Schadstoffsanierung sorgt für bessere, gesündere Raumluft in einem Soltauer Fertighaus
In den 1970er und 1980er-Jahren gebaut, sind sie heute oft sanierungsbedürftig: Die Rede ist von Fertighäusern. Ein junges Ehepaar in Niedersachsen hat ein solches Haus erworben. Zusammen mit einem befreundeten Handwerker schafften es die Bauherren, die Schadstoffbelastung im Haus zu verringern.
Lage, Größe, Aufteilung und Preis des Einfamilienhauses in Soltau waren aus Sicht von Martin von Deylen und seiner Frau perfekt: ein Walmdachbungalow in Hanglage, Baujahr 1971, massiv unterkellert, mit einer Wohnfläche von etwas mehr als 120 m2. „Neben den Umbau- und Renovierungsarbeiten beschäftigte uns nach der ersten Hausbesichtigung die Frage, ob die Innenraumluft eventuell durch die alten Baumaterialien belastet sein könnte“, erinnert sich Martin von Deylen. Die Belastung von Holzbauteilen in vielen Fertighäusern, die ab Mitte der 1960er-Jahre bis Mitte der 1980er-Jahre errichtet wurden, ist ein viel diskutiertes Thema. In den alten Häusern finden sich oft heute verbotene Bestandteile von Holzschutzmitteln wie Lindan und Pentachlorphenol (PCP).
Starke Formaldehydbelastung
Der Verkäufer des Soltauer Einfamilienhauses beauftragte das baubiologische Sachverständigenbüro Schünemann aus Jesteburg mit der mikrobiellen und chemischen Untersuchung der Raumluft. „Formaldehyd und belastende Holzschutzmittel sowie Chloranisole wurden noch bis 1983 in der Fertighausherstellung eingesetzt. Es gab bei diesem Haus also einen begründeten Verdacht auf Schadstoffbelastung“, sagt die Sachverständige Doris Schünemann. Ein Verdacht, der im Laufe ihrer Untersuchung bestätigt wurde: Die Belastung mit Formaldehyd lag bei 0,328 mg/m3. Laut Umweltbundesamt sollte die Konzentration von Formaldehyd in der Innenraumluft 0,1 mg/m³ nicht überschreiten, da über dieser Grenze bei empfindlichen Personen bereits Augen und Nasenschleimhäute gereizt werden können.
Altes Holzschutzmittel Lindan
Auch die Raumluftuntersuchung auf Bestandteile von alten Holzschutzmitteln zeigte Auffälligkeiten: Zwar konnte nur eine vernachlässigbare Belastung mit dem bis 1979 als Fungizid eingesetzten Pentachlorphenol festgestellt werden, dafür wurden größere Mengen von Lindan in der Raumluft nachgewiesen. Lindan wurde bis Mitte der 1970er-Jahre als Insektizid in Holzschutzmitteln genutzt, bevor es mit Beschluss der Chemikalienverbotsverordnung aus der Herstellung verschwand. 1993 hat das damalige Bundesgesundheitsamt auf Basis von Fallberichten einen empirisch begründeten Handlungsrichtwert zur Abwendung gesundheitlicher Gefährdungen (Richtwert II) von 1 µg Lindan pro m3 Raumluft festgesetzt. Als Richtwert I, nach dem auch bei lebenslanger Exposition keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten sind, wurden 0,1 µg/m3 bzw. 100 ng/m3 festgelegt. Der in Soltau gemessene Lindan-Wert in der Raumluft lag mit 0,15 µg/m3 unterhalb der gesundheitsgefährdenden Belastung, aber über Richtwert I.
Chloranisole: ungefährlich, aber störend
Der dritte Untersuchungsgegenstand waren die so genannten Chloranisole. Gesundheitlich auch in stärker belasteten Räumen eher unbedenklich, sind sie vor allem als Geruchsstoff bekannt: „Chloranisole sind die Ursache des muffig-schimmeligen Geruchs, der sich im Laufe der Jahre in manchen älteren Fertighäusern bildet. Dieser typische „Fertighausgeruch“ kann manchmal so penetrant sein, dass er in der Kleidung der Bewohner „hängen bleibt“ und noch längere Zeit nach Verlassen des Gebäudes an der Person wahrnehmbar ist. Während meines Rundgangs durch alle Räume im Haus konnte ich diesen Geruch wahrnehmen, die Messung der verschiedenen Chloranisole zeigte aber keine nennenswerten Überschreitungen der als Geruchsschwellen angesehen Werte“, so Doris Schünemann.
Das vorläufige Fazit: Eine Belastung der Raumluft durch Formaldehyd (0,328 mg/m3), eine aus hygienischer Sicht zu beseitigende Belastung durch Lindan (150 ng/m3) sowie eine Geruchsbelastung durch Chloranisole.
Sanierung statt Komplettabriss
Gemeinsam mit befreundeten Handwerkern begab man sich auf die Suche nach Erfolg versprechenden (Sanierungs-)Möglichkeiten, um die Schadstoffbelastung zu beseitigen oder zumindest auf ein unbedenkliches Niveau zu reduzieren. „Wer sich im Internet umschaut, findet viele Möglichkeiten: von der einfachen Behandlung der Wände und Decken mit Spezialanstrichen bis zum Komplettabriss“, so Martin von Deylen, „da wir die Innenräume ohnehin komplett renovieren wollten, sind wir relativ schnell auf die raumluftreinigenden Systeme von Rigips gestoßen.“ Rigips stattet inzwischen immer mehr seiner Produkte mit dem Luftreinigungseffekt „Activ’Air“ aus. Gipsplatten, Gipsfaserplatten oder auch schallabsorbierende Lochplatten, die damit ausgestattet sind, sollen dafür sorgen, dass Luftschadstoffe wie Formaldehyd aus Innenräumen verschwinden.
Gipsfaserplatten für Trennwände und Decken
In Abstimmung mit einem Handwerksunternehmen und einem Rigips-Techniker entwickelte Martin von Deylen das Ausbaukonzept für sein Eigenheim. Sämtliche, teilweise tragenden Trennwände erhielten eine Beplankung aus „Rigidur H Activ’Air“-Gipsfaserplatten, insgesamt eine Fläche von circa 250 m2. Ebenso wurden alle Decken – noch einmal rund 125 m2 – mit diesen Platten verkleidet. Dabei wurden die vorhandenen OSB-Platten an den Decken nicht entfernt, sondern mit den Gipsfaserplatten überdeckt.
Reinigungsanstrich auf Kalkmilchbasis
Komplexer gestaltete sich die innenseitige Sanierung der Außenwände auf einer Fläche von rund 125 m2. „Im ersten Schritt haben wir die alte Gipskartonverkleidung und eine Dämmung aus Mineralwolle entfernt. Die freigelegten Holzwände haben wir mit einem Reinigungsanstrich auf Basis von Kalkmilch versehen. Anschließend wurde ein Vlies in die Holzgefache eingelegt, Vlies und Anstich sollen zusätzlich zu den „Activ’Air“-Platten Schadstoff- und Geruchsbelastungen verringern“, sagt Martin von Deylen. Zur Dämmung der Außenwände setzte man auf eine diffusionsoffene Holzfaserdämmung, bevor abschließend eine feuchtigkeitsregulierende Dampfbremse verlegt und die 12,5 mm starken „Rigidur H Activ’Air“-Platten montiert wurden. „Zusammen mit der Fußbodensanierung – rund 95 m2 OSB-Platten wurden gegen Trockenestrichelemente von Rigips ausgetauscht – waren die Trockenbauarbeiten in wenigen Wochen abgeschlossen“, erzählt der Bauherr. Darüber, ob die Sanierungsmaßnahmen auch die gewünschten Effekte auf die Raumluft haben, sollte eine zweite Messung durch Baubiologin Doris Schünemann Aufklärung bringen.
Messergebnisse nach der Sanierung
Um den Erfolg der Maßnahmen zu messen, wartete der Bauherr nach dem vollständigen Umbau und dem Bezug der Immobilie drei Monate mit der Nachmessung. So hatte er die Sicherheit, dass die ermittelten Werte auch wirklich dem realistischen Szenario eines bewohnten Hauses entsprachen.
Die Ergebnisse der erfolgten Nachmessung im Überblick: Die in der Raumluft nachgewiesene Formaldehydkonzentration konnte von 328 µg/m3 auf 54 µg/m3 verringert werden. Die Belastung durch Lindan sank von 150 ng/m3 auf 15 ng/m3. Das für etwaige Geruchsbelästigungen mitverantwortliche Tetrachloranisol in der Raumluft sank von 21 ng/m3 auf 2,6 ng/m3.
Aus Sicht von Martin von Deylen ist das Sanierungskonzept damit voll aufgegangen: „Die Ausbauarbeiten waren in sehr kurzer Zeit fertig, das war für uns wichtig, weil wir einen festgelegten Einzugstermin hatten. Abgesehen davon fühlen wir uns sehr wohl in unserem neuen Zuhause. Die Entscheidung, in dieses Haus zu investieren, war im Nachhinein auf jeden Fall die richtige.“
AutorenKai Fricke ist Produktmanager für robuste Wandlösungen und Martin Büsch Leiter der Kommunikation bei der Saint-Gobain Rigips GmbH in Düsseldorf.