Alte Bausubstanz behutsam integriert

Firstverglasung von Glasolux im Dach eines ehemaligen Stalls eingebaut

Nicht nur ein einzigartiges Wohnhaus, sondern auch eine Begegnungsstätte für Kulturinteressierte schuf das Künstlerpaar Cordula Utermöhlen und Roland Dierenberger mit der Sanierung eines ehemaligen Vierseithofs. Ein Stall wurde dabei zum Wohnhaus umgebaut und erhielt eine neue Firstverglasung.

Landwirtschaft wird auf dem 1864 gegründeten Vierseithof im oberfränkischen Bad Rodach-Roßfeld bereits seit den 1950er Jahren nicht mehr betrieben. Stattdessen wird dort nun der Austausch über Kunst und Literatur kultiviert. Das Künstlerpaar Cordula Utermöhlen und Roland Dierenberger beschloss zu Beginn der Corona-Pandemie, München den Rücken zu kehren und sich in einem neuen, größeren Domizil noch freier zu entfalten. Nachdem die Malerin und der Schriftsteller sich rund 40 verschiedene Objekte in ganz Bayern angesehen hatten, fiel die Entscheidung für den Vierseithof bereits beim ersten Betreten des Geländes. „Wir sind hier die Einfahrt hochgefahren und wussten gleich: Hier sind wir zu Hause“, erinnert sich Roland Dierenberger. Viel Platz zur Selbstverwirklichung, das Landleben und die Möglichkeit, eine Begegnungsstätte für Kulturinteressierte verschiedener Sparten zu schaffen – all dies fanden sie inmitten des Dorfes Roßfeld vor.

Vielfältige Geschichte

Das Ensemble in nächster Nähe zum ehemaligen Zonenrandgebiet an der Grenze Bayerns zu Thüringen war damals äußerst renovierungsbedürftig. Es diente vor seiner letzten Leerstands-Phase als Jagdsitz. Zwei Scheunen, ein Stall und ein mittlerweile als Ferienwohnung genutztes Wohnhaus bildeten zusammen den Vierseithof.

Altes bewahren und behutsam in das neue Nutz-ungskonzept integrieren: Nach dieser Maßgabe blieb die Bausubstanz des Vierseithofs weitestgehend erhalten
Foto: Roland Dierenberger

Altes bewahren und behutsam in das neue Nutz-ungskonzept integrieren: Nach dieser Maßgabe blieb die Bausubstanz des Vierseithofs weitestgehend erhalten
Foto: Roland Dierenberger
Cordula Utermöhlen und Roland Dierenberger sahen hierin weit mehr als nur ihren individuell gestalteten Alterswohnsitz. Sie investierten in den Umbau des Hofes, neben dem Erlös aus dem Verkauf ihres Münchener Hauses, viel Eigenleistung. 2023 waren die wesentlichen Sanierungs- und Renovierungsarbeiten so weit abgeschlossen, dass sie selbst einziehen und ihre ersten Kunstveranstaltungen organisieren konnten, darunter auch ein internationales Kunstfest, wie Cordula Utermöhlen erklärt. Regelmäßig verwandelt sich neben den Ausstellungsräumen in einer ehemaligen Scheune auch der Innenhof in eine Galerie. Das „Fledermauskino“ lockt in den Sommermonaten cineastisch Interessierte aus dem Dorf, der Region oder sogar über die Region hinaus unter die Arkade des in seiner Grundsubstanz original erhaltenen Vierseithofs. Die Besitzer nennen ihn inzwischen „Birnenhof“, nach den alten Obstbäumen, die die Gebäude säumen.

Ferienwohnung im Fachwerkhaus

„In einem früheren, mit Schiefer verkleideten Wohnhaus, in dem wir übergangsweise selbst gewohnt haben, haben wir eine großzügige Ferienwohnung eingerichtet. Sie besteht aus drei Schlafzimmern, Küche und Bad, so können bis zu sechs Personen bei den Veranstaltungen oder als Feriengäste jederzeit hier übernachten“, sagt Cordula Utermöhlen. Ein weiteres Fachwerkhaus, angrenzend an das Wohnhaus mit der Ferienwohnung, wurde 1719 erstmals urkundlich erwähnt und dürfte damit deutlich älter sein als der Rest des Hofes.

Neuer „Wohnstall“ mit Firstverglasung

Architektonisch noch spannender ist der ehemalige Kuhstall, der um 1900 erbaut und nunmehr zum „Wohnstall“ umfunktioniert wurde. Verglichen mit den anderen Bestandsgebäuden wurde hier insgesamt stärker in die Substanz eingegriffen – zugunsten der Wohnlichkeit wie auch der Energieeffizienz.

Vor der Modernisierung und dem Einbau der Firstverglasung drang in den ehemaligen Stall kaum natürliches Licht
Foto: Roland Dierenberger

Vor der Modernisierung und dem Einbau der Firstverglasung drang in den ehemaligen Stall kaum natürliches Licht
Foto: Roland Dierenberger
Um eine besondere Atmosphäre zu schaffen, bedurfte es vorab größerer Umbaumaßnahmen, nicht zuletzt in Bezug auf den Lichteinfall. „Der erste Eindruck im Inneren des Stalls war von Dunkelheit geprägt. Aber unsere Architektin Andrea Engelbrecht sah das Potenzial und empfahl uns, die Decke zu entfernen. Wir ließen lediglich den Dachstuhl und die Tragbalken des Obergeschosses bestehen. Nach dem Sandstrahlen aller Balken hatten wir die Gewissheit, dass sie immer noch tragfähig genug waren, so konnten alle Originalbalken erhalten bleiben“, sagt Cordula Utermöhlen. Es entstand ein großer, offener Raum mit Sicht vom Erdgeschoss durch die tragenden Balken der Decke des Obergeschosses bis in den Dachstuhl.

Das Entfernen der Decke zwischen dem Dach- und Erdgeschoss war erst der Anfang. Zwar wurde der Raum dadurch luftiger, doch es war noch zu wenig Tageslicht verfügbar
Foto: Roland Dierenberger

Das Entfernen der Decke zwischen dem Dach- und Erdgeschoss war erst der Anfang. Zwar wurde der Raum dadurch luftiger, doch es war noch zu wenig Tageslicht verfügbar
Foto: Roland Dierenberger
An den beiden Stirnseiten des Dachgeschosses blieben die darunter liegenden Gewölbe-Decken erhalten, um dort die Schlafzimmer unterzubringen – verbunden über einen Holzsteg mit absturzsicherem Geländer im Industriedesign. Schwindelfrei zu sein, ist hier von Vorteil, denn links und rechts des Steges schaut man hinunter ins Wohnzimmer. Die großen Räume im Erdgeschoss waren jedoch nach dem Entfernen des Bodens immer noch recht dunkel. Die Lösung bestand in einer Firstverglasung in der Mitte des Wohnstalls.


Nach der Modernisierung: Im Obergeschoss verbindet ein Holzsteg unter dem Dach die beiden an den Stirnseiten untergebrachten Schlafzimmer
Foto: Roland Dierenberger


Nach der Modernisierung: Im Obergeschoss verbindet ein Holzsteg unter dem Dach die beiden an den Stirnseiten untergebrachten Schlafzimmer
Foto: Roland Dierenberger
Hierbei half die Erfahrung des Architekturbüros Engelbrecht aus Triftern. Andrea Engelbrecht kannte bereits aus anderen Projekten die Verglasungen von Glasolux und empfahl für dieses Gebäude ein Überfirst-System mit einer Länge von gut fünf Metern. So gelangt viel natürliches Tageslicht aus der Mitte des Daches durch die Dachbalken ins Wohnzimmer.

Die Firstverglasung nimmt die Dachneigung von 35 Grad auf und ist 1,8 m hoch. Zu beiden Seiten sind jeweils fünf dreifach verglaste Module integriert. Zwei Module lassen sich elektronisch gesteuert öffnen. Die Aluminiumprofile in der Farbe RAL 7016 harmonieren optisch mit dem Stahlgeländer entlang des Laufsteges. Im Frühjahr 2023 wurde die Firstverglasung von Glasolux komplett vorgefertigt angeliefert und vor Ort montiert.

Ausgezeichnete Sanierung

Die Bayerische Architektenkammer zeichnete die Revitalisierung 2024 im Rahmen der Initiative „Klimakulturkompetenz“ im Bereich Energieeffizienz und Baukultur aus. Darüber hinaus prämierte auch die Initiative Rodachtal die „vorbildliche Sanierung historischer Gebäude“ im September 2024.

Der ehemalige Stall wurde zum gemütlichen Wohnhaus. Durch die neue Firstverglasung profitieren die Bewohner von mehr Tageslicht
Foto: Roland Dierenberger

Der ehemalige Stall wurde zum gemütlichen Wohnhaus. Durch die neue Firstverglasung profitieren die Bewohner von mehr Tageslicht
Foto: Roland Dierenberger
Für das gesamte Projekt gilt, dass Altes und Authentisches behutsam in das neue Nutzungskonzept integriert wurde. „Wir haben das Fachwerk und die Schieferverkleidung eines Gebäudeteils erhalten, haben neue Fenster in Anlehnung an die vorhandenen alten Fenster eingebaut und an der Außenhaut der Gebäude ansonsten wenig verändert. Unsere Nachbarn sagen, dass sich äußerlich am Vierseithof nichts geändert hat, was sie sehr begrüßen. Und wenn sie uns besuchen, honorieren sie, dass der historische Hof vor dem Verfall gerettet wurde“, freut sich Cordula Utermöhlen.

Autor

Frank Beushausen ist Inhaber der Agentur Perfect Sound PR in Bissendorf bei Osnabrück und betreut die Glasolux GmbH bei der Pressearbeit.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 02/2015

Zimmerer auf Probe

Messen, anzeichnen, aussägen und zusammenbauen – dann steht das Fachwerkhaus. Drei Tage lang zeigten junge Zimmerer-Azubis von der Zimmerer-Innung Crailsheim und Schwäbisch Hall, Schülern der...

mehr
Ausgabe 01/2018

Vom Bauernhof zum Wohnhaus: Ausbau mit vier neuen Wohnungen in Garmisch-Partenkirchen

An dem über 100 Jahre alten Bauernhof im Ortsteil Garmisch hatte der Zahn der Zeit gleich in mehrfacher Hinsicht genagt. Nach Jahrzehnten ohne grundlegende Renovierung war die Bausubstanz...

mehr
Ausgabe 05/2022

Individueller Holzrahmenbau

Werksatttbesuch bei Holzbau Käding in Viersen

„Über den Holzrahmenbau hast du eine ganz andere Verbindung zum Kunden“, sagt Markus Käding, Zimmermeister und spezialisiert auf Eigenheime in Holzrahmenbauweise, „irgendwann sitzen die...

mehr
Ausgabe 07/2022

2. Creaton-Zukunftstag in Hamburg

Vorträge aus dem Handwerk zur Digitalisierung, Unternehmensnachfolge und dem Umgang mit Stress
Creaton_Zukunftstag_4_Publikum_Credit_CreatonGmbH.JPG

Der Creaton-Zukunftstag am 1.12.2022 in Hamburg bietet ein abwechslunsgreiches Vortragsprogramm, unter anderem zu den Themen Digitalisierung, Unternehmensnachfolge und dem rich­tigen Umgang mit...

mehr