Ökologisches Konzept für Betriebs-Kita
Auf dem Trumpf-Campus in Ditzingen entstand die erste Betriebskindertagesstätte des Werkzeugmaschinenbauers Trumpf. Als reine Massivholzkonstruktionen wurden die Wand- und Deckenelemente des eingeschossigen Gebäudes leimfrei vorgefertigt, angeliefert und montiert.
Die Kita auf dem „Trumpf-Campus“ in Ditzingen bei Stuttgart ist vornehmlich für die Kinder von Mitarbeitern der Firma Trumpf gedacht, steht aber auch für andere Kinder offen. Das Betriebsgelände selbst, der sogenannte Campus, ist 27 Hektar groß. Neben der Produktion befinden sich hier die Forschung, Dienstleistung, Verwaltung und die Kantine.
Mit seinem flach geneigten Satteldach, das als offenes und sichtbares Sparrendach aus Weißtanne ausgebildet wurde, knüpft der neue Kita-Bau an die Architektur benachbarter Bauernhöfe an. Im Hinblick auf die Witterungseinflüsse hat das Dach auf allen vier Gebäudeseiten einen Überstand, der in der Tiefe variiert und Räume sowie die Terrasse vor direkter Sonneneinstrahlung oder Regen schützt. Zur natürlichen Belichtung, Belüftung und Entrauchung sind seitlich der Firstlinie großzügige Oberlichter angeordnet. „Die Betriebskindertagesstätte von Trumpf verbindet architektonische, soziale und planerische Nachhaltigkeit. Es war der ausdrückliche Wunsch des Bauherrn und der Architekten, in diesem Bereich neue Maßstäbe zu setzen“, sagt Tobias Wenz vom Architekturbüro Barkow Leibinger, der verantwortlich für das Projekt war. Das Gebäude ist komplett barrierefrei und erfüllt den Effizienzhaus-Standard KfW 55. Begleitet durch regelmäßigen Austausch, Abstimmungen und einen laufenden Dialog wurde der Neubau der Kita durch die Firma Trumpf, die Planer und die Stadt Ditzingen projektiert. Die Trägerin der Kita konnte im Rahmen eines transparenten Planungsprozesses durchgehend einbezogen werden.
Nachhaltige Bauweise
Für den Neubau galt es, die baubiologische und chemische Unbedenklichkeit aller Produkte sowie die Qualität aller sichtbaren Oberflächen zu gewährleisten. Die verwendeten Hölzer stammen aus PEFC zertifizierten Wäldern und sind unbehandelt. Fassade, Wände und Dach der Massivholzkonstruktion bestehen im Kern aus vorgefertigten Holzelementen, die ganz ohne Leim und Metall gefertigt wurden. Im Auftrag des Generalunternehmers Weizenegger Objektbau GmbH konnte mit Holzius ein Unternehmen in Südtirol als Nachunternehmer gefunden werden, das die Anforderungen an die hoch gesteckten ökologischen Standards erfüllt – leimfreies Holz war gefordert. Bei den Wand- und Deckensystemen der Firma Holzius ist eine Gratleiste in Schwalbenschwanzform der Kern der Konstrukton. Diese Verbindung soll Formstabilität und dauerhafte Luftdichtheit garantieren, ohne den Einsatz weiterer Baustoffe. Damit konnte die gesamte Konstruktion folienfrei und diffusionsoffen gestaltet werden. Die Holzfaserdämmung, die außen auf den Massivholzwänden verlegt ist, sorgt für den notwendigen Wärmeschutz und unterstützt die wasserdampfdurchlässige Konstruktion.Bei einer etwaigen Entsorgung ist eine gänzliche Rückführung der Wand- und Deckenelemente in das Ökosystem möglich. „Mit der Beachtung der Regeln des konstruktiven Holzschutzes hat diese Holzkons-truktion eine nahezu unbegrenzte Lebensdauer“, ergänzt der Projektverantwortliche Tobias Wenz.
Der Kern der Wandelemente setzt sich aus zwei je 6 cm starken Fichtenholzdielen zusammen. Zusammengefügt werden die Elemente über eine Gratleiste in Form eines Schwalbenschwanzes, bei den Deckenelementen sind es Dübel. Die äußere Bekleidung besteht aus einer 2,7 cm starken, sichtbaren Decklage aus Weißtanne auf einer Holzlattung. Die äußere, wärmedämmende Ebene oberhalb dieser Decklage besteht aus einer Holzständerkonstruktion mit dazwischenliegender Holzweichfaserdämmung.
Da die komplette Holzkonstruktion des Neubaus leimfrei ist, kann sie wieder- oder weiterverwendet werden, eine spätere Demontage und Wiederverwertung ist möglich. Gemäß des Cradle to Cradle-Prinzips kann das Holz dadurch gänzlich wieder in die Wertschöpf-ungskette zurückgeführt werden. Von den 120 mm dicken Wänden wurden insgesamt 3160 m² verbaut.
Kurze Wege und möglichst regionale Produkte
Die gesamte Konstruktion ist auf potentielle Wieder- beziehungsweise Weiterverwendung ausgerichtet. Zudem wurde auf den ökologischen Fußabdruck auf der Baustelle geachtet. Regionale Produkte und regional wirtschaftende Handwerksbetriebe wurden von den Planern bevorzugt.
Das Konzept der Planer war es, möglichst viel Energie einzusparen und zudem beim Heizen auf regenerative Systeme zu setzen. Zur Wärmeerzeugung und Warmwasserbereitung dienen eine Pelletheizung (Viessmann Kessel mit 80 kW Leistung) und zwei Frischwasserstationen (4000 l Pufferspeicher), die das Brauchwasser im Durchlauferhitzer-Prinzip direkt an der Zapfstelle erwärmen. Das Gebäude wird mit Ökostrom versorgt.
Innenraum mit acht Kuben
Der Innenraum der einstöckigen Kita wird durch acht hölzerne Kuben aus Weißtannenholz gegliedert, das Holz wurde für Wände, Böden, Türen und Fenster genutzt. Die acht Kuben verbindet ein Flur miteinander. In den Kuben befinden sich die Gruppen- und Mitarbeiterräume, eine Garderobe und eine Küche. An drei Stellen innerhalb des Gebäuderiegels weitet sich der Flur auf, wodurch kleine „Plätze“ entstehen. Diese drei Zwischenräume stehen der gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung und haben über ihre großflächige Verglasung einen direkten Bezug zum Außenraum. Das Gebäude ist nicht unterkellert, der Bau auf Streifenfundamenten gegründet. Darauf folgt eine Bodenplatte aus Stahlbeton, dies wurde aufgrund der örtlichen Gegebenheiten (der Topografie) so gewählt. Auf diese Bodenplatte wurden bei der Montage von den Handwerkern die Holzelemente gestellt und miteinander verschraubt. Die Dachkonstruktion ist ein sichtbares Sparrendach aus Weißtanne, der Lastabtrag geschieht über die Massivholzwand-Elemente und Pfetten.
Licht ins Gebäude bringen
Die Aufdachdämmung besteht aus Holzweichfaserplatten auf einer Fichte-Rauhspundschalung. Als Abschluss wurde eine Folienabdichtung verlegt, darauf wurde von den Handwerkern der Weizenegger Objektbau GmbH der Gründachaufbau erstellt. Dabei erstellten die Handwerker eine extensive Dachbegrünung. Im Innenraum zwischen den Dachsparren wurden Holzwolle-Leichtbauplatten zur Verbesserung der Raumakustik verlegt. Um viel Licht ins Gebäude zu bringen, wurden an der Firstlinie oberhalb der Flurzone großzügige Oberlichter angeordnet, auch das ergänzt das Energiekonzept, denn so gelangt viel natürliches Licht in das Gebäudeinnere.
AutorenTim Berge leitet die Öffentlichkeitsarbeit beim Architekturbüro B-L Barkow Leibinger in Berlin. Rüdiger Sinn ist freier Journalist und Mitarbeiter der Zeitschrift dach+holzbau.
Bautafel (Auswahl)
Projekt Neubau der Betriebs-Kita der Firma Trumpf in Holzbauweise, 71254 Ditzingen
Planer/Architekt Barkow Leibinger Architekten, 10625 Berlin, www.barkowleibinger.com
Generalunternehmer Weizenegger GmbH, 88410 Bad Wurzach, www.weizenegger.de
Größe 1270 m2
Bauzeit 08/2018 bis 05/2019
Holzelemente Holzius GmbH, I-39026 Prad am Stilfserjoch (Südtirol), www.holzius.com
Energiekonzept Krebs Ingenieure GmbH, 71254 Ditzingen, www.krebs-ingenieure.de
Dachbegrünung Capatti Staubach, urbane Landschaften, 10997 Berlin, www.capattistaubach.de