Dachsanierung der Kartause in Xanten
Wie wird das Dach eines Klosters modern und gleichzeitig stilgerecht saniert, ohne den historischen Charakter zu verlieren? In der Stadt Xanten am Niederrhein entschied man sich bei der Kartause für einen Hohlfalz-Ziegel. Dank seiner Verschiebebereiche verlief die Eindeckung zügig und problemlos.
„Der Dachstuhl war noch zu retten, die Eindeckung nicht mehr“ – stellte Dachdecker- und Zimmermeister Dirk Bollwerk fest. Neben den dringend notwendigen Sanierungsarbeiten wurde gleichzeitig das Dachgeschoss komplett ausgebaut. Die oberen Stockwerke sollen zukünftig als Schulungsräume des Fachseminars für Altenpflege genutzt werden. Zusätzlichen Platz unter dem Dach schaffen Gauben: Sie wurden als Holzkonstruktion errichtet und außenseitig mit einem Wärmedämmverbund-System versehen. Dachdecker und Baustellenleiter Erhan Dogu plante die neue Gliederung des Klosterdaches: „Erst wenn entschieden ist, ob Dachfenster oder Gauben eingebaut werden sollen, kann zum Beispiel die Verklammerung exakt durchdacht und errechnet werden.“
Gegen Windsog sichern nun 1500 Sturmklammern das Dach der Kartause. In manchen Teilen, beispielsweise im Umkreis von eineinhalb Metern um die Gauben oder den Turm, wurde im Schema 1:2 verklammert. Jeder zweite Ziegel wurde also mit einer Klammer fixiert (Windlastzone 2). Da sich die Dachziegel des H15 von Nelskamp im Vierziegeleck nicht überlappen, waren spezielle Sturmklammern notwendig, die nicht nur im Seiten- sondern auch im Kopffalz des Ziegels halten. Sie sorgen zusätzlich für einen besseren Verbund in der Dacheindeckung.
Moderne Dachbaustoffe für historische Optik
Im 2. Weltkrieg war die Kartause bis auf den Treppenturm und einen Fassadenteil auf der Rückseite vollkommen zerstört worden. Nach alten Fotos und Erzählungen wurde sie nun wieder originalgetreu aufgebaut. Nur die Gauben kamen hinzu. Sie wurden in die 650 m2 große Dachfläche integriert.
Ursprünglich waren Hohlziegel verlegt worden und die Denkmalschutzbehörde gab vor, Dachziegel mit einer ähnlichen Optik einzusetzen, die aber eine höhere technische Sicherheit und einen besseren Wasserablauf garantieren. „Das Dach sollte nicht nur optisch zum historischen Gebäude passen, sondern auch einfach zu verlegen sein. Und der H 15 erfüllte beides“, berichtet Baustellenleiter Dogu und erklärt: „Mit seinem Verschiebebereich von rund 20 mm und seiner Wellenform war er bestens geeignet.“
Vermörtelung der Ortgangziegel
Bei der Sanierung des historischen Gebäudes hatte Dachdecker Dogu auch denkmalpflegerische Aspekte zu berücksichtigen. Dazu gehörten Arbeiten, die heute nicht mehr üblich sind, beispielsweise die Vermörtelung der Ortgangziegel. Diese zeitaufwändige Technik führt die Putzfassade bis unter die Dachziegel. Eine Vermörtelung ist heute nicht mehr üblich, da sie viel Zeit benötigt und darum sehr kostenintensiv ist. Gerade bei Hohlfalz-Ziegeln mit ihren hohen Auswölbungen erfordert es besonders Fingerspitzengefühl: Der Ziegel muss mit der richtigen Menge an Mörtel gefüllt werden, sonst greift er nicht richtig oder rutscht ab.
Ebenso fordert das Anrühren des Mörtels Erfahrung: Ist er zu dünnflüssig oder zu zäh, hält der Ziegel nicht. Also wird erst mit einer Lage Mörtel vorgeschmiert – nach dessen Aushärtung (ein bis zwei Tage) mörtelt der Dachdecker nach. Außerdem darf es bei dieser speziellen Arbeit nicht regnen, da Regen den frischen Mörtel verwischt. „Solch eine historische Verarbeitung muss vorab speziell erlernt werden“, sagt Dachdeckermeister Bollwerk. „Bei denkmalgeschützten Gebäuden werden sie aber immer wieder eingesetzt, da die Vermörtelung der Dachziegel eine tolle und originalgetreue Optik schafft.“
Zielgerichtet und organisiert auf dem Dach
„Bei der Karthause konnten wir fast alle Arbeiten selbst durchführen – angefangen bei der Dachentwässerung, über Klempnerarbeiten bis zur Eindeckung“, erklärt Dogu, der sich zurzeit auf seine Meisterprüfung vorbereitet. „In keiner Phase hatten wir Probleme. Das ist ein Ergebnis unserer guten planerischen Vorarbeit. Denn je einfacher eine Sache aussieht, umso mehr Arbeit steckt dahinter.“
1500 Sturmklammern sichern gegen Windsog
Die Kartause in Xanten
Seit fast 1000 Jahren gibt es den Kartäuserorden, benannt nach dem Stammkloster im französischen Ort La Chartreuse. Dessen Klöster werden „Kartausen“ genannt.
Die Kartäuser ließen sich 1418 in Wesel, nahe Xanten, nieder. In den folgenden Jahren wurde das Kloster von Truppen unterschiedlicher Nationalitäten besetzt und 1587 zerstört. Erst 1628 wurde ihnen gestattet, Besitz in Xanten zu erwerben. Denn Geistliche und Ordensleute hatten Anspruch auf Privilegien, die die Xantener zunächst nicht bewilligen wollten. Dann erwarb der Orden nach und nach Häuser in Xanten und fasste diese zu einem Konvent zusammen. Das heutige Gebäude entstand 1647. Als die Ordensniederlassung 1802 von Napoleon aufgelöst wurde, ging es für einige Zeit in Privatbesitz über und wurde danach von Karmeliterschwestern bewohnt. Zuletzt beherbergte das Gebäude die Bibliothek der Stadt Xanten und zurzeit Schulungsräume der Stadt.
Bautafel (Auswahl)
Bauherr Stadt Xanten, projektverantwortlich war Astrid Fischer
Dachdeckerarbeiten Joh. Bollwerk Bedachungen GmbH, 46459 Rees-Haldern
Dachziegel H 15, rot engobiert, Dachziegelwerke Nelskamp, 46514 Schermbeck