Erweiterung eines Kulturzentrums in Holzbauweise

Neues Foyer und Kunstforum B12 für das August Everding Kulturzentrum in Bottrop

Das Kulturzentrum August Everding in Bottrop wurde um ein neues Foyer und ein Kunstforum erweitert. So entstand mehr Raum für Ausstellungen und Veranstaltungen. Die Holzkonstruktion der Neubauten wurde im Werk vorgefertigt. Das Aufrichten vor Ort wurde zur logistischen Herausforderung.

Das nach einem Ehrenbürger der Stadt Bottrop benannte Kulturzentrum August Everding befand sich ursprünglich ausschließlich in den Räumen eines früheren Jungengymnasiums. Dort wurden rund um einen Kammerkonzertsaal neben einem Veranstaltungsbüro eine Musikschule, eine Bibliothek, ein Archiv, eine Kulturwerkstatt, eine Studiobühne und eine Galerie untergebracht.

Das Kulturzentrum wurde um ein neues Foyer und ein Kunstforum erweitert. Das neue Foyer des Kulturzentrums mit Funktionsräumen und kleiner Gastronomie bildet gemeinsam mit dem gläsernen Übergang zum neuen Kunstforum „B12“ Raum für einen vielfältig nutzbaren Kulturhof hinter dem Altbau. Der Entwurf für die Erweiterungsbauten stammt vom Architekturbüro Heinrich Böll aus Essen. Die Holzbauarbeiten bei dem Projekt übernahm die Burdiek Zimmerei und Holzbau GmbH aus Damme.

„Wir haben die Anbauten als einfache, ablesbare Konstruktionen aus dem Baustoff Holz entworfen“, erklärt Dipl.-Ing. Achim Pfeiffer, Projektleiter im Architekturbüro Heinrich Böll. Die angestrebte Gliederung der Fassade wurde so detailliert, dass sie nach Angaben des Projektleiters hinsichtlich des Zuschnitts und Materialeinsatzes optimal umzusetzen war. „Unsere Planung war so ausgelegt, dass auch der Baustoff Holz so sparsam wie möglich eingesetzt wird“, erläutert Achim Pfeiffer. Damit habe man dem Wunsch des Bauherrn entsprochen, der besonders klimafreundlich und ressourcenschonend bauen wollte.

Kontrastreiches Gebäudeensemble

Gleichzeitig sei es durch die Entscheidung für den Holzbau gelungen, einen spannenden Kontrast zum massiven Bau des alten Kulturzentrums zu schaffen, betont Achim Pfeiffer. „Holz als Material des Tragwerks spielte auch unter dem Aspekt der Innenraumgestaltung eine Rolle“, erklärt der Architekt. Durch den Einsatz von vorgefertigten Holzbauelementen konnten die etwa 450 m2 umfassenden Außenwände des neuen Forums mit vier Mitarbeitern an sechs Arbeitstagen gestellt werden. In den Fertigungshallen von Holzbau Burdiek benötigte man für die Herstellung der Wände, nach dem Zuschnitt des Holzes, rund 240 Arbeitsstunden. Den Abbund des Holzes führten die Holzbauer auf ihrer hauseigenen Hundegger-Abbundanlage aus. Zur Dämmung wurden zwei Lagen „Flexirock 035“ Steinwolldämmplatten in einer Dicke von insgesamt 260 mm in der Werkstatt in die Holzständerwände eingelegt. Die Dämmplatten sind sehr flexibel: Unterschiede in Sparren- oder Stielabständen bis zu einer Breite von 3 cm können mit der Steinwolldämmung ohne Probleme ausgeglichen werden. Dabei ist die Dämmung nicht brennbar, nicht glimmend, wärme- und schalldämmend, schallabsorbierend, diffusionsoffen und recycelbar. Dazu kommt: Die Stoßkanten der Steinwolle-Stücke verfilzen nach dem Verlegen im Gefach miteinander und bilden eine nahezu fugenlose Dämmlage. Nicht nur die Außenwände, sondern auch die Dachkonstruktion des Foyers und des Forums wurde in Holzbauweise umgesetzt. Die Dachkonstruktion besteht aus Brettschichtholzträgern sowie 3-Schichtholzplatten in 50 und 32 mm Dicke.

Im Rahmen der Ausführungsplanung galt es zu berücksichtigen, dass auf dem Areal des Kulturzentrums wenig Ablagefläche für Baumaterialien zur Verfügung stand. Der Einsatz von großen Lastkränen im Innenstadtbereich war nicht möglich. Daher wurden die Holz-elemente in der Vorfertigung so geplant und hergestellt, dass sie gut zu transportieren waren. Die Außenwand des neuen Kunstforums etwa besteht aus 22 Teilen gleicher Bauart. Deren Maße machten es möglich, sie ohne Transportsondergenehmigung mit einem Lkw aus der Werkhalle von Holzbau Burdiek nach Bottrop zu transportieren. Jede einzelne Wandscheibe ist 2,50 m breit und 4,80 bzw. 5,00 m hoch. Werkseitig hatte man die Holzwände beidseitig mit 15 mm OSB-Platten und auf der Außenseite zusätzlich mit 16 mm DWD-Platten beplankt. Nach dem Stellen der Außenwände wurde eine UV-beständige Fassadenbahn auf den Außenwänden aufgebracht. Die Fassade wurde danach mit heimischem Lärchenholz verkleidet.

Markus Burdiek, Geschäftsführer der Burdiek Zimmerei und Holzbau GmbH, ist zufrieden mit dem Ablauf des Projekts und freut sich insgesamt über die wachsende Nachfrage nach Holzgebäuden: „Der Baustoff Holz wird regelrecht wiederentdeckt und von sachkundigen Architekten in sehr moderne Planungen eingebracht. Das gibt Fachleuten wie uns, die viel in moderne, CNC-gesteuerte Anlagen investiert haben, die Chance, ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen.“ Der Holzbaubetrieb hat nicht nur die Wand- und Deckenkonstruktionen der Erweiterungsgebäude hergestellt, sondern auch die Fenster und Türen.

Martin Lohbeck ist Zimmerermeister und war als Projektleiter bei Holzbau Burdiek für das Projekt in Bottrop verantwortlich, er sagt: „Ein großer Vorteil für die öffentliche Hand ist der hohe Vorfertigungsgrad im Holzbau, da hierbei Zeit und Kosten eingespart werden können. Durch die Kombination heimischer Hölzer mit nichtbrennbarer Steinwolledämmung können wir den Bedürfnissen der öffentlichen Hand gerecht werden. Nachhaltig bauen wollen die Kommunen mehrheitlich, aber natürlich müssen ihre Gebäude auch teils hohen Anforderungen an den Wärme-, Schall- und Brandschutz genügen.“ Durch die Auswahl geeigneter Baumaterialien und Dämmstoffe können diese Anforderungen erfüllt werden.

Autor

Dipl.-Ing. Sascha Karallus ist Produktmanager Hochbau bei der Deutschen Rockwool GmbH & Co. KG.

Bautafel (Auswahl)

Projekt Erweiterung des Kulturzentrums August Everding in Bottrop

Bauherr Stadt Bottrop

Planer Heinrich Böll Architekten GmbH, 45128 Essen, www.boellarchitekten.de

Holzbau Burdiek Zimmerei und Holzbau GmbH, 49401 Damme, www.holzbau-burdiek.de

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