EPDM-Dachabdichtungen in der Praxis
EPDM-Dachbahnen (EPDM steht für Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk) werden für Anwendungen beim Abdichten von Dächern, aber auch für andere Bauteilabdichtungen eingesetzt. Der Beitrag beleuchtet die Erfordernisse für einen fachgerechten und regelkonformen Gesamtaufbau von Dachkonstruktionen.
Für die Ausbildung von Dachabdichtungen stehen den am Baugeschehen Beteiligten eine Reihe von Stoffen – sowohl als Bahnenware als auch in flüssig zu verarbeitender Form – zur Verfügung. Dabei ist hinsichtlich ihrer stofflichen Eigenschaften, der Anwendungsgrundsätze und konstruktiven Einbaubedingungen ein umfangreiches technisches Regelwerk, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene, zu beachten. Korrelierend mit diesen Fachregeln sind weitere Randbedingungen für einen funktionalen und regelgerechten Gesamtaufbau von Dachkonstruktionen zu berücksichtigen.
Hierbei sind folgende Schwerpunkte zu nennen:
Einordnung in das technische Regelwerk
Nachfolgend soll zunächst die Einordnung von EPDM-Dichtungsbahnen in das technische Regelwerk näher beschrieben werden. Daraus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten für den Einsatz im Bereich von Flachdächern. Abschließend sollen am Beispiel spezieller EPDM-Materialtypen deren Besonderheiten skizziert werden.
Zunächst muss für jede einzelne EPDM-Dichtungsbahn im Rahmen einer europäischen Zertifizierung nach EN 13956 die Grundlage für das Inverkehrbringen geschaffen werden. Zusammen mit der CE-Kennzeichnung werden vom Hersteller mit der CE-Leistungserklärung die Eigenschaften des Bauproduktes deklariert. Die CE-Kennzeichnung gilt zwar in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Sie beinhaltet aber keine Angaben für konkrete Anwendungsbedingungen des Bauproduktes, da ihre Verwendung national geregelt wird. In Deutschland werden die anwendungsbezogenen Anforderungen für die Verwendung in Dachabdichtungen in der DIN SPEC 20000-201 festgelegt. Diese Norm ordnet den Produkten Bezeichnungen und Kurzzeichen zu. Konkrete Anforderungen, Planungsgrundsätze, Angaben zur Bemessung und Verarbeitung der Stoffe sowie zur Ausführung der Dachabdichtungen werden innerhalb der Konstruktionsnorm DIN 18531 geregelt. Nach Verabschiedung einer neuen Fassung dieser Norm werden nunmehr neben den nicht genutzten Dächern auch genutzte Dächer sowie Balkone, Loggien und Laubengänge erfasst. Zum technischen Regelwerk gehört ferner die Fachregel für Abdichtungen (Flachdachrichtlinie), aufgestellt und herausgegeben vom Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks. Darüber hinaus können auch Herstellervorschriften, die werkstoffspezifische Regelungen darstellen, den Status der allgemein anerkannten Regeln der Technik erlangen.
Unterschiedliche Bahnen
Entsprechend des aufgeführten Regelwerkes gehören EPDM-Dichtungsbahnen zur Werkstoffgruppe der einlagig zu verlegenden Kunststoff- und Elastomerbahnen. Hinsichtlich ihres Bahnenquerschnittes stehen homogene Bahnen, Bahnen mit innen liegender Verstärkung und Bahnen mit unterseitiger Polymerbitumenbeschichtung oder Kaschierung zur Verfügung. Möglich ist auch die zusätzliche, werkseitige Ausrüstung mit einer unterseitigen Selbstklebeschicht. Die materialspezifischen Mindestdicken richten sich nach dem geplanten Anwendungszweck und der daraus abzuleitenden Anwendungsklasse. Innerhalb DIN 18531 wird neben der Standardausführung der Anwendungsklasse K1 eine höherwertige Ausführung der Anwendungsklasse K2 definiert. Für die Kategorie K2 wird neben konstruktiver Zusatzmaßnahmen innerhalb des Dachaufbaus eine höhere Bahnendicke gefordert.
EPDM-Dichtungsbahnen können in folgenden Einbauverfahren verwendet werden.
Im Bereich von genutzten Dächern können sie in Verbindung mit geeigneten Schutzlagen/-schichten unter allen üblichen Nutzschichten angeordnet werden, bei Nachweis der Wurzelfestigkeit nach FLL oder DIN EN 13948 ebenfalls für alle Dachbegrünungen.
Werkstoffliche und verlegetechnische Beschreibung
Kunststoff- und Elastomerbahnen werden synthetisch hergestellt und aufgrund ihrer hervorragenden technischen Eigenschaften, wie Zugfestigkeit bei gleichzeitiger Flexibilität und Dehnvermögen, einlagig verlegt.
Allerdings gibt es auch entscheidende Unterschiede zwischen beiden Werkstoffuntergruppen. Thermoplastische Kunststoffe sind aus wenig oder nicht verzweigten, also linearen Kohlenstoffketten aufgebaut, die nur durch schwache physikalische Bindungen miteinander verbunden sind. Sie sind deshalb in einem bestimmten Temperaturbereich verformbar und untereinander verschweißbar.
Elastomere bestehen aus geknäulten Polymerketten, die auf eine Zugbelastung mit einer Streckung beziehungsweise Entflechtung der Ketten reagieren. Nach Abfall der Zugbelastung relaxieren die Ketten wieder in ihren knäuelartigen Zustand zurück. Dieses gummielastische Verhalten wird ohne Zugabe von Weichmachern erreicht. Ein späterer Materialschrumpf durch Weichmacherverluste kann also ausgeschlossen werden. Daraus resultiert eine außergewöhnlich hohe Dehnfähigkeit. Die spezifische Molekularstruktur verhindert jedoch zugleich eine Verformbarkeit und Verschweißbarkeit unter Wärmeeinwirkung. Diese Besonderheiten müssen beim Aufbau der Bahnen und deren Nahtfügetechniken berücksichtigt werden. Für die Anwendung als Dachabdichtung haben sich innerhalb der letzten 5 Jahrzehnte Elastomerbahnen auf Basis des Kautschuktyps EPDM bewährt sowie durchgesetzt. Sie sind zusätzlich bei Einwirkung aller üblichen Witterungseinflüsse über mehrere Jahrzehnte sehr alterungsbeständig.
Spezielle Materialtypen
Die nachfolgend beschriebenen EPDM-Dichtungsbahnen erfüllen die oben aufgeführten, allgemeinen Anforderungen nach dem technischen Regelwerk und bieten alle bekannten Vorzüge des Werkstoffes EPDM, wie dauerelastisches Verhalten in Verbindung mit hoher Alterungs- beziehungsweise Witterungsbeständigkeit. Sie weisen jedoch Besonderheiten auf, die hervorgehoben werden sollen.
Oben EPDM, unten Polymerbitumen
„Resitrix“-Dichtungsbahnen des Herstellers Carlisle haben eine oberseitige Schicht auf Basis des Synthesekautschuks EPDM mit einer Dicke von 1,6 mm und eine Verstärkungseinlage aus Glasgelege. Auf der Unterseite sind sie mit Polymerbitumen oder selbstklebendem Polymerbitumen beschichtet. Mit Gesamtbahnendicken von 2,5 bis 3,1 mm bieten sie eine hohe Hagelschlagsicherheit. Die selbstklebende Variante hat den FLL-Nachweis der Wurzelfestigkeit und kann unter allen Dachbegrünungen eingesetzt werden. Zudem ermöglicht sie die windsogsichere Verlegung nicht nur auf allen üblichen Dämmstoffen und Tragschichten, sondern kann im Sanierungsbereich auf alten Bitumendächern und einer Reihe von Kunststofftypen direkt verklebt werden. Alle Längs- und Quernähte werden mit Heißluft verschweißt. Da die unterseitige Polymerbitumen- beziehungsweise Selbstklebeschicht stets in diese Nahtverschweißung eingebunden wird, können die Bahnen an allen Stellen miteinander verschweißt werden. Es existieren also keine speziellen, durch die Bahnengeometrie vorgegebenen Fügebereiche. Die Breite von separaten Streifen ergibt sich ausschließlich aus den jeweiligen individuellen konstruktiven Bedingungen und ist nicht auf einzelne verfügbare Maße beschränkt. Einen weiteren hervorzuhebenden Verlegevorteil bietet das enorm große Schweißfenster. Das bedeutet, dass die Nahtfügung nicht an eine konstante Schweißtemperatur gebunden ist. In der Praxis wird mit der maximal einstellbaren Heizeinstellung gefahren. Der Austritt einer gleichmäßigen Schweißraupe dient neben der notwendigen Schweißbreite als alleinige Kontrolle beziehungsweise als Nachweis für die fachgerechte Ausführung der Nahtfügung. Die Einbeziehung der unterseitigen Schicht in die Schweißnaht hat zudem zur Folge, dass keinerlei Zusatzmaßnahmen im Bereich von T-Stößen, wie Abschrägen der Bahnenkanten, erforderlich sind. Die Ausbildung von An- und Abschlüssen erfolgt in der Regel mit separaten, selbstklebenden Anschlusstreifen. Zusätzliche Verbundbleche sind nicht erforderlich.
Per Induktion befestigt
Eine weitere EPDM-Variante stellen großflächige Planen aus homogenem Material von Carlisle mit der Bezeichnung „Hertalan Easy Cover“ dar. Mit der Anfertigung maßgeschneiderter, an die Dachgeometrie angepasster Planen wird die Anzahl notwendiger Baustellen-Fügenähte minimiert. Wurden früher Planen ausschließlich lose mit Auflast verlegt, können diese Typen auch auf den jeweiligen Untergrund aufgeklebt oder mechanisch im Induktionsverfahren befestigt werden. Dabei werden die Einzelbefestiger gleichmäßig über die gesamte Dachfläche verteilt und nicht linear innerhalb der Bahnenüberlappungen angeordnet. Außerdem entfällt die Perforation der Abdichtung durch die Befestigungsschrauben, da die Unterseite der EPDM-Plane direkt mit den vorher zu setzenden Haltetellern thermisch verschmilzt. Im Bereich von An- und Abschlüssen können die großflächigen Planen ohne Unterbrechung weiter- beziehungsweise hochgeführt werden. Die wannenförmige Ausbildung erspart die Anordnung separater Anschlussstreifen.
Zusammenfassung
Elastomere Dichtungsbahnen auf Basis des Synthesekautschuks EPDM werden auf europäischer Ebene zertifiziert und sind Bestandteil des umfassenden technischen Regelwerkes in Deutschland. Auf Grund ihrer besonderen gummielastischen Eigenschaften im Zusammenwirken mit vielfältigen Verlegemöglichkeiten gewinnt ihr Einsatz für die Abdichtung von nicht genutzten, begehbaren und begrünten Dächern zunehmend an Bedeutung. Darüber hinaus bietet der Markt spezielle Formen an, die alle Normwerte erfüllen und zusätzliche, insbesondere verlegetechnische, Vorteile besitzen.
AutorDipl.-Ing. Roland Fritsch ist Beratungsingenieur in der Anwendungstechnik von Carlisle CM Europe in Hamburg und Mitarbeiter in mehreren DIN-Ausschüssen.
EPDM-Bahnen gehören zur Gruppe der einlagig zu verlegenden Kunststoff- und Elastomerbahnen