Holzrahmenbau mit Augmented-Reality-Brille
Digitale Anwendung für den Holzrahmenbau soll Papierpläne überflüssig machenMit einer neuen, digitalen Anwendung von Woodtec Fankhauser sollen Papierpläne im Holzrahmenbau überflüssig werden. Dabei werden Bauteile, Maße und Bauteilnummern in Echtgröße in einer Augmented-Reality-Brille angezeigt. Wir haben mit Benjamin Fankhauser über das System gesprochen.
dach+holzbau: Herr Fankhauser, wie genau funktioniert Ihre neue, digitale Anwendung für Zimmereien?
Mit der „woodtec AR Utility“ kann man komplett auf das Ausdrucken von Papierplänen verzichten und hat die Informationen für die Vorfertigung im Holzrahmenbau immer dort, wo man sie gerade braucht. Der Zimmerer oder die Zimmerin sieht alle wichtigen Angaben für die Vorfertigung eins zu eins in einer Augmented-Reality (AR)-Brille abgebildet. So spart er sich beispielsweise Zeit beim Auslegen des Rahmens. Sobald er einen Holzständer in die Hand nimmt, wird die Bauteilnummer erkannt und die Brille zeigt ihm, wo auf dem Montagetisch das Bauteil platziert werden muss. Alle Maßzahlen werden ebenfalls eingeblendet. Beim Festklammern der Beplankung auf dem Rahmen spart man ebenfalls Zeit. Das war auch die ursprüngliche Hauptanwendung der AR-Brille, denn damit sieht man, wo sich der Holzrahmen unter den Platten versteckt. So kann man die Platten auf dem Rahmen festklammern, ohne die Position der Ständer ausmessen und anzeichnen zu müssen. Ganz wichtig dabei ist auch die Qualitätskontrolle. Da man das ganze Element inklusive aller Maße im Display der AR-Brille sieht, sind viele Fehlerquellen automatisch reduziert.
Wie kompliziert ist die Bedienung des Systems und muss man dafür technisch sehr affin sein?
Nein, im Gegenteil, gerade Lehrlinge oder ungelernte Mitarbeiter werden mit unserer Anwendung besser durch den Fertigungsprozess geleitet. In diesem Sinne ist das System eine Antwort auf den immer größer werdenden Fachkräftemangel, um einerseits den Nachwuchs begeistern zu können und andererseits Personal von anderen Branchen abwerben und einsetzen zu können.
Sie haben das System im vergangenen Jahr auf Fachmessen vorgestellt. Wie war die Resonanz?
Es gab, wie erwartet, sehr viele Neugierige, die das Headset rein interessehalber ausprobieren wollten. Zu unserem Erstaunen teilten fast alle unsere Überzeugung, dass das die Zukunft für den Holzbau sein wird. Auch wenn es noch ein paar Jahre dauern könnte, es gab sehr wenige, die am Zukunfspotential der Lösung gezweifelt haben. Dazu kam im Herbst 2022 die Auszeichnung mit dem ersten Platz bei den „Best of Swiss Apps“-Awards in der Kategorie „Extended Reality“. Das hat uns bestätigt, dass wir mit der Entwicklung den richtigen Pfad eingeschlagen haben.
Wird das System schon in Zimmereien eingesetzt?
Wir sind eigentlich erst seit Ende 2022 mit der App am Markt, aber die ersten Headsets sind bei unseren „Power Usern“ schon seit über einem Jahr im Einsatz. Die Mitarbeiter wollten die Augmented-Reality-Brillen nach der Testphase gar nicht mehr zurückgeben und arbeiten seither ganz ohne Papierplan in der Vorfertigung. Die letzten zehn Monate haben wirklich gezeigt, dass die anfänglichen Bedenken hinsichtlich des Gewichts der Brille sowie ihrer Staub- und technischen Anfälligkeit unbegründet waren. Das System ist so funktionsstark, dass zwischenzeitlich schon ganz viele neue Ideen zusammen gekommen sind, die wir in einer Version 2.0 umsetzen werden. Diese wird Anfang diesen Jahres erhältlich sein.
Um Ihre App zu nutzen, benötigt man die AR-Brille „Hololens 2“ von Microsoft , die nicht gerade zur Standardausstattung in Handwerksbetrieben gehört. Lohnt sich denn die Investition in so eine AR-Brille?
Bei Bürofachkräften hat sich in den vergangenen Jahren gut gezeigt, dass man mit einer gewissen Investition in digitale Hilfsmittel pro Mitarbeiter nochmals viel Effizienz herausholen kann. Ich denke, mit der „Hololens 2“ von Microsoft sind wir so weit, dass sich das auch bei den Handwerkern klar zeigen wird. Wie der Projektleiter sein Tablet-PC mit Direktzugriff auf den Server braucht, wird der Zimmermann in Zukunft seine AR-Brille haben.
Können Betriebe Ihre App vor dem Kauf testen?
Ja, sicher! Ganz wichtig ist, die Mitarbeiter im Vorhinein mit Videos und Informationen mit der Brille vertraut zu machen. In einem weiteren Schritt können sie beim Ausprobieren schon mal einen Eindruck davon gewinnen, wie es ist, mit dem Gerät zu arbeiten. Dann wählt man ein gemeinsames Projekt und kann bei uns die Headsets leihweise erhalten. So kann man die Augmented-Reality-Anwendung im alltäglichen Gebrauch erleben, bevor man sich für einen Kauf entscheidet. Das wichtigste ist dabei wirklich, dass die Mitarbeiter von Anfang an davon begeistert werden können. Sie müssen ja schließlich den ganzen Tag damit arbeiten.
Soll Ihre App auch in Aus- und Weiterbildungszentren eingesetzt werden?
Auf jeden Fall! Mit einigen stehen wir bereits im Kontakt, alle anderen sollten unbedingt bei Interesse bei uns anfragen. Da wir ja eigentlich nicht aus der Software-Entwicklung kommen, war der Einstieg in die AR für uns Maschinenhersteller eigentlich eine komplett neue Sparte. Ein wichtiger Beweggrund dabei war, den Holzbau attraktiv und modern zu gestalten und entsprechend junge Leute begeistern zu können. Gerade Berufsbildungszentren spielen da eine zentrale Rolle und können das System deshalb zum Selbstkostenpreis beziehen.
Herr Fankhauser, danke für das Gespräch!
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