Vom Altbau zum Bergkristall
Das in die Jahre gekommene Kongresszentrum „Europahaus Mayrhofen“ im Zillertal in Tirol wurde aufwendig umgebaut und saniert. Das neue Europahaus hat in Punkto Form und Energiestandard nichts mehr mit dem alten gemein. Eine vorgehängte, hinterlüftete Fassadenkonstruktion mit bringt eine völlig neue Optik.
Die Anforderungen an die Sanierung waren enorm: Umbau und Erweiterung statt Neubau, energetische Optimierung und Wiedererkennungswert sowie Identifikation durch Form und Materialien. Umgesetzt wurde ein Entwurf der Architekturhalle Telfs in Tirol, der mit dem eher schweren und behäbigen Erscheinungsbild des alten „Europahauses“ bricht und dafür – inmitten traditioneller Tiroler Dorfhäuser – einen leicht anmutenden, gläsernen Bergkristall darstellt. Als Fassadenlösung wurde eine Klimahülle mittels vorgehängter, hinterlüfteter Fassade mit Faserzementtafeln von Auria gewählt.
Klimahülle mit vorgehängter Fassade
Die große Herausforderung für die Architekten bestand darin, den Altbestand zu integrieren und trotzdem eine neue Form zu schaffen. Die Entscheidung fiel zugunsten der Form eines Bergedelsteins mit Kristallcharakter. So wich die schwere, durch dunkles Holz betonte Tiroler Architektur einer leichten hellen Naturform mit bündigen Glasflächen, die harmonisch mit weißen Fassadenplatten aus Faserzement verbunden wurden und so zu einer „geschliffen-schönen“ Gesamtform verschmolzen. Fassade und Dach sollten eine Einheit bilden. Jeder Kristall hat auch kristalline Einschlüsse. Diese versuchte man durch die bündig angesetzten Glasscheiben nachzubilden, um so die kristalline Form des Baukörpers zu unterstreichen, so Architekt Wurz von der Architekturhalle in Telfs. Die Fassadengestaltung erfolgte in Form einer Klimahülle mit dem Ziel, den Baukörper auch energetisch zu optimieren. Dafür wählten die Planer die Funktion einer vorgehängten, hinterlüfteten Fassade.
Als Unterkonstruktion sahen die Architekten eine vorgehängte Holzkonstruktion vor, die auf die bestehenden Altbestandswände montiert wurde. Die Bestandswände erhielten eine Mineralwolldämmung. Durch die vorgebaute Holzkonstruktion, auf der die Alukonstruktion montiert wurde, entstand so ein Luftraum als Pufferzone und Hinterlüftung.
Das Dach wurde im System „Mono Cover“ konzipiert, also einer einheitlichen Fassaden- und Dachgestaltung. Das Dach wurde als zweifach hinterlüftete Konstruktion mit einer wasserführenden Schicht unter der Faserzementplatteneindeckung ausgeführt. Der Aufbau dieser Konstruktion gestaltete sich wie folgt: 15 mm Gipskartonfeuerschutzplatte, darüber eine Dampfbremsfolie, darüber liegt dann eine 25 mm dicke OSB-Platte, die von einer 26 cm hohen Leimbindelage mit Mineralwolle abgedichtet wird. Auf diese Schichten folgten eine imprägnierte, 60 mm dicke Holzweichfaserplatte und eine diffusionsoffene Unterdachbahn. Eine 10 x 10 cm starke Konterlattung und die 30 mm starke Vollschalung runden die Konstruktion ab. Als Schutz gegen Feuchte wurden die Konterlattung mit einer Flachdachfolie mit Polyesterflies eingepackt. Die darauf folgenden Alu-Z-Profile wurden zuerst in der Fallrichtung und darauf quer zur Fallrichtung montiert.
Schräge Herausforderungen
Auf diese Unterkonstruktion wurden dann die großformatigen Faserzementtafeln geklebt. „Die Montage der Faserzementtafeln wie auch der Unterkonstruktion war durch die überhängende Schräge der Fassade nicht nur technisch, sondern auch körperlich eine Herausforderung. Wir arbeiteten mit Teleskopsteigern, um die Tafeln an den überkragenden schrägen Wänden und am Dach auf die Unterkonstruktion kleben zu können“, so Heinz Schneider, Bauleiter und Prokurist bei der Dachbau GmbH Piesendorf, die sich für den Fassadenbau verantwortlich zeichnete. Beim Anbau konnte die Alukonstruktion direkt auf die bereits schräg betonierten Wände inklusive Dämmfolie montiert werden.
Beim Kleben der Fassaden müssen strenge Richtlinien eingehalten werden: „Der Hersteller gibt für die Klebung von Fassaden bestimmte Sicherheitsrichtlinien vor. Die Temperatur darf die 5-Grad-Grenze zum Beispiel nicht unterschreiten, sonst kann keine Garantie für die Klebung übernommen werden“, so Schneider. Der so genannte „Prüfbericht“ bestätigt anschließend die Erfüllung der Vorschriftsrichtlinien. Um die Klebung doppelt abzusichern wurde beim „Europahaus Mayrhofen“ nach der intensiven Reinigung ein doppelseitiges Klebeband auf die Klebeschienen angebracht. Der Fassadenkleber wird anschließend parallel zum Klebeband aufgebracht. Zusätzliche Schrauben bei den Fugen sicherten die Tafeln bei der Montage doppelt ab.
Großformat als bestimmendes Gestaltungselement
Weiße, glatte oder sandgestrahlte Fassadentafeln, unterbrochen von bündig angesetzten großen Glasflächen und ebenso bündig angesetzten Lichtbändern, die in der Nacht gelblich leuchten, bilden das prägende Gestaltungselement. Die Farbgebung der weißen, sandgestrahlten Tafeln wurde gemeinsam mit dem Fassadenhersteller Auria angepasst, um den Lichtverhältnissen entsprechend ein gleichbleibend einheitliches Fassaden- und Dachbild zu generieren. Die Tafeln wurde vorgeschnitten angeliefert und dann vor Ort nochmals zurechtgeschnitten. Zusammen mit den gelben Lichtbändern, die leuchten, als würden helle Sonnenstrahlen auf einen riesigen Kristall treffen, gibt die Fassade ein stimmiges Gesamtbild ab. Fassade und Dach bilden durch die Faserzementtafeleindeckung zusätzlich einen Überhitzungs- und Schallschutz.
Autor
Dipl.-Ing. Harald Hüttner leitet den technischen Service bei Auria in Vöcklabruck (Österreich).
Die Temperatur darf beim Kleben der Fassadentafeln die 5-Grad-Grenze nicht unterschreiten
Bautafel (Auswahl)
Projekt Sanierung Kongresszentrum „Europahaus Mayrhofen“, A-6290 Mayrhofen
Bauherr Marktgemeinde Mayrhofen und Tourismusverein Mayrhofen
Architekten Architekturhalle, Arch. Mag. Arch. Raimund Wulz und Ing. Manfred König, A-6410 Telfs, www.architekturhalle.at
Verarbeiter Dachbau GmbH, A-5721 Piesendorf, www.dachbau.at
Produkte Weiße, glatte oder sandgestrahlte Fassadentafeln aus Faserzement von Auria, A-4840 Vöcklabruck, www.auria.at
Fassadentafeln mit vielen Möglichkeiten
Bei Neubauten besteht mit den unterschiedlichsten Fassadentafeln die Möglichkeit, auf einzelne Bedürfnisse und Vorstellungen einzugehen. Bei Unterkonstruktion, Dämmmaterial und auch bei der optischen Gestaltung gibt es viele Varianten. Die Faserzement-Fassadentafeln von Auria gibt es klein- und großformatig und in 70 Standardfarben sowie in verschiedenen Strukturvarianten. Format, Fugen und Befestigungsdetails können beliebig gewählt werden. Bei dem 2011 fertiggestellten Wohnhaus „Das kleine Schwarze“ mit einer Nutzfläche von 115 m2 galt es, ein schlankes Raumprogramm zu konzipieren. Man entschied sich für eine vorgehängte, hinterlüftete Fassade. Auf einer Holzunterkonstruktion wurden Auria-Wellplatten angebracht. Als Dämmmaterial wählten die Planer Zellulose. Das Wasser rinnt an der Fassade ab, eine Dachrinne gibt es nicht. Eindringende Feuchtigkeit kann hinter der Fassadenkonstruktion abtrocknen.