Dachsanierung am Welterbe Wartburg
Die um 1067 gegründete Wartburg wurde in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts in Stein errichtet. Im 19. Jahrhundert wurde die verfallenen Burganlage wiedererrichtet und erweitert. Durch amerikanischen Artilleriebeschuss im April 1945 kam es im Zweiten Weltkrieg zu leichten Schäden an den Gebäuden. Seit 1952 erfolgten umfassende bauliche und Restaurierungsarbeiten. Einige Bauteile und Einbauten des 19. Jahrhunderts wurden dabei im Konsens mit damaliger Politik und Denkmalpflege wieder entfernt. Bis zum Jubiläumsjahr 2017 – „500 Jahre Reformation“ – werden Restaurierungsarbeiten an der Vorburg und am Gebäudekomplex „Torhaus-Ritterhaus-Vogtei“, durchgeführt. Begonnen wurde mit Dach und Fassade an der Vogtei. Um diese Arbeiten witterungsunabhängig erledigen zu können, ist dieser Bereich eingerüstet und mit einem Schutzdach überdeckt. Als nächster Bauabschnitt wird die Sanierung des Tor- und Ritterhauses folgen.
Die letzten umfassenden Dacharbeiten wurden 1962-65 durchgeführt. Dabei verlegte man teilweise Dachziegel, die aus einer sogenannten „Lehrlingsproduktion“ stammten. Die den historischen Fittichziegeln nachempfundenen Ziegel wurden der damaligen Verarbeitung entsprechend vermörtelt verlegt. Aufgrund der hohen Witterungsbelastung wurde im Laufe der Jahre die Vermörtelung rissig und undicht.
Das mit der Objektbetreuung beauftragte Architekturbüro Spangenberg + Braun, Erfurt, führte zum Planungsbeginn der aktuellen Sanierung einen Variantenvergleich zur Abwägung der denkmalpflegerischen Anforderungen an die Ziegeleindeckung zur Kostenermittlung durch. Es wurde festgelegt, die vorhandene mangelhafte Eindeckung durch neue Dachziegel zu ersetzen. Da unter Denkmalschutz-
aspekten von der Ziegelindustrie keine entsprechenden Dachziegel lieferbar sind, forderte man Manufakturen zur Angebotsabgabe auf. Anschließend wurden mehrere Bemusterungen unter Beteiligung des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie durchgeführt, um alle Festlegungen zur Form, Oberfläche, Farbe und Befestigung zu treffen.
Zur Neueindeckung wurden die alten Ziegel von der Bennert Dachsanierung GmbH, Klettbach, abgetragen und durch handgefertigte Fittichziegel der Märkischen Keramik-Manufaktor Görzke ersetzt. Die raumseitige Dachbekleidung aus Holzfaserplatten im Bürotrakt konnte erhalten und zusätzlich mit Dämmstoffplatten auf den von der EnEV geforderten Dämmwert verbessert werden.
Sehr wichtig ist, die Regen- und Sturmsicherheit der Dachdeckung über den Archivräumen und den darunterliegenden Bibliotheksräumen zu gewährleisten. Deshalb erhalten die Dachflächen eine regen- und winddichte Unterdeckbahn; alle Ziegel werden mit mindestens 8 cm Überdeckung verlegt und einzeln mit Sturmklammern gesichert. Die Lattung der Dachfläche wird komplett erneuert. Von einer Vermörtelung der Dachziegel, die sich auf der Höhenburg nicht bewährt hatte, wird mit Ausnahme der Firste und Grate abgesehen.
Vom Architekturbüro Spangenberg + Braun wurde die Friedrich Ossenberg-Schule (FOS), Hemer, gebeten, der Keramik-Manufaktur ein Sturmklammermuster zur Abstimmung zur Verfügung zu stellen. Entsprechend wurde dann auf dem Prüfstand von FOS mit dem Fittichziegel und der Kopf-Seitenfalzklammer 453/11 eine Systemprüfung nach DIN EN 14437 durchgeführt. Das Ingenieurbüro Michael Hansch, Arnsberg, übernahm die notwendige statische Berechnung für die Steildächer der Wartburg. Dabei verglich man die geprüften Abhebewiderstände nach DIN EN 1447 mit den in der Norm aufgeführten Werten. Nach dieser Berechnung konnten die geprüften Klammern 453/11 die vorgeschriebenen Lasten nicht aufnehmen. FOS entwickelte daraufhin eine verbesserte Sturmklammer. Der Widerstand dieser neuen Kopf-Seitenfalzklammer 453/13 liegt mit 3,6 kN/m² deutlich oberhalb der höchsten Belastung von 3,1 kN/m² im Eckbereich der jetzt zu sanierenden Dachflächen auf der Wartburg.