Pflege und Instandhaltung von Steildächern
Das Dach hatte ursprünglich nur den Zweck, den obersten Abschluss eines Gebäudes zu bilden, um es vor Wind und Wetter zu schützen. Heute wird das Volumen unter dem Dach meist als Wohnraum verwendet. Nur eine regelmäßige Pflege und Instandhaltung hilft allerdings, den Wert der Immobilie langfristig zu erhalten.
Um den Wert einer Immobilie zu steigern, kann, neben der Nutzung der Steildach-Ausbaureserven, das Dach durch die nachträgliche Anordnung von Solarelementen (Photovoltaik, beziehungsweise Solarthermie) sinnvoll genutzt werden. Neben der Wertsteigerung wird dabei auch noch Energie selbst erzeugt.
Grundsätzlich gilt aber immer – wie für jedes Bauteil eines Gebäudes (und natürlich auch für eine Solaranlage) – dass nur die regelmäßige Pflege und Instandhaltung beziehungsweise Sanierung langfristig zur Werterhaltung beitragen wird. Bedauerlicherweise werden heute von vielen Hausbesitzern und Immobilienverwaltern Dachflächen immer noch nachrangig behandelt (im Gegensatz zu den energetischen Verbesserungen anderer Teile des Hauses). Doch gerade bei alten Steildächern ist es wichtig, auf eine sachgemäße Pflege und Instandhaltung zu achten. Nur so ist ein langlebiger Schutz der Gebäude gegen Witterungseinflüsse vorhanden. Oft ist (bei Hausbesitzern und Dachhandwerkern) die früher immer regelmäßig durchgeführte Kontrolle durch eine Begehung – mindestens ein Mal jährlich – offensichtlich in Vergessenheit geraten. Auch haben manche Hersteller vermutlich mit dazu beigetragen, die jährlich notwendige Inspektion der Dachfläche zu vernachlässigen, indem in ihren Werbeaussagen die Pflegeleichtigkeit und jahrzehntelange Produktgarantien herausgestellt und dadurch eine lange Lebensdauer ohne Kontrolle suggeriert wird. Deshalb sollte jeder verantwortungsbewusste Dachhandwerker seinen Kunden immer auf die notwendige und regelmäßige Inspektion und Wartung von Dachflächen hinweisen. Denn ein sicheres Dach ist nicht nur im Interesse des Eigentümers wichtig: Jeder Eigentümer hat auch eine Verkehrssicherheitsverpflichtung gegenüber Passanten und eine Obliegenheitsverpflichtung gegenüber seinem Sachversicherer.
Wartungsverträge verlängern für gewöhnlich die
Lebensdauer
Das Deutsche Dachdeckerhandwerk fordert in seinen „Regeln für Abdichtungen“, dass Dachdeckungen, Abdichtungen und Außenwandbekleidungen in gewissen Zeitabständen überprüft werden müssen. Empfohlen wird dafür der Abschluss eines Inspektions- und Wartungsvertrages, um die regelmäßige Überprüfung und Wartung – im Einzelfall auch notwendige Sanierung – vom Bauteil „Dach“ sicherzustellen. Rechtzeitig eingeleitete Reparaturen verlängern die Lebensdauer von Bauteilen und bewahren jeden Immobilienbesitzer vor Schäden. Je früher Veränderungen, Behinderungen oder Beschädigungen festgestellt werden, umso geringer ist der finanzielle Aufwand zur Beseitigung der Folgeschäden.
Normen und Regeln im Immobilienbereich
Insbesondere bei größerem Immobilienbestand herrscht die Meinung vor, mit bisherigen Methoden und Arbeitsweisen den Wohnungsbestand ausreichend instandhalten zu können. Im Einzelfall mag das zutreffen. Besonders dann, wenn Eigentümer oder Hausverwaltungen bisher die notwendigen Instandhaltungen immer nur schadensabhängig beziehungsweise zustandsabhängig durchgeführt haben.
Eine oft gehörte Meinung ist, dass ein Wartungsvertrag nur Kosten mit sich bringe und sich nicht lohne. Oft warten die Verantwortlichen dann lieber, bis das Dach undicht, die Regenrinne verstopft oder das Dachflächenfenster beschädigt ist, um dann einfacher argumentierbar einen Reparaturauftrag ausstellen zu können, nach dem Motto „Gefahr in Verzug“. Für den Immobilienbereich gibt es Normen und Regelwerke, die auf die Instandhaltung von Gebäuden zielen. Es gibt die Europäische Norm DIN EN 13306 „Begriffe der Instandhaltung“, die für Deutschland überarbeitete Norm DIN 31051 „Grundlagen der Instandhaltung“ und die „Regeln für Abdichtungen“ des Deutschen Dachdeckerhandwerks.
Die Säulen der Gebäudeinstandhaltung
Mit Instandhaltung bezeichnet man allgemein, dass der ursprüngliche Zustand eines Gebäudes oder Bauteils (zum Beispiel Dach) aufrechterhalten werden soll. Die Instandhaltung beinhaltet nach Definition der Normen, Regeln und dem allgemeinen Verständnis die folgen Handlungen:
Wartung
Sinn und Zweck der Wartung ist es, die Abnutzung von Geräten, Bauteilen und technischen Einrichtungen möglichst gering zu halten. Beim Dach zählen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit beispielsweise Entwässerungseinrichtungen, Ab- und Zuluftbauteile, Abdeckungen, Einfassungen, Trittstufen, Ausstiegsöffnungen, Blitzschutz und Ähnliches. Nicht vergessen werden darf dabei, dass Schmutzablagerungen (zum Beispiel durch Bemoosung), die eine Funktionsfähigkeit beeinträchtigen, sofort entfernt werden müssen (zum Beispiel bei Regenrinnen). Bemooste und mit Flechten bewachsene Dachflächen trifft man – unabhängig vom Deckbaustoff – häufig im Bereich von Bäumen und Regenwetterseiten an.
Moose und Flechten können sich nur ansiedeln, wenn der Untergrund permanent feucht ist. Deshalb sollte hier zunächst der Zustand des Deckbaustoffes überprüft werden. Denn selbst in Haarrissen siedeln diese Pflanzen und führen in Frostperioden durch eine Volumenvergrößerung zu Absprengungen und zu Beschädigungen des Deckbaustoffes. Man kann im frühen Stadium diese Pflanzen durch Dampfstrahlen entfernen, später ist eine Sanierung jedoch nur noch durch eine Neueindeckung möglich.
Inspektion
Eine Inspektion wird immer direkt am Gebäude beziehungsweise an den zu prüfenden Bauteilen (Dach) durchgeführt. Dabei wird der augenblickliche Istzustand des Objekts genau beurteilt. Es sollen die Ursache der Abnutzung beziehungsweise der Veränderung festgestellt und daraus die notwendigen Empfehlungen gezogen werden. Die Veränderungen sollte immer schriftlich und fotografisch dokumentiert werden. Die Inspektion bezieht sich auf die Beschaffenheit der freiliegenden Werkstoffe (zum Beispiel Dacheindeckung, Lüfterziegel, Kaminabdeckung) und auf die sichtbaren Veränderungen durch äußere Einwirkung. Besonders kleinste Fehlstellen oder Abplatzungen an Dachziegeln werden oft übersehen. Je nach Deckbaustoff führen Einschlüsse im Ziegel aus Kalk oder Humus im Laufe der Zeit zu winzigen Absprengungen, die durch Regen und Frost schnell zu einem Schaden führen können.
Instandsetzung
Unter den Begriff „Instandsetzung“ fallen alle durchzuführenden Arbeiten, mit denen sich entweder der ursprüngliche Zustand oder die generelle Funktionsfähigkeit eines Gebäudes, eines Bauteils oder eines Gerätes erhalten oder wiederherstellen lässt. Darunter fallen aber nicht Verbesserungen am Gebäude selbst oder an einzelnen Gebäudeteilen.
Sanierung, Verbesserung, Modernisierung
Die Sanierung, Verbesserung oder Modernisierung erfolgt immer dann, wenn beispielsweise Arbeiten zur Anpassung an energetische Verbesserungen nach neuen Normen, Vorschriften oder Gesetzen durchgeführt werden müssen. Das ist beispielsweise bei der nachträglichen Veränderung einer Wärmedämmung der Dachfläche durch Gesetzesvorschriften der Fall. Bei Instandsetzungsmaßnahmen, die über die reine Reparatur hinausgehen und eine Anpassung an einen technisch oder wirtschaftlich besseren Standard vorsehen, spricht man auch von einer „modernisierenden Instandsetzung“. Eine Verbesserung des Gebäudes liegt auch dann vor, wenn bei einem Altbau eine Modernisierung oder Generalsanierung durchgeführt wird. Das ist bei der Sanierung der Fall, wenn beispielsweise von einem Gebäude nur noch die statisch notwendigen und optisch sinnvollen Gebäudeteile bestehen bleiben. Beim Dach wird außer dem statisch tragenden Dachstuhl alles abgetragen und anschließend mit neuen Baustoffen verbessert aufgebaut. In solchem Fall wird auch von einer „Entkernung“ gesprochen, wobei das hier als Beispiel angeführte Steildach danach meist einen höheren Nutz- und Immobilienwert besitzt.
Aufstockung und Aufsattelung
Bezogen auf das Steildach, gehören auch die Bergriffe „Aufstockung“ und „Aufsattellung“ dazu. Wird bei zu geringer Geschosshöhe der Ausbau eines Steildaches verhindert, kann durch Anheben des gesamten Dachtragwerks mit der Aufstockung von Drempeln (Kniestöcken) im Außenmauerbereich und kraftschlüssiger Verbindung des Dachtragwerks mit dem Gebäudeteil nutzbarer Wohnraum gewonnen werden. Im Gegensatz dazu bezeichnet man die Gewinnung von zusätzlichem Nutzraum bei einem Gebäude mit Flachdach durch den Aufsatz eines kompletten, neuen Steildachstuhls als Aufsattelung.
Checkliste für Dachinspektion
Sollte eine grundlegende Sanierung des Daches anstehen, kann anhand einer Checkliste (siehe Web-Service) schnell ermittelt werden, welche Baustoffe auf dem Dach verwendet wurden. Das ist insofern wichtig, wenn Baustoffe dabei sind, die zum Beispiel als Sondermüll entsorgt werden müssen. Diese Liste sollte als Anregung dienen, die noch entsprechend dem zu inspizierenden Gebäude ergänzt werden muss. Eine solche Inspektionsliste kann nicht nur zur Vorlage beim Bauherren dienen, um notwendige Maßnahmen durchführen zu können, sondern auch als Beleg – falls ein Schadensfall eintritt – mit dem nachgewiesen werden kann, dass entsprechende Maßnahmen empfohlen wurden. Zudem kann sie auch zur Vorlage bei der Sachversicherung dienen, um bessere Prämien zu bekommen. Falls mit dem Hausbesitzer ein Wartungsvertrag geschlossen wurde, sollte grundsätzlich eine Checkliste angelegt werden. Solche Musterverträge sind bei der Innung erhaltlich. Ausführliche Informationen und ein Programm zur Kalkulation von Instandhaltungsmaßnahmen sind im Buch „der Instandhaltungsplaner“ aufgeführt
AutorHans Jürgen Krolkiewicz ist beratender Ingenieur (BDB), Sachverständiger und Buchautor. Er lebt in Köln und publiziert als freier Journalist Themen aus dem Baubereich.Jeder Dachhandwerker sollte auf eine regelmäßige Inspektion hinweisen
Inspektionsliste hilft im Schadensfall und als Prämienberechtigung
Checkliste Steildachinspektion
Hier finden Sie eine Checkliste für die Dachinspektion als pdf zum Download, mit deren Hilfe die verschiedenen Aufgaben systematisch erledigt und abgehakt werden können