Reetdach des Hotels Alster Au erneuert
Das Hotel Alster Au in Hamburg, eine historische Reetdachkate von 1647, hat einen ganz besonderen Charme. Nach vielen Jahrzehnten musste im Frühjahr 2019 das Dach des Hauses neu mit Reet eingedeckt werden.
Zuerst wurde das alte Reet vom Dach abgenommen. Einige Sparren waren nicht in einer Ebene, Beulen und Lunken mussten ausgeglichen werden. Das geschah in diesem Fall durch eine neue Lattung. Für die gleichmäßige, ebene Oberfläche sorgten die Reetdachdecker durch das Eindecken des neuen Reets. Insgesamt wurden 4000 Bunde auf 400 m² Dachfläche eingedeckt, also 10 Bunde pro Quadratmeter. Viele Passanten bewunderten während der Bauzeit das Eindecken und die traditionelle Handwerkskunst, mit der die Reetdachdecker das Reet Schicht für Schicht bis hinauf zum First verlegen.
Gebundene Reetdeckung
Die Dachdecker führten dabei das Dach in gebundener Reetdeckung aus. Die Reetbunde werden dabei mit 4,5 mm starken Stangendrähten („Schachtdraht“), die parallel zur Dachlatte verlaufen, an die Lattung herangezogen. Der Stangendraht liegt mit etwa 15 bis 17 cm in der Mitte der Eindeckstärke von 30 cm bis 35 cm. Mit einem speziellen Nähbesteck wird ein 1 mm dicker Bindedraht um die Dachlatte herumgeführt und mit dem Stangendraht verdrillt. Jeder Bund wird in der Länge drei- bis viermal mit dem Draht fixiert, entsprechend an die Dachlatten gebunden und mit dem Klopfbrett in Form gebracht.
Erker, Rundgauben und Heidefirst
Die oberste Lage wird umgedreht aufgebracht und überdeckt damit die andere Seite. „Abschließend haben wir eine Pappschicht unterlegt und den Heidefirst aufgebracht. Das verlief bei diesem Dach ebenso unproblematisch wie die neue Eindeckung der Erker, und der Rundgauben“, sagt Reetdachdecker Thorsten Ehmann. Das Dach hat eine Neigung von 45 Grad. Für die Eindeckung mit Reet ist das die Mindestdachneigung.
Es dauerte, bedingt durch Wetter, Sturm und Regen, fast zehn Wochen, bis das QSR-geprüfte rumänische Reet (QSR= Qualitätssicherung Reet) auf dem Dach verlegt war. Reet muss stets trocken eingebunden werden. „Wir haben das Reetdach mit drei Reetdachdeckern und einem Helfer erstellt“, sagt Thorsten Ehmann.
Über mehrere Jahrzehnte haltbar
Der qualitätsorientierte Umgang mit dem Reet und die Aufbereitung der Reetbunde beginnt schon während der Erntezeit im Winter. Nachdem das Reet vollständig abgestorben ist und alle Nährstoffe zurück im Rhizom sind, wird das Reet so tief wie möglich geschnitten und zunächst luftig zwischengelagert. Die ersten Reetbunde werden dann im Frühjahr fertiggestellt und exportiert. Die Überprüfung des Reets auf Einhaltung des Produktdatenblattes erfolgt beim Lieferanten oder später auf der Baustelle. Beachtenswert ist dabei der Grad der Trockenheit.
Gut belüftete Reetdächer halten lange
Nach dem Eindecken bieten reetgedeckte Häuser lange Schutz, wobei die Lebensdauer des Reets von vielen Faktoren beeinflusst wird, etwa der fachgerechten Verarbeitung, Materialqualität und der Ausrichtung zur Wetterseite. Gut belüftete Reetdächer mit regelmäßiger Sonneneinstrahlung sowie steile Dächer haben eine Lebenserwartung über mehrere Jahrzehnte, wenn sie einer regelmäßigen Wartung und Pflege unterzogen werden.
Autor
Ulrich Krumstroh ist freier Journalist und Inhaber der Presseagentur Elbfaktor in Trittau.