Unternehmensporträt

Eine neue Generation im Handwerk

Die Dach- und Holzbauwerke Dämgen GmbH aus Mainz

Gründer, Unternehmer, Coach, IT-Administrator: Jonas Dämgen erfüllt viele Rollen bei der Dach- und Holzbauwerke Dämgen GmbH in Mainz. Sein Betrieb strahlt einen hohen Spaßfaktor aus – doch viel interessanter sind die ehrlichen und nachdenklich stimmenden Einblicke in die Gründung des Unternehmens.

Schaut man sich den Film an, für den die Firma Dämgen bei der „Dachkrone“ im Vorjahr einen Sonderpreis für das „Beste Comedy-Video“ erhalten hat, stellt man fest: An Jonas Dämgen ist ein Schauspieler verloren gegangen. Im Video trägt der Geschäftsführer eines Dachdeckerbetriebs in Mainz einen Anzug, fährt Sportwagen, kraxelt unbeholfen über die Baustelle und lässt keine Gelegenheit für Fremdscham aus. Und die Realität? Auf die Einstiegsfrage holt Jonas Dämgen weit aus und gibt tiefe Einblicke in die Gründung seines Unternehmens.

Jonas_Daemgen-Baustelle-Seiberbach_hochkant_18.jpg Dachdeckermeister Jonas Dämgen gründete seinen Dachdeckerbetrieb in Mainz 2019
Foto: Dach- und Holzbauwerke Dämgen GmbH

Dachdeckermeister Jonas Dämgen gründete seinen Dachdeckerbetrieb in Mainz 2019
Foto: Dach- und Holzbauwerke Dämgen GmbH
Jonas Dämgen, Dachdeckermeister und Sohn eines Dachdeckers, gründete 2019 als Einzelunternehmer seinen Betrieb in Mainz. Heute beschäftigt die Dach- und Holzbauwerke Dämgen GmbH über 30 Mitarbeitende. Der Weg bis dahin war jedoch alles andere als einfach: Businesspläne, Gespräche mit der Wirtschaftsprüfung, Besuche bei Notaren, Amtsgerichten, das wochenlange Warten bis zur Eintragung ins Handelsregister – die Liste der einzelnen Schritte, die Jonas Dämgen bewältigen musste, ist lang. Rund 30 000 Euro hätten ihn Beratungen auf dem Weg zur Gründung seiner GmbH gekostet. „Dieses ganze Wissen sollte allen zugänglich sein. Es kann nicht sein, dass man erst tausende von Euros investieren muss, um an Informationen ranzukommen, die uns allen zustehen“, sagt Dämgen. „Die Prozesse bei der Gründung eines Unternehmens sind herausfordernd“, weiß er heute. Betriebswirtschaftslehre, Steuerrecht sowie Management seien Themen, die in der Meisterschule seiner Meinung nach viel zu kurz kämen.

Zwischen Tradition und Moderne

Während seiner Ausbildung an unterschiedlichen Standorten in Deutschland hat Jonas Dämgen das klassische Dachdeckerhandwerk erlernt. Steildächer, insbesondere Schieferdächer sind sein Lieblingsgebiet. Das Leistungsspektrum seines Betriebs ist vielfältig und reicht von Flachdächern, Steildächern und Neubauten über energetische Sanierungen, Einblasdämmungen, Holzbauarbeiten bis hin zur Installation von PV-Anlagen. Bei den Flachdächern werden gezielt nur Foliendächer umgesetzt – Bitumendächer kommen für Jonas Dämgen auch aus umwelttechnischen Aspekten nicht in Frage. Vor Kurzem hat er außerdem das Unternehmen seines Vaters aufgekauft, das sich auf Stehfalzdächer spezialisiert hat.

In Köln sanierte die Firma Dämgen die Flachdachflächen eines Wohn- und Bürokomplexes und erstellte auf einer der Dachflächen eine Terrasse mit Holzböden und Fliesenbelag
Foto: Dach- und Holzbauwerke Dämgen GmbH

In Köln sanierte die Firma Dämgen die Flachdachflächen eines Wohn- und Bürokomplexes und erstellte auf einer der Dachflächen eine Terrasse mit Holzböden und Fliesenbelag
Foto: Dach- und Holzbauwerke Dämgen GmbH

Eine kleine Auswahl an Projekten zeigt, wie breit der Handwerksbetrieb von Jonas Dämgen aufgestellt ist: Vor vier Jahren reparierte seine Firma auf den Dächern der Gutleut-Kaserne in Frankfurt Fehlstellen auf rund 50 000 m² Dachfläche, davon 3000 m² Schieferdächer. Bei einem Wohn- und Bürokomplex in Köln mit rund 900 m² Fläche übernahm die Firma sowohl die Flachdachsanierung als auch die Einrichtung der Baustellenlogistik inklusive Gerüstbau, Baustellenaufzug, Container und Entsorgung. Die Flachdachflächen wurden bis auf die Dampfsperre zurückgebaut und mit einem Foliendach neu abgedichtet, das anschließend bekiest wurde. Zudem wurde eine neue Terrasse mit Holzböden und Fliesenbelag einschließlich der Absturzsicherungen errichtet.

Die Firma Dämgen führt regelmäßig Steildachsanierungen mit Aufsparrendämmung durch. Vor kurzem wurden die Dächer von sechs Mehrfamilienhäusern in Wörrstadt hin zum Effizienzhausstandard saniert  
Foto: Dach- und Holzbauwerke Dämgen GmbH

Die Firma Dämgen führt regelmäßig Steildachsanierungen mit Aufsparrendämmung durch. Vor kurzem wurden die Dächer von sechs Mehrfamilienhäusern in Wörrstadt hin zum Effizienzhausstandard saniert  
Foto: Dach- und Holzbauwerke Dämgen GmbH
In Wörrstadt hat der Betrieb jüngst die Steildächer von sechs Mehrfamilienhäusern hin zum Effizienzhausstandard saniert. Der Dachstuhl wurde mit innenseitig sichtbaren Dreischichtplatten beplankt, zahlreiche Dachfenster kamen neu hinzu und eine PV-Anlage wurde auf den rund 800 m² Dachfläche neu installiert. Gedämmt wurden die Steildächer mit den PU-Dämmplatten „Bauder Eco“, bei denen laut Hersteller mittlerweile 80 Prozent Biomasse im Herstellungsprozess eingesetzt werden.

Cloudbasiertes Arbeiten

Um ein solides Angebot erstellen zu können, greift Jonas Dämgen auf digitale Technik zurück. Der Einsatz von Drohnen für die Erfassung von Dachschäden, aber auch von dreidimensionalen, digitalen Aufmaßen ist für den Handwerksbetrieb Standard. Kommt eine Beauftragung nach der Angebotserstellung zustande, verrechnet Dämgen die Kosten für das Aufmaß und die Analyse mit den Baukosten. Auch anderen Dachdeckerbetrieben wird das Aufmaß mit Drohnen ange­boten. Den Anfang machte der junge Unternehmer damals mit einem Testkunden, der sich auf das Experiment der digitalen Zustandserfassung einließ. Seitdem arbeitet Jonas Dämgen vorwiegend mit der Firma Airteam für die digitale Projekterfassung. Intern im Betrieb werden sämtliche Daten cloudbasiert abgelegt. Die Raumzugänge und die Lohnabrechnung im Betrieb erfolgen digital, die Mitarbeitenden haben außerdem alle einen Drohnenführerschein. Für dieses Jahr ist die Einrichtung eines firmeneigenen Intranets und einer eigenen App zur Datenerfassung der Arbeitsschritte anvisiert. Aktuell läuft die Stundenerfassung über die Handwerkssoftware „Plancraft“, über die Bilder, Nachrichten und somit Informationen über den Fortgang der Arbeiten im Team verschickt werden können.

Gute Kommunikation, korrekter Umgangston

Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sieht Jonas Dämgen auch als Schützlinge, für die er sich einsetzt, denn der Umgangston im Baugewerbe kann ziemlich rau und manches Mal unter der Gürtellinie sein. Dämgen achtet daher auf einen guten Umgang sowohl mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch innerhalb des Teams. Wenn ihm die Wortwahl seiner Mitarbeiter missfällt, handelt er: „Manchmal gehen einem beim Arbeiten Worte über die Lippen, die man nicht so meint. Wenn Begriffe benutzt werden, die nicht korrekt sind, dann spreche ich das an. ‚Gewaltfreie Kommunikation‘ ist mir wichtig. Es gibt bei mir nur eine Ausnahme: Wer die AfD wählt, der kann direkt den Betrieb verlassen.“

Tischtennisduelle im Betrieb und Freundschaften, die innerhalb des Teams entstanden sind – all das bewirkt, dass die Mitarbeitenden sich im Betrieb wohlfühlen
Foto: Dach- und Holzbauwerke Dämgen GmbH

Tischtennisduelle im Betrieb und Freundschaften, die innerhalb des Teams entstanden sind – all das bewirkt, dass die Mitarbeitenden sich im Betrieb wohlfühlen
Foto: Dach- und Holzbauwerke Dämgen GmbH
Gemeinsame Betriebsurlaube, Tischtennisduelle im Betrieb nach Feierabend oder am Wochenende, Freundschaften, die innerhalb des Teams entstanden sind, all das führt zu einem guten Teamgefühl und bewirkt, dass die Mitarbeitenden sich im Betrieb wohl fühlen – so wohl, dass sie teilweise auch ihre Freizeit oder das Wochenende gemeinsam im Betrieb verbringen. Hinter all diesen Ansätzen steckt viel (Selbst-)Reflektion und Abgrenzung von der älteren Handwerkergeneration. Jonas Dämgen hat im Umfeld der älteren Generation gesehen, wie es laufen kann und daraus seine Schlüsse gezogen: „Da tun sich zum Teil die Abgründe des Burn-Outs auf. Ich gehe beispielsweise in Therapie, um gut für mich zu sorgen und einen Burn-Out zu vermeiden.“ Der Wandel, den die neue Generation mit ihrem offenen, achtsamen und transparenten Umgang mit Herausforderungen mitbringt, macht offensichtlich auch vor dem Handwerk nicht halt.

Transparenz und gemeinsamer Austausch

Auf seine Mitarbeitenden ist Dämgen sichtlich stolz und legt auch Wert auf Integration: Er hat beispielsweise einen jungen Mann aus Afghanistan eingestellt, der sich wunderbar als Dachdecker entwickelt. Dämgen hat außerdem einen firmeninternen Einkäufer eingestellt, der gleich zu Beginn dank guter Kontakte zum Baustoffhandel für erhebliche Ersparnisse gesorgt hat. Als drittes nennt er einen jungen Bauleiter, der mit gerade mal 20 Jahren angefangen hat und sich in kurzer Zeit als flink und talentiert herausstellte. Tatsächlich hat sich neben den sozialen Medien und Mundpropaganda auch die Online-Plattform „Kleinanzeigen“ als nützlich erwiesen: Zwei neue Angestellte, die bis heute bei ihm arbeiten, hat er über die Plattform finden können.

Sowohl auf der Baustelle als auch im Büro achten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma Dämgen auf einen respektvollen Umgang untereinander
Foto: Dach- und Holzbauwerke Dämgen GmbH

Sowohl auf der Baustelle als auch im Büro achten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma Dämgen auf einen respektvollen Umgang untereinander
Foto: Dach- und Holzbauwerke Dämgen GmbH

Seinen Idealismus führt Jonas Dämgen auch im Austausch mit anderen Handwerksbetrieben fort, die er eher als Verbündete und nicht als Konkurrenten sieht: „Es gibt einen großen Unterschied zwischen den Generationen. Die Älteren sehen vor allem Konkurrenz bei anderen Dachdeckern. Die Jüngeren ticken anders, man hilft sich gegenseitig.“

Der gemeinsame Austausch zwischen den Inhaberinnen, Inhabern und Geschäftsführern von Dachdecker- und Zimmereibetrieben steht auch im „Roofer’s Club“ im Fokus. Die Mitglieder des „Roofer’s Club“ tauschen sich regelmäßig zu Themen wie Nachwuchs- und Fachkräftegewinnung oder Digitalisierung aus.

Suche nach neuen Herausforderungen

Auch wenn die Anfänge der Unternehmensgründung holprig und schwer waren, kann Dämgen zufrieden auf den gegenwärtigen Zustand blicken: „Die Firma funktioniert mittlerweile auch ohne mich. Sobald sich Routine einschleicht, zieht es mich zu neuen Dingen.“ Möglicherweise möchte der Unternehmer sein Wissen und Können in anderen Ländern für sinnstiftende Projekte zur Verfügung stellen, beispielsweise in Südamerika oder Afrika. Aber das sind alles noch vage Ideen. Klar ist, dass ihm die Ideen für neue Herausforderungen nicht ausgehen werden. Und die Aufträge werden ohnehin nicht weniger, sondern mehr: „Wenn sie sich mal die Dächer der Stadt von oben anschauen, dann werden sie realisieren: Da liegt noch jede Menge Arbeit vor uns.“

Autorin

Nathalie Brum ist freischaffende Architektin und Fachjournalistin. Als Architektin liegt ihr Fokus auf dem Umbau und der Sanierung von Wohnbauten. Sie lebt und arbeitet in Köln.

Jetzt Mitglied werden!

Der „Roofer’s Club“ vernetzt die Inhaberinnen, Inhaber und Geschäftsführer von Dachdecker-, Zimmerer- und Spenglerbetrieben und wurde von den Initiatoren der „Dachkrone“, dem Bauverlag und dem Online-Dachbaustoffhändler „Dachdeckermarkt24“, gegründet. Der neue Unternehmensverbund soll die Vernetzung unter Dach- und Holzbaubetrieben verstärken und den Mitgliedsbetrieben neue Impulse für die Digitalisierung, Personalsuche und Fachkräftegewinnung zu bieten. Insgesamt 20 mittelgroße und größere Unternehmen der Dach- und Holzbaubranche haben sich bereits für eine Mitgliedschaft im „Roofer’s Club“ entschieden (Stand: Juni 2024). Möchten Sie mehr über die Mitgliedschaft im „Roofer’s Club“ erfahren? Dann kontaktieren Sie uns einfach per Mail an:

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