OSB-Plattentypen und Einsatzbereiche
OSB-Platten sind in Deutschland seit über 30 Jahren auf dem Markt und für Zimmerer und Dachdecker fast unverzichtbar geworden. In einem zweiteiligen Beitrag zeigen wir die Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten der OSB-Platte. Im ersten Teil geht es um OSB-Plattentypen und Einsatzbereiche.
Wie werden OSB-Platten hergestellt?
Auch wenn die OSB-Plattenoberfläche in ihrer Spanausrichtung wenig strukturiert wirkt, steckt doch System dahinter. Abgekürzt heißt OSB „Oriented Strand Board“, es handelt sich also um Platten aus gerichteten Spänen, welche bei der Herstellung in drei Lagen längs, dann quer und wieder längs aufgebracht werden. Mit dieser Verzahnung entsteht eine stabile Plattenstruktur, die in Längsrichtung besonders gute Trageigenschaften hat.
Im Gegensatz zur Spanplatte werden für OSB deutlich größere, lange und flache Späne verwendet. Dabei kommen im Regelfall keine – zum Beispiel durch Holzschutzmittel – belasteten Resthölzer zum Einsatz (der Autor kann hier nur für den Hersteller Norbord sprechen, generell sei dies aber bei anderen Herstellern nicht auszuschließen, d. Red.).
OSB-Platten aus europäischer Produktion statt Importplatten
In Europa angebotene OSB-Platten werden auf dem Kontinent an zahlreichen Standorten gefertigt. Das Holz stammt meist aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern, einige Hersteller können Produkte mit FSC- oder PEFC-Zertifizierung anbieten. Selbst CO2-neutrale Platten sind im Handel und damit eine unter ökologischen Gesichtspunkten äußerst wertvolle Alternative im Vergleich zu vielen Importplatten, zum Beispiel Bausperrholzplatten aus Übersee (vor allem Südamerika, auch bekannt als Eliotis-pine).
Formaldehydfreie Klebstoffe für OSB-Platten
Die verwendeten Klebstoffe für OSB-Platten sind heute vorwiegend formaldehydfrei. Hier kann man aber nur für Norbord (heute: West Fraser) sprechen. Norbord war nach eigenen Angaben zeitweise der einzige Hersteller, der bei OSB 2/3/4 sein gesamtes Sortiment formaldehydfrei anbieten konnte. Alle anderen hatten es entweder ganz eingestellt oder auf eine MUPF-Verleimung (Melamin-Urea-Phenol-Formaldehd-Leim) umgestellt.
Der Kleberanteil ist laut Hersteller Norbord bei seinen OSB-Platten mit 2 bis 3 % sehr gering, dazu kommt ein geringer Wachsanteil von unter 1 %. Norbord verwendet formaldehydfreie Kleber
Foto: Norboard
OSB/3 und OSB/4 Platten mit formaldehydfreier PMDI-Verklebung
Die im Bauwesen häufig verwendeten Plattentypen OSB/3 und OSB/4 weisen bei hochwertigen Produkten eine sogenannte PMDI-Verklebung auf (PMDI = Polymeres Diphenylmethandiisocyanat). Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich ein formaldehydfreier Klebstoff, der sich durch hohe Feuchtebeständigkeit auszeichnet. Der Klebstoffanteil beträgt bei OSB/3 nur etwa zwei Prozent, also nur ein fünfzigstel des Plattengewichts, bei den hochwertigeren OSB/4 ist er geringfügig höher (Bild 2). Hinzu kommt häufig ein kleiner Anteil Wachs (0,5 Prozent) als Quellverhinderungsmittel, um die technischen Anforderungen für OSB/3 und OSB/4 sicherzustellen. Aufgrund des hochtechnisierten Herstellungsprozesses kann auf den Plattenoberflächen zudem ein dünner glänzender Film vorhanden sein: Das sogenannte „Contifinish“ erweist sich als eine recht schmutz- und feuchteunempfindliche Oberfläche.
Daher stammt der für OSB-Platten typische Geruch
Der OSB-typische Geruch stammt weniger vom Klebstoff selbst als vielmehr vom Eigengeruch der verwendeten Hölzer. Die gesundheitlichen Auswirkungen von OSB-Platten wurden unter anderem 2009 in einer Studie untersucht (siehe hier: Mersch-Sundermann et al.: Evaluierung der gesundheitlichen Wirkung holz- bzw. holzwerkstoffspezifischer Emissionen – Universitätsklinikum Freiburg, 2009). Das Umweltbundesamt hat ebenfalls das Emissionsverhalten von Holz und Holzwerkstoffen untersucht (siehe hier).
Einige Produkte wurden zudem in die Positivliste der Qualitätsgemeinschaft Deutscher Fertigbau e.V. (QDF) (siehe hier) aufgenommen, welche den Anspruch hat, ausschließlich unbedenkliche Holzwerkstoffe mit deutlich geringeren als den gesetzlich zulässigen Grenzwerten zu verwenden.
Holzrahmenbau mit innen liegender OSB Platte zur Aussteifung und als Dampfbremse
Foto: Norbord
OSB-Plattentypen und Einsatzbereiche
OSB-Platten werden in die technischen Klassen OSB/1 bis OSB/4 eingeteilt. Vorwiegend kommt der Plattentyp OSB/3 zum Einsatz, seltener die deutlich teurere OSB/4. Die Plattentypen unterscheiden sich nach ihrem zulässigen Anwendungsbereich (Klimabedingungen) und ihrer Tragfähigkeit.
- OSB/1 ist nur für nichttragende Zwecke im Trockenbereich (Möbelbau) bestimmt und deshalb im Bauwesen nicht zugelassen
- OSB/2 steht für die tragende Anwendung im Trockenbereich,
- OSB/3 und OSB/4 können auch im Feuchtbereich eingesetzt werden
Mit „Feuchtbereich“ ist allerdings keine direkte Befeuchtung oder Bewitterung gemeint, sondern eine erhöhte Ausgleichsfeuchte bei Umgebungsbedingungen von max. 85 Prozent rel. Luftfeuchte bei 20 °C. Für OSB/2 ist die relative Luftfeuchte auf 65 Prozent begrenzt, welche in typischen beheizten Innenbereichen des Wohn- und Verwaltungsbaus nicht überschritten wird. Tabelle 1 gibt einen Überblick über Plattentypen, Anwendungsbereiche und Einsatzgrenzen.
Tabelle 1 Anwendungsbereiche von OSB-Platten in der Übersicht
Quelle: Norbord
Tragfähigkeit von OSB/2, OSB/3 und OSB/4 Platten
In Bezug auf die Tragfähigkeit unterscheidet sich OSB/4 von OSB/3 und OSB/2 dadurch, dass sie eine um etwa 30 Prozent höhere Biegetragfähigkeit in Plattenlängsrichtung aufweist. Bei Beanspruchung senkrecht zur Plattenoberfläche können sich deshalb geringere Plattendicken ergeben, zum Beispiel bei Deckenbeplankungen. Für den Dachbereich ist dieser Vorteil aber selten relevant, da häufig die in den Fachregeln geforderte Mindestdicke von 22 mm für das Aufbringen von Abdichtungen oder Metalldachdeckungen maßgebend ist. Auch für den Einsatz als aussteifende Beplankung bei Dach-, Wand- und Deckenscheiben bringen die höheren Festigkeiten der OSB/4 keinen relevanten Vorteil, da die maßgebende Schubfestigkeit parallel zur Plattenebene kaum größer ist als bei OSB/3.
Geregelt ist die Herstellung der Platten in der Produktnorm DIN EN 300, seit 1997 die maßgebende Herstellnorm für OSB. Mit der Anwendungsnorm DIN EN 13986 sind CE-gekennzeichnete OSB nach EN 300 europaweit handelbar. National gültige bauaufsichtliche Zulassungen als Alternative zur Norm laufen aufgrund einer EU-Vorgabe aus.
OSB funktioniert als Dampfbremse im Holzrahmenbau
Ihren großen Erfolg am Markt verdankt die OSB auch ihren dampfbremsenden Eigenschaften. Dadurch ist im diffusionsoffenen Holzrahmenbau der Verzicht auf dampfsperrende Folien möglich. Sowohl bei vorgefertigten Wand- als auch bei Dachelementen übernimmt die OSB neben ihrer aussteifenden Funktion auch die der Luftdichtung und Dampfbremse. Damit wird nicht nur ein Arbeitsgang gespart – Konstruktionen mit innenseitig aufgebrachter OSB sind auch besonders robust gegenüber mechanischen Beanspruchungen.
Die dampfbremsenden Eigenschaften werden mit der Diffusionswiderstandszahl (µ-Wert) beschrieben, für die bei OSB sehr unterschiedliche Angaben gemacht werden. In vielen Tabellenbüchern liegt mit µ = 30/50 (Angabe für feuchten/trockenen Zustand) ein zu geringer Wert vor. Der über viele Jahre in DIN V 20.000-1 veröffentlichte Wert von µ = 200/300 war dagegen recht hoch angesetzt. In der aktuellen Ausgabe der DIN 20.000-1 ist nun geregelt, dass der Diffusionswiderstand jeweils von den Plattenherstellern zu deklarieren ist. Realistische Werte liegen zwischen µ = 70 (OSB/3) und µ = 200 (OSB/4).
Rechnerischer Nachweis für den Einsatz von OSB-Platten als Dampfbremse
Um OSB als Dampfbremse einsetzen zu können, muss ein rechnerischer Nachweis erfolgen. Alternativ sind die in DIN 4108-3 benannten Randbedingungen einzuhalten, die sich aus dem Verhältnis zwischen äußerem und innerem Diffusionswiderstand des Bauteils ergeben (siehe Tabelle 2).
Tabelle 2: Anforderungen nach DIN 4108-3 für nachweisfreie Bauteile (Mersch-Sundermann et al.: Evaluierung der gesundheitlichen Wirkung holz- bzw. holzwerkstoffspezifischer Emissionen, Universitätsklinikum Freiburg, 2009)
Quelle: Norbord
In Tabelle 3 sind für 15 mm dicke OSB-Platten exemplarisch sd-Werte für verschiedene µ-Werte und ihre Eignung als Dampfbremse angegeben. Der Anwender muss prüfen, welcher µ-Wert Grundlage des Feuchteschutznachweises für den jeweiligen Bauteilaufbau war (meist im EnEV-Nachweis enthalten) und er muss sich beim Hersteller über die Diffusionseigenschaften des von ihm favorisierten Produkts informieren.
Tabelle 3: Dampfbremsende Wirkung am Beispiel von 15 mm OSB-Platten
Quelle: Norbord
Grundsätzlich gilt: Je diffusionsoffener die raum- und außenseitige Beplankung ausgeführt werden kann, desto größer ist das Rücktrocknungspotential und damit die Robustheit der Konstruktion. Liegen außenseitig stark dampfbremsende Schichten vor (zum Beispiel bei nicht unterlüfteten Flachdachabdichtungen), sind besondere hygrothermische Nachweise zu erbringen.
Bedeutung der Rohdichte von OSB
Um die raumseitige Beplankung auch als Luftdichtheitsebene ansetzen zu können, ist eine fachgerechte Abklebung sämtlicher stumpfer Plattenstöße, Nut-und-Feder-Verbindungen sowie an Übergängen zu anderen Bauteilen erforderlich. Bei hohen Anforderungen an die Dichtheit der Gebäudehülle (zum Beispiel bei Passivhäusern) weist OSB in der Fläche dann eine ausreichende Dichtheit auf, wenn Plattenrohdichten über 600 kg/m3 sichergestellt sind. Namhafte Hersteller erfüllen dieses Kriterium mit den gängigen Plattentypen OSB/3 und noch eher mit den dichteren OSB/4. Das Einhalten dieser Rohdichte ist auch für F30-B- beziehungsweise F60-B klassifizierte Bauteile erforderlich (feuerhemmende Konstruktionen, europäische Bezeichnung REI 30 beziehungsweise REI 60), wenn der Holzwerkstoff zusammen mit der Gipsbeplankung eine Brandschutzfunktion übernimmt.
Der nächste Teil des Beitrags beschäftigt sich mit der Anwendung von OSB als Dach- und Deckenscheiben und dem Innenausbau mit OSB-Platten.
AutorDaniel Schmidt ist Bauingenieur und Dozent. Er arbeitet in der Erwachsenenbildung sowie als Referent und Sachverständiger. Im Rahmen seiner langjährigen Beratungstätigkeit für den „Informationsdienst HOLZ“ war er an den Schriften Flachdächer in Holzbauweise (2019) Holzrahmenbau (2015) und Holzschutz – Bauliche Empfehlungen (2016) maßgeblich beteiligt. Er lebt in Lauterbach.
Normen und Regelwerke
DIN EN 300: 2006-09: Platten aus langen, flachen, ausgerichteten Spänen (OSB) – Definitionen, Klassifizierung und Anforderungen
DIN EN 13986: 2015-06: Holzwerkstoffe für die Verwendung im Bauwesen – Eigenschaften, Bewertung der Konformität und Kennzeichnung
DIN 20.000-1: 2017-06: Anwendung von Bauprodukten – Teil 1: Holzwerkstoffe
DIN 4108-3: 2014-11: Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz – Anforderungen, Berechnungsverfahren und Hinweise für Planung und Ausführung
WTA-Merkblatt 6-8: 2019-08: Feuchteschutztechnische Bewertung von Holzbauteilen – Vereinfachte Nachweise und Simulation – Wissenschaftlich-technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V. – www.wta.de
DIN EN 1995-1-1: 2010-12 (Eurocode 5): Bemessung und Konstruktion von Holzbauten – Teil 1-1: Allgemeines – Allgemeine Regeln und Regeln für den Hochbau