Eine Perle aus Holz

Die Geroldsauer Mühle bei Baden-Baden – auch das „Tor zum Schwarzwald“ genannt – wurde komplett aus heimischer Weisstanne errichtet. 350 m3 Bauholz und 2500 m2 Holzfaserdämmstoffe sind verbaut worden. Regionale Produkte wurden bevorzugt, und auch die Handwerker kamen aus der Region.

Baden-Baden ist von einer wunderbaren Landschaft umgeben. Verlässt man das pittoreske Stadtzentrum in Richtung Norden, ist man sogleich Mitten in der Schwarzwälder Natur. Nach wenigen Minuten trifft man hinter einer Kurve völlig unerwartet auf die Geroldsauer Mühle. Sie ist – so wird behauptet – das wohl größte existierende Gebäude aus Weisstanne überhaupt, zumindest aber im Schwarzwald, und zieht ihre Besucher sofort in ihren Bann.

Im Eingangsbereich findet sich viel Glas, im rechten Gebäudeteil empfängt der „Markt“ die Besucher mit Kuchen und frischgebackenen Broten. Zudem gibt es eine große Auswahl an Gemüse, Wein und Fleisch aus der Region. Der direkte Bezug zur näheren Umgebung findet sich auch auf der Speisekarte des Gasthauses und in der Ausstellung zum Nationalpark Schwarzwald. Das Angebot der Geroldsauer Mühle wird mit Fest- und Seminarräumen sowie Hotelzimmern abgerundet.

Investition  in neue Abbundanlage

Das Projekt Geroldsauer Mühle startete im Jahr 2013. Martin Weingärtner griff die Idee des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord für einen Naturpark-Markt auf, kaufte das Gelände der verfallenen alten Mühle und begann zusammen mit seinem Bruder (gleichzeitig Zimmermeister) Roland Weingärtner die Planung. Noch im selben Jahr wurden die erforderlichen 700 Festmeter Weißtannenholz nach dem Mondkalender in den nahen Waldgebieten geschlagen. Über den Winter konnte das auf Rohmass zugeschnittene Holz lufttrocknen, bevor es dann im Frühjahr kammergetrocknet und durch das Unternehmen von Roland Weingärtner abgebunden wurde. Um diese enorme Menge von 12 500 Laufmeter Holz bearbeiten zu können, hat Weingärtner Holzbau eigens in eine Abbundanlage investiert. Ins Auge gefasst hatte der Zimmermeister die Anlage schon lange, das Großprojekt war dann der willkommene Anlass, für den Kauf einer „WBS 140“ von Weinmann. Für diese Maschine sprach, dass sie die maßgeschneiderte Lösung für den Zimmereibetrieb ist: Mit einem 5-Achs-Aggregat und 8-fach Werkzeugwechsler ausgestattet, konnte der Großteil des Abbunds auf  der Maschine abgearbeitet werden. Das Holzvolumen von 350 m3 entspricht dabei der Menge Bauholz, die für den Bau von ungefähr 100 Einfamilienhäuser gebraucht würden.

Modernste Bauweise – mit Holz

Nach der Baubewilligung im Frühjahr 2014 konnten die Bauarbeiten beginnen. Roland Weingärtner und seine Mitarbeiter errichteten das Gebäude auf einer Stahlbetonplatte in drei Bauabschnitten. Der rechte Gebäudeteil wurde als erstes in Angriff genommen, anschließend folgte der linke Flügel und zuletzt wurde der große Eingangsbereich aufgerichtet, welcher die zwei Gebäudeteile verbindet. Sämtliche Außenwandelemente wurden im Betrieb in Holzrahmenbauweise vorgefertigt. Die 16 cm starken Ständer wurden mit Zellulosedämmung ausgeblasen. Die Aussteifung der Konstruktion übernehmen die 15 mm starken OSB-Platten auf der Innenseite. Die Platten sind luftdicht abgeklebt und bilden damit die Luftdichtigkeitsebene. Auf der Außenseite wurde die Holzfaserplatte „Pavatherm-Profil“ in einem Sonderformat von 1800 mm x 600 mm x 60 mm montiert. Die Platten aus Holzfaserdämmstoff dienen als wasserableitende Schicht und tragen gleichzeitig zur Dämmung der Außenwand bei. Auf der Baustelle wurden abschließend die ebenfalls vorgefertigten Fassadenverkleidungen aus Weißtanne über einer drei Zentimeter starken Hinterlüftungsebene angebracht. Für sämtliche Arbeiten wurden ausschließlich Handwerker aus der Region beauftragt.

Zuverlässige und leistungsstarke Dachkonstruktion

Für das schöne Ambiente im Dachgeschoss sorgen die Sichtsparren und eine darüber liegende Schalung aus Weißtanne. Als Luftdichtheitsschicht wurde eine diffusionsoffene Dachschalungsbahn verlegt, die 16 cm starken Sparren wurden ausgeflockt. Direkt auf den Sparren liegen die Holzfaserplatten „Pavatherm-Plus“ in einer Dicke von 100 mm. Diese Dämmelemente übernehmen die Funktion der Unterdeckung und schützen das Gebäude zuverlässig vor sämtlichen Witterungseinflüssen. Dank der hohen Masse gewährleisten die Holzfaserplatten neben einem guten Kälteschutz auch einen hervorragenden Hitze- und Schallschutz. Darüber hinaus sorgt die Diffusionsoffenheit der Dämmstoffe für eine hohe bauphysikalische Sicherheit: Feuchtigkeit, die beispielsweise aufgrund von Kondensation oder kleinen Fehlern in der Luftdichtheitsebene in das Bauteil gelangt ist, kann von den Holzweichfaserplatten zwischengespeichert und schließlich wieder nach innen respektive nach außen abgegeben werden. Dieser Dämmstoff verzeiht also Fehler. „Es hat alles prima gepasst“, sagt Roland Weingärtner zur Zusammenarbeit mit dem Dämmstoffhersteller und zeigt sich sehr zufrieden.

Nachhaltig bis ins Detail

Die Holzfaserdämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen passen ideal zum Nachhaltigkeits-Konzept der Geroldsauer Mühle. Die Platten werden aus Restholz von Sägereien hergestellt, beinhalten keinerlei Schadstoffe und können am Ende ihrer Lebensdauer zur Wärmegewinnung „thermisch verwertet“ (also verbrannt) oder sogar kompostiert werden. Mit der Photovoltaik-Anlage auf der Südseite des Daches ist auch die Energieversorgung der Geroldsauer Mühle – zumindest rein rechnerisch – gewährleistet: Die Kalkulation sieht vor, dass die PV-Anlage 29 000 kWh an elektrischer Energie produziert, wovon voraussichtlich 83 Prozent für den Eigengebrauch benötigt werden. Der Rest wird ins Stromnetz eingespeist.

Ein voller Erfolg

Nur etwa vierzehn Monate haben die Bauarbeiten ab der Grundsteinlegung gedauert. Am 22. August 2015 fand die feierliche Eröffnung der Geroldsauer Mühle statt. Sowohl Martin wie auch Roland Weingärtner sind sehr zufrieden mit dem Bauablauf. Trotz zum Teil schwieriger Wetterverhältnisse wurde der Zeitplan eingehalten.

Autorin
Nadja Riedweg ist Abteilungsleiterin „Kommunikation & CRM“ bei Pavatex im Schweizerischen Fribourg.

Mit der Menge an Bauholz hätten auch 100 Einfamilienhäuser gebaut werden können

700 Festmeter Mondholz wurden geschlagen und über den Winter vorgetrocknet

Bautafel (Auswahl)

Projekt Neubau Geroldsauer Mühle,

76534 Baden-Baden

Bauherrschaft Martin Weingärtner

Holzbauarbeiten  Weingärtner Holzbau, Roland Weingärtner, 76534 Baden-Baden

Bauweise Holzrahmenbau, Zellulosedämmung, Holzfaserdämmung

Bauzeit 2014 bis 2015

Dämmprodukte Dach „Pavatherm-Plus“, 100 mm, Wand: „Pavatherm-Profil“, 60 mm, Pavatex Deutschland, www.pavatex.de

Abbund „WBS 140“, Holzbausystemtechnik GmbH, www.weinmann-partner.com

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