „Rundum-Sorglos-Paket“ angepriesen. Leistungsgarantien von 20 Jahren erweckten den Eindruck, dass jede PV-Anlage lange wartungsfrei arbeiten könne. Doch Wartung muss sein, um Freude am Sonnenstrom zu haben.
Photovoltaikanlagen sind komplexe Energieerzeugungssysteme, deren überwiegender Teil an Komponenten Wind und Wetter ausgesetzt sind. Heute weiß man aber, dass Photovoltaikanlagen durchaus 20 und mehr Jahre die ihnen zugesprochene Leistung liefern, wenn Planung, Installation und Pflege stimmen.
Photovoltaikmodule, Unterkonstruktion, Schrauben, Klammern, elektrische Steckverbindungen und Kabel müssen Temperaturen von -25 °C im Winter und bis über 70° Celsius im Sommer aushalten. Kunststoffe, Metall, Rückfolien der Module, Isolationsstoffe und Glas sind Regen, Schnee, Eis, Hagel, Wind, Schmutz und sogar Tierverbiss ausgesetzt. Natürlich sind die verwendeten Materialien darauf ausgelegt 20 und mehr Jahre ihren Dienst im Freien zu versehen, trotzdem ist es eine gute Idee, komplexe Systeme wie Photovoltaikanlagen es sind, regelmäßig zu prüfen und warten zu lassen.
Photovoltaik-Experten des TÜV Rheinland empfehlen einmal im Jahr eine Sichtprüfung der Anlage durch einen Fachbetrieb. Alle zwei Jahre sollte eine tiefergehende technische Prüfung durchgeführt werden. Gutachter empfehlen darüber hinaus eine regelmäßige Kontrolle der Anlage durch den Anlagenbesitzer. Ein täglicher Blick auf Modulfeld, Unterkonstruktion und Wechselrichter durch den Betreiber lässt Unregelmäßigkeiten schnell erkennen. Die Leistungswerte sollten einmal pro Jahr, bei der Jahresabrechnung kontrolliert werden und mit den Strahlungsdaten des deutschen Wetterdienstes abgeglichen werden.
Überprüfung aus der Luft
Dass bei Photovoltaikanlagen durchaus Probleme auftreten können, zeigt ein Blick in die Statistik der deutschen Versicherer. Die gemeldeten Schäden an Photovoltaikanlagen nehmen zu. Die meisten Schäden in der jüngsten Vergangenheit sind allerdings nicht auf Material, sondern auf Montagefehler zurückzuführen (Quelle: Gesamtverband der Versicherer Deutschland). Dieses Ergebnis bestätigt auch das auf Anlagenprüfungen aus der Luft spezialisierte Unternehmen „Flying Eyes“ aus Berlin. Das Unternehmen prüft deutschlandweit Photovoltaikanlagen in allen Leistungsklassen, von wenigen Kilowatt peak bis zu mehreren Megawatt Leistung aus der Luft. Mit einem sogenannten Oktokopter, einem ferngesteuerten, unbemannten Flugkörper, der mit Thermografie- und High Definition-Kameras ausgestattet ist, können beim Überflug einer Anlage Hot-Spots, Glasbruch oder falsche Verkabelung analysiert werden. Das Unternehmen stellte 2013 bei über 80 Prozent der geprüften Anlagen Fehler fest.
Erklären lässt sich die hohe Fehlerquote durch die ehemals rasant gestiegene Nachfrage der Photovoltaik. Im Jahr 2004 wurde fast fünf Mal so viel Photovoltaikleistung in Deutschland verbaut wie im Vorjahr. Von 2008 auf 2009 verdoppelte sich die Leistung. Der Höhepunkt des Zubaus wurde im Jahr 2012 mit 7,6 Gigawatt erreicht. Die Berechenbarkeit der Photovoltaikrendite hatte in Deutschland einen Bauboom ausgelöst, dessen Nachfrage vom Markt nicht bedient werden konnte, weder mit Komponenten, noch mit Arbeitskräften. Zusätzlich wurde in der Vergangenheit zum Jahreswechsel die Einspeisevergütung für das ganze folgende Jahr reduziert. Das führte zu einem großen Auftragsvolumen am Jahresende und einer Auftragsflaute zum Jahresbeginn. Wer seine Photovoltaikanlage im zweiten Halbjahr montiert hat und diese noch nicht hat prüfen lassen, ist gut beraten dies zu nachzuholen. Unter Zeitdruck kann dem besten Montageteam ein Fehler unterlaufen. Nicht selten wurden gerade im Süden Deutschlands Dächer vom Schnee befreit, um bis zum 31. Dezember noch eine Photovoltaikanlage montieren zu können. Damit sicherten sich Betreiber zwar die etwas höhere Vergütung des noch laufenden Jahres, aber mit dem Risiko einer Montage und Fertigstellung unter Zeitdruck und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt.
Was wird an einer PV-Anlage geprüft?
Der einfachste und erste Check ist die Sichtprüfung: Sitzen alle Modulklemmen noch fest, sind alle elektrischen Steckverbindungen verbunden, sind die Kabel sauber verlegt, oder hängen sie durch und liegen auf dem Dach? Sitzen Dachhaken und Blechziegel richtig, ist der Abstand zwischen Dachhaken und Dachziegel korrekt? Gerade bei älteren Anlagen, die ohne Blechziegel verbaut wurden, kann bei großer Schneelast und zu geringem Abstand zwischen Ziegel und Haken der Ziegel brechen. Stimmt die Leistung der Anlage? Im Süden Deutschlands sollte die Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen mit maximal 950 Sonnenstunden pro Kilowatt peak und Jahr gerechnet werden. Fällt eine Anlage unter diese Leistung, arbeitet sie außerhalb der Wirtschaftlichkeitsberechnung.
Ist das der Fall, deutet das auf einen Fehler hin. Fachleute vom TÜV empfehlen, Anlagen regelmäßig zu prüfen. Das geht mit Stift und Zettel durch den Betreiber oder aber digital. Betreiber sollten außerdem regelmäßig eine Sichtprüfung vom Boden aus vornehmen. Fallen Unregelmäßigkeiten auf, sollten sie angewiesen werden, mit ihren Montageunternehmen zu sprechen. Die sachgerechte Prüfung einer Anlage führt immer ein Fachbetrieb durchführen, allein schon wegen der Unfallgefahr. Handwerker sollten ihren Kunden die Wartung und Pflege für PV-Anlagen als Service anbieten. Wer diese Dienste nicht selbst ausführen möchte, kann mit einem Partnerunternehmen zusammenarbeiten, das diese Dienst professionell übernimmt.
Fachleute empfehlen, PV-Anlagen regelmäßig zu prüfen
Thermografieaufnahmen zeigen Stellen, an denen sich eine Zelle aufgrund eines Fehlers – häufig sind Mikrorisse oder Verschmutzungen die Ursache – heiß wird und auf als „Hot-Spot“, „Heißer Punkt“ erscheint. Hot-Spots haben Auswirkung auf Leistung und Lebensdauer der gesamten Anlage.
Sind einzelne Module als problematisch identifiziert kann deren Leistung mit Hilfe eines „Flasher Test“ überprüft werden. Bei diesem Test werden Solarmodule einem Tageslichtblitz mit 5600 Kelvin ausgesetzt. Die ermittelte Ist-Leistung des Moduls wird mit dem Soll-Wert verglichen. Module können so schnell und effektiv auf ihre Leistungsfähigkeit geprüft werden. Die Prüfung wird entweder mit mobilen Testkammern an der Anlage durchgeführt, oder aber die betreffenden Module werden zu einem Testlabor zur Prüfung geschickt.
Ersatzmodule
Sollten der Solarteur in die Verlegenheit kommen, bei einer älteren Bestandsanlage eins oder mehrere Module tauschen zu müssen, war das früher ein Problem. Kein Hersteller hat in der Vergangenheit Lagerhaltung für Ersatz-Photovoltaikmodule betrieben. Gleichzeitig wurde die Leistung der Photovoltaikmodule jedes Jahr gesteigert. Ein 180 Watt Modul in einer älteren Anlage kann natürlich nicht einfach durch ein aktuelles 250 Watt Modul ersetzt werden. Das würde die gesamte Anlagenauslegung verändern und aus der Balance bringen. Wer für seine Anlage Module älterer Bauart als Ersatz sucht, kann sich an Unternehmen wenden, die sich auf die Lagerung und den Vertrieb älterer Module spezialisiert haben. Diese Unternehmen fertigen auf Wunsch auch einzelne Module an. Das kann unter Umständen günstiger sein, als die Strings einer Anlage neu auszulegen, oder die Anlage einem Repowering zu unterziehen.
Gutachter
Wurde ein Schaden an einer Anlage festgestellt, und eine unabhängige Beurteilung ist erforderlich, weil der Kunde zum Beispiel Ersatz fordert und man sich nicht einigen kann, bleibt der Gang zum Photovoltaikgutachter nicht aus. PV-Gutachter gibt es inzwischen viele, die Herausforderung besteht darin, einen mit Erfahrung und Berufspraxis zu finden, der sein Handwerk versteht. Außerdem sind Gutachter generell in zwei Gruppen zu teilen: zum einen zertifizierte Gutachter, wie sie zum Beispiel der TÜV Rheinland ausbildet, zum anderen den öffentlich bestellten und vereidigten Gutachter, der gerichtsgültige Gutachten vorlegen darf. Welchen man nimmt, ist vom Einzelfall abhängig. Geht es vor Gericht, ist der vereidigte Sachverständige die bessere Wahl, denn nur seine Beurteilung hat im Prozess langfristige Aussagekraft.
Reinigung von Photovoltaik Anlagen
Auch hier wurde in der Vergangenheit Wartungsfreiheit gepredigt, so als ob Autos, die im Regen stehen, nie gewaschen werden müssten. Ob, wie oft und wie eine Photovoltaikanlage gereinigt werden muss, lässt sich pauschal nicht beantworten. Entscheidend ist der Standort und die Bauart. Module auf einem Stalldach mit geringer Dachneigung und in der Nähe von Lüftungsschächten werden mehr belastet, als Module die auf einem Einfamilienhaus im Grünen mit steiler Dachneigung montiert sind. Während im ersten Beispiel die natürliche Reinigung durch Niederschlag nicht mehr ausreichen kann, wird im Fall des Einfamilienhauses mit steilem Dach der natürliche Niederschlag vollkommen genügen, um die Modulflächen einige Jahre von Schmutz zu befreien. Für die Reinigung gilt das gleiche wie für die Anlagenprüfung, sie erfordert Fachwissen und gehört in die Hände eines Fachbetriebes.
Autor
Manfred Gorgus ist Herausgeber von Solar-professionell, einem digitalen Informationsportal für Solarinstallateure in Tutzing, www.solar-professionell.de.
Fachleute empfehlen, PV-Anlagen regelmäßig zu prüfen, alle zwei Jahre sollte eine technische Prüfung erfolgen
5-Punkte-Check für PV-Wartung und Pflege
1. Regelmäßige Sichtprüfung der Photovoltaikanlage vom Boden durch den Anlagenbetreiber.
2. Regelmäßige Leistungskontrolle durch den Anlagenbetreiber.
3. Fallen dem Betreiber Unregelmäßigkeiten bei der Sicht oder Leistungsprüfung auf, informiert er seinen Fachbetrieb. Der überprüft die Anlage professionell.
4. Bieten Sie Ihren Kunden eine jährliche professionelle Wartung an. Dokumentieren Sie Anlagenwerte und Maßnahmen in einem Wartungs- und Pflegeprotokoll.
5. Falls nötig, Pflege von Photovoltaikanlagen in Kooperation mit einem zertifizierten Fachbetrieb durchführen.
Infos und Adressen
Gutachter
- Öffentlich bestellte und vereidigte Gutachter im IHK Register www.svv.ihk.de.
- Einfach zertifizierte Gutachter: Findet man im Internet.
Ersatzmodule für ältere Anlagen, Modulneubauten von Hand
Firma SecondSol, www.secondsol.de
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV)
Leitfaden „So vermeiden Sie Schäden an Photovoltaikanlagen„
www.gdv.de/2012/06/so-vermeiden-sie-schaeden-an-photovoltaikanlagen