Massivholz beim Bauhhof im Einsatz

Der Holzbau steht im privaten Sektor hoch im Kurs, beim gewerblichen Bauen gibt es dagegen noch Vorbehalte. Beim Bau eines Bauhofes setzten die Planer und Zimmerleute ein ausgefeiltes Konzept um und bewiesen dabei Mut – der mit einer Auszeichnung belohnt wurde.

Frickingen ist eine Gemeinde mit 3000 Einwohnern und liegt unweit des Bodensees. Erklärtes Ziel der Gemeinde war es, ihre Holzbaukultur auch mit dem neuen Bauhof weiterzuentwickeln. Zum Gemeindegebiet gehört viel Wald, der das Material für die beispielhaften öffentlichen Holzbauprojekte liefert. Neben dem Rathaus, der Feuerwache und der Mehrzweckhalle entstand nun der neue Bauhof der Gemeinde ebenfalls ganz in Holz. Und entgegen dem Motto vieler Gewerbetreibender, „Gewerbehallen müssen massiv sein und eine Blechfassade haben“, setzte sich ein Holzbaukonzept durch, das viele Vorteile vereinte.

Der bisherige Bauhof musste für die Erweiterung eines benachbarten Industriebetriebs kurzfristig aufgegeben werden. Für den neuen Bauhof stand ein ungünstig geschnittenes Restgrundstück im Gewerbegebiet an der Ortseinfahrt aus Richtung Überlingen zur Verfügung. Die Zwänge des Grundstücks führten von der für Bauhöfe üblichen gereihten Anlage zu einer Hallenlösung, die durch Platzierung im Süden des Grundstücks die Freifläche für einen großzügigen Werkhof im Norden schafft und den wichtigen Ortseingang eindeutig definiert.


Aus Zwang wird Inspiration

Das Thema Akustik steht exemplarisch für den Anspruch des Architekten Manfred Fetscher aus Illmensee, und seinen Umgang mit diversen Zwängen beim Entwurf für den Bauhof, aus denen ausgezeichnete funktionale und gestalterische Lösungen entstanden sind. Die Kosten waren auf 500 000 Euro begrenzt, das gemeindeeigene Restgrundstück vom Zuschnitt her und mit einem Torfboden nicht gerade idealer Baugrund. Außerdem ist der Bau am Ortseingang so etwas wie die Visitenkarte der Gemeinde. Darauf gab der Holzbau die Antwort: leicht, schön, schnell gebaut und, „wenn man die Kosten objektiv prüft, immer am wirtschaftlichsten“, wie der Architekt feststellt.

Um das Gebäude sollten befahrbare Flächen bleiben, deshalb war eine typische gereihte Anlage nicht möglich. Kurzerhand wurden einige Funktionen gestapelt und vor allem die Flächen im Gebäude für mehrere Nutzungen ausgewiesen – etwa die Durchfahrt in der Mitte des Gebäudes. Mit 6,50 m Breite entspricht sie einer zweispurigen Straße. Nachts stehen dort die Gemeindefahrzeuge, tagsüber wird die großzügige Fläche als Erweiterung der Werkstatt genutzt.

Im teilweise zweigeschossigen westlichen Holzkubus sind die eigentlichen Werkstätten, Büro und Sozialräume sowie ein temperiertes Lager untergebracht.

Ein 5 m breiter Bereich über dem Werkstatt- und Bürotrakt wird als Lagerfläche genutzt. östlich der Durchfahrt sind über den Lagerflächen für Kleinmaschinen auf 3 m Höhe Lignotrend-Akustikelemente als weitere Lagerebenen eingehängt. Sie können von der Durchfahrt aus bequem zum Be- und Entladen erreicht werden.


Konstruktion in Weißtanne

Minimaler Aufwand – das war der leitende Entwurfsgedanke für die gesamte Konstruktion, für das Tragwerk ebenso wie für die Fassade. Während die Fassade größtenteils aus rundherum vor die Konstruktion gehängten, in der Breite des Ausbaurasters von 2,50 m  vorgefertigten Holzpaneelen besteht (im Vergleich zu Metallverkleidungen viel unempfindlicher gegen Stöße), ist das Tragwerk etwas komplexer. Kern sind acht 42 cm dicke Baumstämme aus dem örtlichen Wald, die zweireihig im Abstand von 7,50 m in Fundamentköchern stecken. Diese sind 90 cm tief (statt 6 m tiefe Einzelfundamente) und mit der Bodenplatte verbunden, über die die Last auf den Torfgrund verteilt wird. Die Stämme stammen von Weißtannen, die einzige Holzart, die der Architekt beim Bau zuließ. Sie wurden im benachbarten Sägewerk exakt nach Bestellung des Architekten zugeschnitten, sodass sie von der ortsansässigen Zimmerei Löhle nur noch eingebaut und ausgerichtet werden mussten. Das Dach liegt als Kaltdach aus selbsttragenden Trapezblechen auf der Konstruktion auf. Über dem beheizten Teil sind sie mit einer mineralischen Antikondensatbeschichtung versehen, die auftretendes Tauwasser wirksam absorbiert.

Sowohl im Steil- als auch im Flachdach bilden die Brettsperrholz-Kastenelemente eine tragende und aussteifende Dachscheibe, die auf Wände aufgelegt wird. Insbesondere bei Großprojekten – wie beim Frickinger Bauhof – machen sich die ab Werk in die Elemente integrierten Funktionen wirtschaftlich bemerkbar: Aufwendige Über-Kopf-Arbeiten und teure Gerüste sind dadurch verzichtbar. 


Ist Akustik im Bauhof wirklich ein Thema?

Die im Gemeinderat über die Akustik geführte Diskussion führte zum Ergebnis, dass es sinnvoll ist, in einem verhältnismäßig lauten Werkstattbereich den Raumschallpegel durch den Einbau von schallabsorbierenden Deckenelemente möglichst stark zu senken, zumal der dafür notwendige geringe Mehraufwand im Budget untergebracht werden konnte.

Durch die Verwendung der tragenden Decken von Lignotrend wurde dem bei diesem Gebäudetypus, wie auch in Industrie- und Gewerbebauten, kaum beachteten Aspekt der Raumakustik Rechnung getragen, der den Nutzwert entscheidend verbessert und zudem die Gesundheit der Mitarbeiter schützt.

Die gemessene Nachhallzeit im Büro- und Werkstatttrakt liegt zwischen 0,6 und 1,0 Sekunden und ermöglicht ein ungestörtes Nebeneinander unterschiedlicher Nutzungen. Eine gute Entscheidung also: Die Mitarbeiter gehen gern arbeiten, weil die Umgebung sehr angenehm gestaltet ist und sie sich selbst in der lauten Metallwerkstatt gut verständigen können. “Wir haben den besten Bauhof“, heißt es stolz – und das sieht man: Er ist stets picobello aufgeräumt.

Die Massivholzdecken wurden von Lignotrend mitsamt Dämmung und Installationen passgenau vorgefertigt und geliefert. Als Brettsperrholz-Kastenelemente bestehen sie aus orthogonal zueinander verleimten Brettlagen und sind deshalb absolut formstabil. Durch die integrierte Fertigung beim Hersteller sind die Elemente wirtschaftlich: Sie sind industriell vorgefertigt, tragen als Geschossdecke und Dachscheibe, dämmen und absorbieren. In Verbindung mit den kurzen Montagezeiten konnte mit den hochleistungsfähigen Elementen das extrem niedere Budget eingehalten werden.

Bei den eingehängten Zwischendecken wurde für die Lärmpegelbegrenzung eine akustisch wirksame Untersicht in Leistenprofil gewählt, wie die Gesamtkonstruktion im hellen Holz der heimischen Weißtanne. Die Schlitze dienen der Schallabsorption und erlauben die Schallreduktion durch Hinterlegung mit einem Holzfaserabsorber. Auch optisch findet die Gestaltung Anklang: „So eine schöne Decke habe ich nicht mal in meiner Stube“, kommentierte ein Besucher.

Licht und Luft

Die mit Polycarbonat-Sechsstegplatten verkleidete Ostfassade, das zentrale Industrieoberlicht und die verglasten Tore sorgen für eine optimale Tageslichtausleuchtung.

In Verbindung mit den oberhalb 1,25 m verglasten Wänden des Werkstatt- und Sozialtrakts sorgen sie für eine helle, angenehme Arbeitsatmosphäre und eine optimale Übersichtlichkeit durch alle Bereiche bis in den Werkhof.

Angesichts der feststehenden Verglasungselemente und des Oberlichts forderten die Mitarbeiter, einen Sonnenschutz anzubringen – was das Gestaltungskonzept des Architekten gekippt hätte. Also konzipierte er gegen sommerliche Aufheizung eine Thermosiphonlüftung: Nachts und vormittags strömt auf der Westseite durch Klappen über den Türen kühle Luft ins und durchs Gebäude und tritt an Öffnungen im zentralen Industrieoberlicht wieder aus. Das Konzept funktioniert: Es wird nachweislich nicht zu warm.

Auf dem Trapez-Blechdach wurde eine Bürger-PV-Anlage mit 30 kWp installiert. Der Werkstatt- und Sozialtrakt wird über eine Betonkernaktivierung beheizt, die wie alle öffentlichen Gebäude in Frickingen sowie zwei Wohnsiedlungen von der Waldhackschnitzelzentrale versorgt werden. Das gesamte Regenwasser versickert über im Randstreifen zwischen Gebäude und Straße integrierten Retentionsmulden.


Autorin


Dagmar Ruhnau ist Architekturjournalistin und schreibt über Holzbau, Bauphysik und Energiethemen.

Die Massivholzdecken wurden mitsamt Dämmung und Installationen passgenau vorgefertigt und geliefert

Ausgezeichnetes Projekt

Hochwertige Architektur mit konstruktivem Anspruch war gefragt beim Architekturwettbewerb von Lignotrend. 25 ganz unterschiedliche Projekte wurden eingereicht, die exemplarisch den souveränen Umgang mit dem Massivholzbau-System des Herstellers demonstrieren. Vier Projekte wurden ausgezeichnet, davon der Bauhof in Frickingen, entworfen vom Architekturbüro Fetscher in Illmensee.

Das Urteil der Jury lautete: „Die Architektur des Bauhofs wirkt selbstverständlich, ist sehr angemessen, unprätentiös und schlicht. Die räumliche Aufteilung entwickelt sich aus der Funktion, alle Räume sind direkt erreichbar. Der Bau strahlt durch das Material Holz angenehme Wärme aus. Das überall vorhandene Tageslicht trägt ebenfalls zur Aufenthalts- und Arbeitsplatzqualität bei.“

Bautafel (Auswahl) 

Objekt Bauhof Frickingen

Bauherr Gemeinde Frickingen, 88699 Frickingen / Bodenseekreis

Architekten (Generalplanung) Manfred Fetscher, Architekt BDB/BDA, 88636 Illmensee

Zimmererarbeiten Löhle Holzbau GmbH, 88699 Frickingen

Fachplaner für Tragwerksplanung Ingenieurbüro Rolf Bernauer, 88662 Überlingen

Planungszeit bis Fertigstellung 2 Jahre

Akustik Lignotrend-Akustikelemente aus Weißtanne

Investitionssumme 693 000 Euro, Kostengruppen 1 bis 6 (netto)

Bruttorauminhalt 5240 m³

Nettogeschossfläche 1057 m²

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