Bauen wie mit Legosteinen aus Holz
Es ist von außen ein Haus wie viele andere in der Nachbarschaft auch: zwei Etagen, weiß verputzt und ein Giebeldach. Doch hinter der Fassade bestehen die Wände aus vielen kleinen Holzmodulen. Vom Fundament bis zum Dachstuhl dauerte der Aufbau nur zweieinhalb Wochen.
Statt zwei kleinen ein großes Haus
Anfang September soll das Haus bezugsfertig sein, bis dahin müssen noch die Böden in vier Räumen verlegt werden, außerdem fehlen noch in allen Bädern Waschbecken, Toiletten und Duschen. Eigentlich hätten zwei Häuser nebeneinander stehen sollen. Der Plan war, dass man über Außentreppen in den ersten Stock gelangt. Doch die Bebauungsgrenze ließ so eine Bauweise nicht zu. Also entschied sich der Bauherr, die zwei nebeneinander stehenden Häuser zu einem zu vereinen. In der Gebäudemitte befindet sich eine große Betonwerkstein-Treppe, sie führt zum ersten Stock. Die Wände und Decken mit Gipskartonplatten (F90) in Verbindung mit der Betonwerkstein-Treppe sorgen für einen höheren Brandschutz im Flur. „Das war ein Highlight, als die Treppe mit einem 50 t-Kran eingesetzt wurde“, sagt Heribert Kuhlenkamp. Auf der gegenüberliegenden Fassadenseite zum Hauseingang liegt – erschlossen über einen Außeneingang – der Haustechnikraum. Das Brauchwasser für die Bewohner wird in Zukunft mit Solarthermie erhitzt, die Leitungen vom Dach bis in den Technikraum sind schon verlegt.
Angenehmes Raumklima
„Als es im Juli sehr heiß war, ließ es sich im Haus gut aushalten, auch im Obergeschoss,“ sagt Kuhlenkamp, „nur auf dem Dachboden kam Hitze an“. Der Dachgiebel ist ein nicht ausgebautes Kaltdach. Zwischen den Geschossbalken zum Dachboden ist dort Thermofloc-Zellulosedämmung in einer Höhe von 25 cm aufgeblasen. In der Mitte liegen Holzstege als Wartungswege. „Die Zellulosedämmung ist diffusionsoffen, feuchteregulierend und fugenfrei“ sagt Kuhlenkamp, „genau wie die Wände des Hauses.“ Während der Bauzeit war die Fassade eine Zeit lang komplett rot. Die Handwerker hatten sie mit einer roten Schalungsbahn eingekleidet und an den Stoßkanten verklebt. „Damit sind die Wände winddicht, aber dennoch diffusionsoffen“, so Kuhlenkamp. Die Schalungsbahn von Thermofloc verschwand nach kurzer Zeit schon wieder hinter einem Aufbau aus Lattung, Dämmung und Holzweichfaserplatten mit Nut und Feder als Grundlage für den Außenputz. In den Wohnungen sind die Wände und Decken einlagig mit Gipskartonplatten beplankt, die direkt auf den „Steko“-Holzmodulwänden verschraubt sind. Anschließend wurden die Innenwände gespachtelt, geschliffen und gestrichen.
Auch der Fußboden in den Wohnungen ist in Trockenbauweise erstellt. Auf trittfesten Holzweichfaserplatten liegen Schalldämmplatten (Hersteller Schallfresser) mit Quarzsandfüllung und doppellagig Gipsfaserplatten von Fermacell. Der abschließende Bodenbelag ist Linoleum.
System zum Selberbauen
Die Steko Nord in Hannover erstellt für Projekte in ganz Deutschland die Ausführungs- und Tragwerksplanung, auch für das Haus in Paderborn. In Deutschland gibt es bisher etwa 200 Häuser, die mit „Steko“-Elementen gebaut wurden. Die „Steko“-Module, in der Schweiz entwickelt, werden aus nordischer Fichte in Estland gefertigt. Seit 1998 sind sie auf dem deutschen Markt. In Paderborn sind die Elemente von innen und außen nicht sichtbar. Sie lassen sich aber auch sichtbar verbauen, so wie bei einem Ferienressort in der Schladitzer Bucht in Leipzig. Dort stehen Ferienhäuser und ein Restaurant, gebaut aus „Steko“-Modulen, die von innen und außen zu sehen sind.
Montage der Holzmodule
Die Module sind einfach zu montieren. Bauherren und private Hausbauer könnten „Steko“ auch als Selbstbausystem verwenden. Die Module werden mit Wandablaufplänen auf die Baustelle geliefert. Mit Löchern an der Ober- und Holzzapfen an der Unterseite lassen sich die „Steko“-Module auf der Baustelle ineinander stecken. Den oberen Abschluss bildet ein Einbinder von 8 cm Höhe, den unteren Abschluss eine Schwelle. Es gibt die Module in vier verschiedenen Breiten (160 mm, 320 mm, 480 mm, 640 mm) und in zwei unterschiedlichen Höhen: 240 mm und 320 mm. Ergänzt wird das Programm durch Leibungsbretter für Fenster und Türen. Das Prinzip ist fast so leicht wie mit Lego zu bauen. Ein „Steko“-Grundmodul wiegt nur etwa 6,5 kg. Zwischen den kreuzweise verleimten Fichtenhölzern und Brettern ist Platz für Leitungen und Dämmstoff. In Paderborn entschied sich der Bauherr für Blähschiefer von Ulopor als Füllung für die Steko-Module. Blähschiefer ist zerkleinerter und bei hohen Temperaturen erhitzter Schiefer. Durch seine hohe Dichte bietet er einen guten Schallschutz. Zum Herstellen von Blähschiefer wird Tonschiefer vorgebrochen, gesiebt und auf etwa 1150 °C erhitzt, dabei bläht er auf. Blähschiefer dämmt gut, verrottet nicht und ist zudem nicht brennbar (Baustoffklasse A1). In einer Blähschiefer-Dämmschicht entsteht weder Fäulnis noch Schimmel.
Bautafel (Auswahl)
Projekt Zweigeschossiges Haus mit vier Wohnungen für den sozialen Wohnungsbau, 33104 Paderborn
Bauzeit April – Ende August 2016
Bauherr + Architektur Gebäudemanagement der Stadt Paderborn, 33102 Paderborn
Ausführungs- und Tragwerksplanung Steko Vertriebsbüro Nord, 30167 Hannover, www.steko-nord.de
Holzbau Zimmerei Andreas Lehmann, 38820 Halberstadt, Sachsen-Anhalt
Holzmodule Steko Holzbausysteme AG, CH-9008 St. Gallen, www.steko.ch
Dämmung Blähschiefer von Ulopor Thüringer Schiefer GmbH, 07330 Probstzella, Magripol Holzweichfaserplatten, Thermofloc Zellulosedämmstoff, Thermofloc Dachschalungsbahn
Wohn- und Nutzfläche 270 m², umbauter Raum 975 m³
Baukosten 345 000 €