Sandstrahlen statt abbeizen von Holzfassaden
Mit dem Verbot von Dichlormethan wurde das Abbeizen von Beschichtungen erschwert. Chemische Alternativen sind in ihrer Wirkung wesentlich langsamer. Eine Alternative ist das Strahlen mit Druckluft und einem Strahlmittel. Holzoberflächen können nach dem Abstrahlen sofort beschichtet werden.
In der Schweiz, etwa im Berner Oberland, aber auch in Deutschland, gibt es Regionen, in denen Häuser mit Holzfassaden gehäuft auftreten. Die meisten dieser Holzfassaden sind mit einer Oel,- Alkyd,- oder Acrlylasur gestrichen worden. Um sie instandzuhalten, müssen die Hölzer mitunter von der Altbeschichtung befreit und neu beschichtet werden.
Hoher Aufwand, gutes Endergebnis
Das Sandstrahlen scheint zunächst aufwendig: Zum einen braucht man einen eigenen Maschinenpark, zum anderen genug Platz für verschiedene Strahlmittel. Die Abdeckarbeiten müssen gründlich ausgeführt werden und für die Arbeit selbst braucht man Erfahrung. Dem hohen Aufwand steht aber ein sehr gutes Endergebnis entgegen. Ein gelungenes Beispiel ist das Strahlen eines Doppelhauses durch die Firma Werren AG in Gstaad. Besonders interessant ist das Projekt, weil hier eine bestehende und eine neue Fassade nach der Behandlung ähnlich aussahen.
Durch Abstrahlen neuer Glanz
Das Doppelhaus in Gstaad wurde in den 1970er Jahren erbaut, beide Hausteile dann 2014 innen und außen umgebaut und gedämmt. Die rechte Doppelhaushälfte wurde auch gänzlich neu verschalt. Ihre Hölzer waren vor dem Montieren damals lasiert worden. Ziel war es, beide Gebäudehälften so zu behandeln, dass sie am Ende optisch zusammenpassen. Das konnte durch das Abstrahlen der bestehenden Fassade erreicht werden. Die Altfassade war mit einer Öllasur versehen gewesen. Nach dem Strahlen waren die Hölzer dann wieder von der gleichen Helligkeit. Anspruchsvoll Sandzustrahlen waren die profilierten Oberflächen, wie die Verzierungen um die Fenster – unten der Zahnschnitt, oben die Bundverzierung. „Die Schwierigkeit ist, dass später die Struktur gleichmäßig ist“, betont Stephan Bettler, Fachmann für Strahlarbeiten bei der Werren AG. Er machte sein Angebot auf Basis eines Voraufmaßes vor Ort. Dabei bot er alternativ ein Abbeizen an.
Für Fichteholz gibt es Glasperlen
Der Gerätepark der Werren AG umfasst große Druckluftkompressoren mit einer Abgabeleistung von 3 bis 7 m³ in der Stunde und vier Druckbehälter in verschiedenen Größen. In die Druckbehälter wird das Strahlgut eingefüllt. Harte Untergründe werden mit harten kantigen Mittel gestrahlt, zum Beispiel mit Hartguss, Schlacke oder Korund. Keramikperlen dagegen werden zum Beispiel für die Edelstahlreinigung eingesetzt. Im Denkmalbereich werden weiche Strahlmittel wie Calciumcarbonate verwendet. „Da muss man mit dem Druck aufpassen und schauen, wie nah man an die Fassade geht“, erklärt Fachmann Bettler. Früher wurde auch mit Quarz gestrahlt. Um die Gefahr einer Silikose zu minimieren, wird Quarz heute nicht mehr verwendet. Eine Silikose ist eine Feinstaubkrankheit, wie zum Beispiel Quarzstaublunge, die durch das Einatmen von Feinstaub, beispielsweise beim Arbeiten mit Quarz, hervorgerufen wird. Für das relativ weiche Fichtenholz der Doppelhäuser wurden Glasperlen eingesetzt. Mit ihnen lässt sich eine feine Struktur erzielen, da ihre Oberfläche nicht scharfkantig ist.
Aufwendige Abdeckarbeiten
Zum Einrichten der Baustelle wurde ein normales Arbeitsgerüst aufgestellt und komplett mit Kunststofffolie eingedeckt. Fensterscheiben und andere Bauteile, die nicht aus Holz bestehen, mussten geschützt werden. Die Abdeckfolie wird in die Fenster eingeklemmt und wieder geschlossen. Das genügt normalerweise als Schutz. Bei den Doppelhäusern wurden die Fensterrahmen abgeschliffen und neu beschichtet. Weil es absehbar war, dass die Baustelle länger dauern würde, wurde auch hier zum Schutz der Scheiben das Glas abgedeckt. Das Abdecken dauerte etwa vier Arbeitstage für einen Handwerker. „Das muss man sehr gründlich machen“, bekräftigt Bettler. Er berichtet von einem Mitbewerber, der eine zu dünne Folie verwendet hatte und dabei einen großen Schaden verursacht hat.
Sandstrahlen nach Vorschrift
Mit dem Strahlen selbst waren zwei Mann fünf Tage beschäftigt. Als Schutz diente dem einen ein spezieller Kombianzug und ein Strahlhelm. Als Arbeitsschutz trug er eine Feinstaubmaske und wurde in einem geschlossenen Luftkreislauf mit Frischluft versorgt. Die Luft wurde zudem über Kohlefilter gereinigt. Der zweite Arbeiter war bei den Maschinen, überwachte die Arbeiten und versicherte sich regelmäßig, dass es dem Arbeiter an der Strahlpistole gut ging.
Die Herausforderungen bei solchen Projekten ähneln sich: Die unterschiedlich profilierten Oberflächen sollen gleichmäßig abgestrahlt werden. Der Abtrag variiert nicht nur durch Verzierungen, sondern auch innerhalb einer glatten Holzoberfläche. Denn die Härte von sich abwechselndem Früh- und Spätholz ist unterschiedlich. Ist der Strahl zu lange auf dem Holz, wird zu viel von dem weichen Holz abgetragen. Das ist dann spätestens nach der Endbeschichtung zu sehen. Zu einer gleichmäßigen Arbeit gehört auch, dass die Gerüstlagen nicht zu sehen sind.
Eine Entsorgungspflicht gibt es beim Strahlen wie beim Ablaugen. Das auf dem Boden anfallende Strahlmittel und der Abtrag wurden in einen großen Container zur Entsorgungsgesellschaft gebracht. Direkt nach dem Strahlen wurde als Endbeschichtung mit Alkydharz lasiert und der Auftrag konnte abgeschlossen werden.
AutorAchim Pilz ist Architekt und Buchautor. Sein Schwerpunkt sind Themen zum ökologischen Bauen. Er lebt und arbeitet in Stuttgart. www.bau-satz.net
Hinweis: Der Artikel ist zunächst in der Zeitschrift „Applica, die Zeitschrift für das Maler- und Gipsergewerbe“ erschienen.
Unterschiedliche Strahlmittel
Als Strahlmittel werden unterschiedliche Stoffe verwendet – insgesamt gibt es etwa 200 verschiedene. Für Holz eignen sich grundsätzlich nicht abrasive Stoffe (zu lateinisch abradere = abkratzen) wie Glasperlen, Bicarbonat, CO2-Pellets, Getreideschrot oder Walnussschalen. Sie sind relativ weich und verändern den Untergrund nicht oder kaum. Mit ihnen lassen sich empfindlicher Oberflächen schonend reinigen.
Strahlmittel werden nach ihrem Gewicht, der Härte und der Kantigkeit ausgewählt. Aus diesen drei Größen ergibt sich zusammen mit dem Strahldruck die Aufprallenergie, die die bestimmende physikalische Größe ist. Weitere Größen wie Temperatur oder Wasserlöslichkeit verändern das Ergebnis. Feinen Stoffen wie etwa Bicarbonat kann beim Strahlen auch etwas Wasser zugefügt werden, was die Staubentwicklung reduziert. Um zu bemustern braucht man am besten eine Grundausrüstung mit den Strahlmitteln Glasbruch, Feinstrahlsand und Bicarbonat.