Gemeinschaft baut auf Holzfaser-Dämmstoffe
Um auf dem denkmalgeschützten Areal von Schloss Blumenthal Platz für neues Wohnen für mehrere Generationen zu schaffen, entwickelten Architekt und zukünftige Bewohner zehn individuelle Wohnung unter einem Dach. Das dreigeschossige, weitgehend ökologisch gebaute Holzhaus wurde mit Holzfaserdämmstoffen gedämmt.
Das historische Gebäudeensemble von Schloss Blumenthal besteht aus 22 000 m2 Nutzfläche, die heute als Hotel, Seminarstätte, Kunstschule und Brauerei sowie für Büros, Gastronomie und zum Wohnen genutzt werden. Die weitläufige Schlossanlage direkt am Waldrand von Aichach, im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben, wurde um 1250 vom Deutschherrenorden gegründet und seit Anfang des 19. Jahrhunderts von den Fuggern genutzt. 2007 legten acht Familien mit dem Kauf des Schlosses den Grundstein für die Lebensgemeinschaft Blumenthal, die als Lebens-, Wohn- und Arbeitsprojekt für 50 Erwachsene und 20 Kinder geplant ist. Um neuen Mitgliedern Raum für die individuelle Entfaltung zu bieten, wurde das denkmalgeschützte Ensemble um einen Neubau mit zehn Wohneinheiten erweitert.
Sowohl die Bauherrenschaft als auch die Denkmalbehörde und das Bauamt favorisierten dafür eine moderne Bauweise mit einem zeitgenössischen Fassaden-Mix aus hinterlüfteter Lärchenholzschalung und fein gekörnter Putzfassade.
In intensiver Zusammenarbeit mit den Bewohnern entwickelte Architekt Kolja Sparrer das Zehn-Familienhaus. „In wöchentlichen Treffen wurden die individuellen Wünsche und Anforderungen entwickelt und besprochen. Nach einem dreiviertel Jahr stand die Planung für zehn komplett eigenständige Grundrisse“, erläutert Sparrer den Prozess. „Die Anforderungen an Haustechnik und Statik wurden dadurch um einiges aufwendiger. Dazu gibt es zehn verschiedene Bodenbeläge sowie zehn verschiedene Bodenfliesen – wenn man so will haben wir in Blumenthal zehn Einfamilienhäuser unter einem Dach“, fasst der Architekt schmunzelnd zusammen.
89 Prozent besser als die EnEV
In einem Punkt aber waren sich alle einig: Der Neubau sollte in ökologischer Holzbauweise mit einem nachhaltigen Energiekonzept entstehen. Beheizt werden die zwischen 26 und 140 m2 großen Wohnungen über eine schlosseigene Hackschnitzel-, beziehungsweise eine Pelletsheizung. Ein mit Flüssiggas betriebenes Blockheizkraftwerk erzeugt elektrischen Strom. Das ökologische Mehrfamilienhaus ist eines der wenigen Vorzeigeobjekte bundesweit im KfW 55 Standard. Um den Jahres-Primärenergiebedarf auf sehr niedrige 8,3 kWh/m2 zu senken – und damit 89 Prozent besser zu sein als die gültige Energieeinsparverordnung EnEV vorschrieb – erhielt der 10 x 30 m große Neubau eine hoch wirksame Wärmedämmung aus nachwachsenden Rohstoffen, moderne Holzfenster und ein Gründach.
Um auch den sommerlichen Hitzeschutz konstruktiv zu gewährleisten, ist die Südseite des Gebäudes mit vorstehenden Balkonen und Dachüberstand im Sommer verschattet. Im Wand- und Dachaufbau sorgen Dämmstoffe von Homatherm für ein ausgeglichenes Wohnklima.
Durch die hohe Rohdichte und die hohe spezifische Wärmekapazität der Holzweichfasern wird das Auftreten der höchsten Temperaturen außen bis zum Auftreten der höchsten Temperaturen innen verzögert und kann im Sommer in den Abendstunden durch die frische Nachtluft ausgeglichen werden.
Holzbau in zweieinhalb Wochen fertig
Mit der baulichen Umsetzung des Vorzeigeprojektes, das beim Gestaltungswettbewerb „Besser Bauen im Wittelsbacher Land“ ausgezeichnet wurde, wurde das Unternehmen Rubner Objektbau beauftragt. In nur dreieinhalb Monaten Bauzeit war das Objekt bezugsbereit fertiggestellt. Dazu wurden die einzelnen bis zu 10 m breiten und 2,90 m hohen Wand- und Deckenelemente des Holzständerbaus im Werk vorgefertigt mit Holzfaserdämmstoffen gedämmt (200 mm dicke Dämmstoffmatte „holzFlex protect“) und per Tieflader nach Aichach gebracht. Nur zweieinhalb Wochen später stand der Rohbau und der individuelle Ausbau konnte beginnen.
Nach innen wurden die Holzrahmenelemente mit einer Dampfbremse und je einer Lage OSB- und Gipskartonplatten abgeschlossen. Auch nach außen schließt eine Lage OSB-Platten die vorgefertigten Wandelemente für die zwei unteren Geschosse ab. Das oberste Geschoss ist mit 160 mm Holzrahmen und flexibler Holzfaserdämmung baugleich aber etwas schlanker ausgeführt – im Gegensatz zur hinterlüfteten Holzfassade wurde hier später das auf Holzfasern basierende Wärmedämmverbundsystem „EnergiePlus comfort“, ebenfalls von Homatherm, installiert.
Neben den zwei Außenwänden wurden verschiedene Innenwand-Typen vorgefertigt: Mit 130 und 212 mm Wandstärke erreichen die Raum- und Wohnungstrennwände (Raumtrennwände mit Schiebetüren 170 mm), ausgefacht mit 60 beziehungsweise 100 mm Holzfaserdämmung, Schallschutzwerte von 38 beziehungsweise 53 dB. Auch im Aufbau der Geschossdecken und im hinterlüfteten Flachdach mit Gründachaufbau schützen Holzfaserdämmstoff vor Kälte- beziehungsweise Wärmeeinwirkung.
Fassaden-Mix aus Holz und Putz
Bei der Montage wurden schließlich als erstes die Wandelemente per Kran auf der Fundamentplatte aus Stahlbeton aufgesetzt und Stück für Stück festgeschraubt. Die Fuge zwischen Wandelement und Bodenplatte dichteten die Handwerker gegen aufsteigende Feuchtigkeit ab, dann wurde das Ständerwerk mit Quellmörtel untermauert. Die Perimeterdämmung reicht 1 m über die Bodenplatte.
Nach dem Aufbau der drei Geschosse erhielt der gesamte Rohbau außen eine zweite Dämmebene auf Holzfaserbasis. Im Erd- und ersten Obergeschoss wurde die druckstabile Homatherm-Dämmstoffplatten „HDP Q11 protect“ direkt auf der OSB-Platte befestigt und mit einer UV-beständigen Fassadenbahn umhüllt. Darauf sind die 40 mm Holzlattung und eine unbehandelte Lärchenholzschalung als vorgehängte hinterlüftete Konstruktion montiert.
Im Gegensatz dazu wurde die Fassade des zurückspringenden obersten Geschosses mit einem Wärmedämmverbundsystem und feinkörnigem Silikatputz in Grau und Dunkelrot gestaltet. Zum Einsatz kam das WDV-System „EnergiePlus comfort“, das aus einer diffusionsoffenen, robusten Putzträgerplatte aus Holzfasern und speziell darauf abgestimmten Putzkomponenten besteht. Die 80 mm dicken Putzträgerplatten, im Deckmaß von 1300 x 590 mm, wurden vollflächig mit Armierungsmasse auf die OSB-Platte geklebt. Die zusätzliche mechanische Befestigung erfolgte mit Tellerschrauben.
Autorin
Valentina Fries hat Betriebswirtschaftslehre studiert und ist Marketingmanagerin bei Homatherm in Berga.
Trotz verschiedener Wohnkonzepte waren sich alle einig: Der Neubau sollte ein ökologischer Holzbau sein
Bautafel (Auswahl)
Projekt Mehrgenerationenhaus Schloss Blumenthal
Bauherr Schloss Blumenthal GmbH & Co. KG, 86551 Aichach-Klingen, www.schloss-blu
menthal.de
Planer BLU ARC – Büro für neue Architektur Dipl.-Ing. Kolja Sparrer, 64401 Groß-Bieberau, www.blu-arc.de
Verarbeiter Rubner Objektbau, I-39031 Bruneck,
Hersteller Holzfaserdämmstoffe Homatherm GmbH, 06536 Berga, www.homatherm.com
Produkte „holzFlex protect“, „HDP Q11 protect“, „WDVS EnergiePlus comfort“