Neubau des Jugendhauses Don Bosco in Mainz

Beim Jugendhaus Don Bosco in Mainz verarbeiteten die Zimmerleute im Innen- und auch im Außenbereich unbehandeltes Lärchen- und Tannenholz. Dadurch entstanden wunderbar ruhige, unaufgeregte Räume, in denen man das Holz riechen und fühlen kann.

Wer einen Neubau betritt, dem schlägt oft ein penetranter Geruch von Lösemitteln entgegen, der sich erst nach einigen Wochen verflüchtigt. Im Jugendhaus Don Bosco in Mainz duftet es dagegen angenehm nach Holz: Böden, Wände und Decken verströmen jenen intensiven Geruch, den man von alten Holzscheunen in den Bergen kennt, deren Wände sich in der Sonne aufgeheizt haben.

Ganz ohne Holzschutz

Der dreigeschossige Flachbau besteht innen wie außen fast vollständig aus unbehandeltem, hellem, dezent gemasertem Holz. Von der Seite nimmt man das Gebäude zunächst wie einen einzigen Holzblock wahr. Haushohe Holzlisenen verdecken die Sicht auf die Fenster. Erst wer die Fassade als Ganzes betrachtet, entdeckt ihren Rhythmus: Schlanke, raumhohe Fensterflügel wechseln sich ab mit einer geschossweise versetzten, vertikalen Brettverschalung aus Lärche. Architektin Angela Fritsch verzichtete bewusst auf Anstriche und Holzschutzmittel. Gitterroste vor der Fassade schützen das Holz stattdessen vor Spritzwasser. Die unbehandelten Profilbretter aus Lärche sind geschraubt und lassen sich, wenn nötig, einzeln austauschen.

„Lärche gehört zu den wenigen Hölzern, die wegen ihres hohen Harzanteils auch ohne chemische Behandlung dauerhaft sind“, erklärt Werkplaner Frank Scholl die Materialauswahl. Anfangs rötlich, wird das Holz mit der Zeit eine silbergraue Patina bekommen.

Zweigeschossiges Atrium mit transparentem Dach

Der Bauherr, das Bistum Mainz, konnte sich für den nachwachsenden, CO2-neutralen Baustoff schnell begeistern. Das Jugendhaus Don Bosco ist die zentrale Stelle der katholischen Jugendarbeit des Bistums. Hier organisieren Haupt- und Ehrenamtliche die Jugendarbeit, finden Seminare und Schulungen statt. Der Neubau ersetzt einen 1950er Jahre-Bau, in dem das Jugendzentrum bisher untergebracht war. Eine Kapelle und ein Bettenhaus mit 30 Zimmern vervollständigen das Ensemble.

Das Erdgeschoss umfasst ein Foyer, einen Speise- und Veranstaltungssaal, vier Besprechungsräume und einen Pausenbereich für die Jugendlichen. Ein Treppenhaus aus Sichtbeton führt in die Obergeschosse: Einzel- und Gruppenbüros gruppieren sich um ein zweigeschossiges Atrium, das von einem transparenten Membrandach überspannt wird.

Holz als prägendes Material

Das Tragwerk des Hauses wurde überwiegend in Holzbauweise errichtet. Die Außenwände bestehen aus  einer Holzständerkonstruktion, die Innenräume in den Obergeschossen überspannen Balkendecken aus Konstruktionsvollholz (KVH), die mit einer Akustikdecke einer Holzständerkonstruktion, die Innenräume in den Obergeschossen überspannen Balkendecken aus Konstruktionsvollholz, die mit einer Akustikholzdecke verkleidet sind. Im Atrium und im Erdgeschoss tragen dagegen Stahlstützen die Decken, im UG und im EG wurden Decken und Wände in Beton gegossen.

Holz prägt als Material auch den Innenraum. Die Wände kleiden bis zu 4,5 m lange und 10 cm hohe, horizontal verlegte Profilbretter aus Weißtanne. „Um den Verschnitt auf ein Minimum zu reduzieren, haben wir in den Büros möglichst ganze Brettlängen verwendet“, sagt Frank Scholl. „Dadurch gibt es keine Stöße, die Oberflächen wirken ruhig und gleichmäßig.“ Für kürzere Wandpartien, wie bei der Innenverkleidung der Außenwände, sägten die Zimmerleute der Firma Ochs Holzbau die Nut- und Federschalung vor Ort zu. Anschließend befestigten sie die Bretter fugenlos mit im Falz verdeckten Nägeln auf einer Lattung. Eine 6 cm tiefe Installationsebene auf der Innenseite der Außenwände nimmt Elektroleitungen und Schalter auf. Als Unterkonstruktion für die Trennwände dient ein Holzständerwerk aus 4 x 6 beziehungsweise 6 x 16 cm großen KVH-Profilen, das beidseitig mit OSB- oder Fermacell-Platten beplankt und mit Mineralfasermatten gedämmt wurde.

Auch die Decken wurden mit Weißtanne verkleidet. Dazu befestigten die Zimmerer 30 mm breite Leisten im Abstand von 15 mm auf einer Lattung. Um den Schall in den Büros zu dämpfen, liegt eine Mineralfaserdämmung lose auf. An einigen Stellen wurden zwei benachbarte Holzleisten ausgespart, um flächenbündig Langfeldleuchten in die Decke einzupassen.

Oberseitig sind die Deckenträger mit lastverteilenden OSB-Platten beplankt. Darauf verlegten die Handwerker eine Trittschalldämmung, Anhydrid-Estrich und helles, gewachstes Eichenparkett. Da der Boden über eine Fußbodenheizung erwärmt wird, duftet es auch in den Büros leicht nach Holz.

Dach aus Luftkissen

Das Dach über dem Atrium besteht aus einer sogenannten pneumatischen Membran, einem luftgefüllten Kissen aus Kunststofffolien. Über ein Gebläse entsteht ein Überdruck, der das 15 x 3,30 m große Luftkissen in Form hält. Als Material dient eine dreilagige, licht- und UV-durchlässige EFTE-Folie (Ethylen-Tetrafluorethylen-Copolymere). Staut sich die Hitze unterm Membrandach, schließt sich darunter automatisch ein Sonnenschutzsegel. Seitlich unter der Membran montierte Lamellenfenster klappen auf und die warme Luft zieht ab.

Die Membranbau-Experten der Firma Velabran verankerten das Luftkissen über Keder in einem umlaufenden Leichtmetallprofil. Dazu fädelten sie die Kederschnüre seitlich in die Nut des Metallprofils ein. Das Profil selbst wurde über Strangpressprofile auf einer Primärkonstruktion aus 60 x 120 mm großen Stahl-Hohlprofilen verschraubt.

Vorgefertigte Wandpakete

Auffällig an der Außenfassade ist ihr schlankes Achsraster von 80 cm an den Längs- und 110 cm an den Stirnseiten. Die komplette Fassadenmontage übernahm – ebenso wie den Innenausbau – die Firma Ochs Holzbau aus Kirchberg. Die Holzständer aus 100 x 160 mm KVH und 100 mm starken Horizontalriegeln wurden als circa 2,5 x 4,5 m große Wandelemente inklusive Dämmung, Dichtungsfolien und Beplankung im Werk vorgefertigt, per Kran auf der Baustelle in Position gebracht und mit Metallankern auf den Decken verschraubt. Die Wandpakete sind mit 260 mm Mineralfaser gedämmt sowie außen mit einer DWD-Holzfaserweichplatte 16 mm und innenseitig mit einer OSB-Platte 18 mm beplankt. Als Dampfsperre dient eine PE-Folie.

Nach der Montage der Decken und der Wandelemente montierten die Handwerker die Holz-Aluminium-Fenster. Dann befestigten sie die knapp 10 m hohen Lisenen mit langen Holzschrauben, die im Holz versenkt und mit einem Holzstopfen verdeckt wurden. Anschließend sägten sie die 10 cm breiten Lärchenholzbretter der Außenverschalung vor Ort zu und verschraubten sie mit Edelstahlschrauben in Abständen von circa 80 cm auf der Lattung. Schließlich wurden die VSG-Brüstungen und die Klapp-Schiebeläden montiert. Die Holzläden sitzen in einem zweiteiligen Alu-Rahmen und lassen sich bequem neben den Lisenen parken.

Handliche Lüfter in der Fassade

Eine Besonderheit des Gebäudes ist die Lüftung: Den Luftwechsel übernehmen dezentrale Lüftungseinheiten, die versteckt in der Außenfassade sitzen. Die kompakten „Thermolüfter“ des Herstellers LTM saugen im 50 Sekunden-Takt verbrauchte Warmluft aus den Räumen und ersetzen sie durch vorgewärmte Frischluft. Hohe Wärmeverluste durch Stoßlüften im Winter lassen sich so vermeiden. Während bei herkömmlich ausgeführten Geräten allerdings eine dreieckige Blechhaube aus der Außenwand ragt, weist beim Jugendhaus bis auf ein paar fingerbreite Lüftungsschlitze nichts auf die handlichen Lüfter hin. Ein Detail, das zum dezenten Gesamtauftritt des Jugendhauses passt.

Denn der Neubau spielt sich nicht in den Vordergrund. Er offenbart seine Qualitäten eher im Stillen – beim Durchwandern, Begreifen, Riechen, Ertasten.

Autor Dipl.-Ing. Michael Brüggemann studierte Architektur und Journalismus. Er arbeitet als Redakteur und schreibt als freier Autor u.a. für den stern, die DBZ und die bauhandwerk.

Auf Holzschutzmittel wurde verzichtet, stattdessen schützen Gitterroste vor der Fassade das Holz

Die Holzständer wurden mit Dämmung, Dichtungsfolien und Beplankung im Werk vorgefertigt

Bautafel (Auswahl)

Objekt Bischöfliches Jugendamt Don Bosco, Mainz

Bauherr Bistum Mainz

Gesamtnutzfläche 1321 m²

Architektin Angela Fritsch Architekten BDA, Darmstadt

Innenarchitektin  Angela Frisch Architekten BDA

Tragwerksplanung, Brandschutz, Energiekonzept, Bau- und Raumakustik TSB Ingenieurgesellschaft GmbH Darmstadt

Materialien Unbehandelte Weißtannenhölzer im Innenraum, unbehandelte Lärchenhölzer in der Fassade, transparente Pneudachkonstruktion

Wandaufbau von außen nach innen

Vertikalverschalung (Lärche: 19 mm)

Lattung und Konterlattung (45 mm)

Holzfaserplatte diffusionsoffen DWD, 16 mm

Wärmedämmung Mineralfaser WLG 035, 260 mm

Dampfsperre PE

OSB Platte 18 mm

Installationsebene mit Wärmedämmung 40 mm

Brettschalung Weißtanne, horizontal 16 mm

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