Schulsanierung mit Tageslichtsystemen
Die „Investitionen in Köpfe“ gelten langfristig als die besten, die eine Gesellschaft tätigen kann. In
Bildung investieren heißt auch, in Schulgebäude zu investieren, um diese energetisch und optisch
zu sanieren. Wenn dabei auch noch mehr Licht ins Gebäude gelangt, umso besser!
Die Martin-von-Tours-Gesamtschule in Neustadt bedurfte dringend einer Renovierung, während dem Landkreis Marburg-Biedenkopf dadurch gleichzeitig die Mittel eines Energieeinsparungsprogramms winkten. Man entschloss sich also, das Geld für die Modernisierung von Fassade und Haustechnik auszugeben, um sofort zu einer vorzeigbaren Architektur zu gelangen und langfristig die Ausgaben durch geringere Energie- und Bewirtschaftungskosten zu finanzieren. Die Architekten des Büros integrale planung aus Marburg sowie der Landkreis Marburg-Biedenkopf als Bauherr nahmen sich vor, die Schule mit vertretbarem Aufwand energetisch, baubiologisch und architektonisch zu sanieren. Zunächst trugen die Handwerker vorhandene Schadstoffe wie Asbest usw. ab, dann wurde baulich dort eingegriffen, wo die höchsten Energieeinsparpotentiale zu erwarten waren, nämlich an Dächern, Fassaden und Fenstern. Der Passivhausstandard wurde als Ziel formuliert, wenn auch nicht als Dogma, denn er sollte nur dort erreicht werden, wo Kosten und Nutzen in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen würden.
Natürliches Licht hat Vorrang
Bei der energetischen Betrachtung der transparenten Hüllflächen wurde schnell klar, dass insbesondere die vorhandenen 19 Oberlichter reduziert werden mussten. Gleichzeitig wollte man so viel Tageslicht wie möglich einsetzen. Deshalb wurden 13 Oberlichter zurückgebaut und zum Teil durch Solatube-Tageslichtsysteme ersetzt. Diese versorgen den großen multifunktionalen fensterlosen Raum im 1. OG nun mit natürlichem Tageslicht, ohne die Energiebilanz (hier ist die Heizenergie gemeint) des Gebäudes nachteilig zu beeinträchtigen. Um den Einsatz von Tages- und Kunstlicht zu optimieren, wurden in nahezu allen Schulräumen Lichtsensoren und Präsenzmelder installiert. Diese stellen fest, wann ein zusätzlicher Bedarf an Licht besteht, der dann über ein EIB/KNX-Bussystem an die Steuereinheit gemeldet wird. Das System regelt dann so viel Kunstlicht hinzu wie benötigt wird. Der Einsatz zeitgemäßer Lichtkomponenten unterstützt diesen Einspareffekt.
Neue Fassade bringt Energieeinsparungen
Die ungedämmte Außenwand in Stahlbeton-Skelettbauweise aus dem Jahr 1979 wies große Rücksprünge ins Gebäude auf. Heute steht vor der Tragkonstruktion eine neue, platzsparende und ansprechende Fertigteilfassade in Holzrahmenbauweise, die nach außen hin mit einer Holzfaserdämmplatte, einer Dämmung sowie einer Putzträgerplatte abschließt. Die Dämmung besteht aus einer 24 cm dicken Zellulose-Einblasdämmung (WLG 040). Ergänzt wird die Fassade durch Alu-Holzfenster mit einer Dreifachverglasung, die neben den energetischen auch akustische Vorteile bietet. Ein außen liegender Sonnenschutz mit einem Wind-/Regenwächter verschattet die Räume im Sommer. Die luftdichte Ebene des Wandaufbaus befindet sich auf der Rauminnenseite, weshalb eine mechanische Lüftungsanlage sinnvoll erschien. Die innen liegenden Räume werden von der modernisierten, vorhandenen zentralen Lüftung bedient, die Außenräume werden mittels dezentraler Geräte mit Wärmerückgewinnung belüftet, die im Bereich der Oberlichter montiert wurden.
Das Dach: Rückbau und Neuaufbau
Das vorhandene Dach (etwa 2000 m²) mit einer beschädigten Bitumenabdichtung und 10 cm durchnässter Dämmung war nicht zu retten und die großflächigen Ausschnitte für die Oberlichter taten ein Übriges. Der Dachaufbau wurde deshalb vom Team um Stefan Heim von der Firma Adam Müller GmbH aus Kirchhain bis auf die Dampfsperre zurückgebaut. Das neue Dach erhielt eine vollflächig verlegte, 24 cm (teilweise bis 34 cm) dicke PUR-Dämmung (Polyurethan-Hartschaum) der Wärmeleitgruppe WLG 024 sowie eine Gefälledämmung aus EPS (Polystrol).
Die vorhandene Photovoltaik-Anlage gehört einem externen Betreiber, der sie vor dem Umbau demontiert und hinterher auf der vermieteten Fläche wieder aufgestellt hat.
Im Zuge des neuen Dachaufbaus wurden die Lichtröhren-Durchgänge vorbereitet. Über die Dampfsperre wurde an der definierten Stelle ein Holzkasten gesetzt und so der Übergang durch die Dämmung vorbereitet.
Die Montage der Tageslichtsysteme lief dann in folgenden Schritten ab:
Montage der Dampfsperrmanschette auf vorhandener Dampfsperre
Montage des Holzunterbaus auf vorhandener Dampfsperrbahn
Verlegung der Dämmung und Abdichtung der gesamten Dachfläche
Eindichten der Holzkästen
Montage des Diffusers mit Unterteil in die Deckenplatten
Montage von zwei Bögen von innen bis durch die Dampfsperrmanschette
Montage des Verlängerungsrohres sowie des Oberteils mit Dacheinfassung von außen
Dämmung des Holzkastens mit Mineralwolle
Abkleben der Rohrstöße sowie Montage der Prismenkuppel
Die Ausschnitte für die verwendeten leistungsstarken Tageslichtsysteme „Solatube DS 290“ stellen mit einem Durchmesser von etwa 37 cm weder statisch noch energetisch noch akustisch eine Belastung dar. Als neues Abdichtungssystem kam die vlieskaschierte FPO-Kunststoffdachbahn „Thermoplan“ von Bauder mit einem Kiesbelag zum Einsatz und vervollständigte den Dachaufbau.↓
Vier Lichtröhren versorgen den großen multifunktionalen Raum nun mit Tageslicht
Bautafel (Auswahl)
Projekt Energetische Sanierung der Martin-von-Tours-Gesamtschule, 35279 Neustadt
Bauherr Landkreis Marburg-Biedenkopf
Dachdeckerarbeiten Adam Müller GmbH & Co. KG Bedachungen, 35274 Kirchhain
Lichtsysteme 4 „Solatube DS 290“-Tageslichtsysteme (mit Verlängerung und jeweils zwei Bogenstücken)
Interferenz Daylight GmbH, 47918 Tönisvorst,
Bis zu 20 Meter Länge sind möglich
Tageslichtsysteme wie die „Solatube“ kommen in nahezu allen Arten von Gebäuden zum Einsatz, sie werden in Privathäusern wie auf Flughäfen, in Industriebauten wie in Kirchen verbaut. Sie bestehen aus Aluminiumröhren, die an der Innenwand mit einem reflektierenden Material beschichtet sind. Bei der „Solatube“ besteht dieses aus einem sogenannten Multilayerfilm, welcher einen Reflexionsgrad von 99,7 Prozent erreicht und so Systemlängen von über 20 m zulässt. Die prismatisch strukturierte Acrylglaskuppel ist in der Lage, in die Röhren eine Lichtmenge einzuspeisen, für die ein planebener Einlass ein Vielfaches seiner Grundfläche benötigen würde. So bleibt die Kuppel klein, ein Vorteil, der auch im Denkmalschutz zum Tragen kommt. Im Raum tritt das Tageslicht über einen so genannten Diffuser aus. Dieser erhellt den Raum gleichmäßig und schlagschattenfrei.