Neues Dach für die Alte Post in Einbeck

Das historische Gebäude „Alte Post“ in Einbeck stammt aus dem Jahr 1911. Seit 2019 wird es saniert, insgesamt 21 barrierefreie, hochwertige Mietwohnungen sollen nach dem Umbau in dem Gebäude entstehen: jeweils acht Wohnungen im Erd- und Obergeschoss und fünf weitere im Dachgeschoss.

Das Gebäude verläuft entlang der Sertürner- und Dr. Friedrich-Uhde-Straße in Einbeck. An der Kreuzung beider Straßen befindet sich, etwas nach hinten versetzt, das Hauptportal der Alten Post. Darüber thront ein imposanter Dachreiter mit Metalldach und umlaufender Außengalerie. Flankiert wird dieser von zwei Türmen am Hauptportal.

Die Dachsanierung der Alten Post in Einbeck war für die Dachdeckerei Stahlmann aus Salzderhelden, einem Ortsteil von Einbeck, keine alltägliche Aufgabe, schon allein aufgrund der Dachgröße: Insgesamt musste eine Dachfläche von knapp 1500 m² saniert werden. „Die Größe des Daches war beeindruckend, für uns sind solche Großprojekte in unserer Region eher selten“, sagt Alex Stahlmann, Juniorchef des Dachdeckerbetriebs Stahlmann Bedachungen.

Alter Dachaufbau entfernt und neu eingedeckt

Für die Dacharbeiten wurde das Gebäude zunächst rundum eingerüstet. Danach musste die alte Ziegeldeckung des Daches zurückgebaut werden. Unter der bestehenden Eindeckung kamen eine Lattung und eine Unterspannbahn mit Gittergewebe zum Vorschein. Beides wurde abschnittsweise und bis auf die Dachsparren zurückgebaut. Anschließend verlegten die Dachdecker neue Unterspannbahnen und eine Aufsparrendämmung aus Holzfaserdämmplatten. Später wurde das Dach von innen mit einer Zwischensparrendämmung gedämmt. Von außen wurde über der Aufsparrendämmung eine Konter- und Traglattung für die neuen Dachziegel montiert. „Wir haben das Dach abschnittsweise geöffnet, den alten Dachaufbau zurückgebaut und das Dach anschließend neu eingedeckt“, fasst Alex Stahlmann zusammen.

Die Steildächer erhielten eine Dämmung aus Holzfaserdämmplatten, darüber folgte die Lattung für die Neudeckung aus Hohlfalzziegeln
Fotos: Philipp Arndt

Für die Eindeckung der Steildachflächen des historischen Gebäudes fiel die Wahl auf die Hohlfalzziegel „Z5 variwell Geradschnitt“ in der Farbe „Naturrot dunkel“, für die Dachfirste nutzten die Dachdecker die Firstziegel „F6v“ von Jacobi Walther. Die Dachziegel werden in Bilshausen im Kreis Göttingen hergestellt, ganz in der Nähe von Einbeck.

Gauben, Türme und Flachdächer

Die Turmdächer am Hauptportal der Alten Post verkleideten die Dachdecker mit Titanzinkrauten. Mit Haften und Nägeln befestigten sie die Rauten auf der neuen Holzschalung der Türme, auf der sie zuvor eine Trennlage verlegt hatten. Die Rauten aus blaugrauem Titanzink lieferte der Hersteller Rheinzink vorgefertigt auf die Baustelle. Für die Grate der Turmdächer waren jedoch Spezialanfertigungen nötig, wie Dachdecker Philipp Arndt von der Dachdeckerei Stahlmann erklärt: „Die Grate haben wir mit selbst erstellten Gratkappen ausgeführt.“

An den Turmdächern der Alten Post verlegten die Dachdecker eine neue Schalung mit Trennlage, darüber Titanzinkrauten
Foto: Dachdeckerei Stahlmann

Die Turmspitze mit Wetterfahne für den Dachreiter am Hauptportal und die Rinnenkessel wurden nach historischen Mustern maßstabsgetreu nachgebaut. „Dazu haben wir die be­stehenden, historischen Bauteile an Spezialfirmen geschickt, die mithilfe der Vorlagen eine neue Turmspitze und Rinnenkessel erstellt haben. Die neuen Bauteile haben perfekt auf das Dach gepasst“, sagt Philipp Arndt. Die Turmspitze mit Wetterfahne fertigte die Firma M. Messerschmidt aus Fambach an, die Rinnenkessel stammen von der Firma Kaufmann aus Ulm.

Die Dachgauben verkleideten die Dachdecker seitlich mit Stehfalzblechen
Foto: Philipp Arndt

Die Gauben des Daches verkleideten die Dachdecker seitlich mit Zink-Stehfalzblechen. Die Flachdächer der Gauben dichteten sie mit FPO-Dachbahnen ab. Mehrere Flachdachflächen der Alten Post wurden darüber hinaus von den Dachdeckern saniert und neu abgedichtet. Insgesamt sei die Montage der Rauten, Stehfalzbleche und anderen Bauteile aus Titanzink bei diesem Projekt eine der größten Herausforderung gewesen, erinnert sich Philipp Arndt.

Kleine Botschaften an die Nachwelt

Eine Zinkraute mit dem Firmenlogo und den Namen der an der Sanierung beteiligten Dachdecker wurde an einer unauffälligen Stelle eingebaut
Foto: Philipp Arndt

An einer Stelle des Daches verewigte sich die Dachdeckerei Stahlmann – nach Absprache mit dem Bauherrn – mit ihrem eigenen Firmenlogo. „Wir haben in eine der Zinkrauten unser Logo und die Namen der an der Sanierung beteiligten Dachdecker lasern lassen und diese Raute an einer unauffälligen Stelle in das Dach integriert, als kleine Botschaft an die Nachwelt und an die Dachdecker, die das Dach vielleicht in vielen Jahrzenten noch einmal sanieren werden“, sagt Philipp Arndt.

Außerdem wurde während der Sanierung eine kleine, kugelförmige Zeitkapsel eingebaut, direkt unterhalb der Wetterfahne auf dem Dachreiter am Hauptportal: In die Zeitkapsel füllte der Bauherr eine aktuelle Tageszeitung, einen USB-Stick, Baupläne der Alten Post und Münzen als zeitgemäße Objekte. Die Zeitkapsel wurde anschließend verlötet und mit der Turmspitze auf den Dachreiter gesetzt.

Deutscher Dachpreis 2022 für das beste Projekt

Für die Sanierung der Alten Post in Einbeck hatte die Dachdeckerei Stahlmann beim Deutschen Dachpreis „Dachkrone“ 2022 in der Kategorie „Bestes Projekt“  den ersten Platz gewonnen. Nach der Preisverleihung berichteten mehrere Lokalzeitungen und Online-Portale über die Auszeichnung und über die Dachdeckerei. „Das hat uns viel Bekanntheit verschafft“, sagt Philipp Arndt, „viele Kunden haben uns auf die Dachkrone und auf das Siegerprojekt, die Alte Post, angesprochen. Diese Bekanntheit hat sicher zu dem einen oder anderen Folgeauftrag geführt.“

Die Dachdeckerei Stahlmann wurde beim Deutschen Dachpreis 2022 in der Kategorie „Bestes Projekt“ für die Sanierung der Alten Post ausgezeichnet
Foto: Carsten Stork

Außerdem hat die Dachdeckerei Stahlmann beim Deutschen Dachpreis 2022 einen Gutschein über eine E-Ladesäule von Elexon gewonnen. „Den Gutschein haben wir schon eingelöst, die Ladestation für zwei Elektrofahrzeuge steht bei uns im Betrieb“, erklärt Alex Stahlmann. Das erste Elektrofahrzeug hat der Dachdeckerbetrieb bereits angeschafft, einen VW ID.3. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Firmengebäudes liefert den Strom für die E-Ladestation. Geplant wurde die Anlage von Enwired, einem Start-Up, das Alex Stahlmann gemeinsam mit Freunden gegründet hat.

Die Dachdeckerei Stahlmann will sich dieses Jahr erneut für den Deutschen Dachpreis bewerben und hat schon ein Projekt dafür im Blick: „Wir wollen nicht zu viel verraten, aber es wird wieder ein sehr besonderes Projekt sein“, sagt Alex Stahlmann mit einem Augenzwinkern.

Autor

Stephan Thomas ist Chefredakteur der Zeitschrift dach+ holzbau und Mitglied der Jury des Deutschen Dachpreises.

Wir haben die Dachdeckerei Stahlmann in Salzderhelden besucht und mit Markus und Alex Stahlmann sowie Dachdecker und Vorarbeiter Philipp Arndt über Tradition, Nachwuchssuche und die Auszeichnung des Betriebs mit dem Deutschen Dachpreis „Dachkrone“ gesprochen. Hier geht es zum vollständigen Interview!