Hoch hinaus: Hochhaus aus Stahlbeton mit Fassade aus vorgesetzten Holzelementen
Bei Basel entstand ein 20geschossiges Hochhaus in Stahlbetonbauweise, die Fassaden wurden allerdings als Holzrahmenbau ausgeführt und die Vorteile von Massiv- und Holzbauweise gezielt kombiniert. Die Anforderungen im Brandschutz wurden mit Gipsfaser-Platten umgesetzt.
Der am Ostrand von Basel gelegene Vorort Pratteln verändert sein Gesicht. Die ehemals industriell geprägte viertgrößte Gemeinde des Kantons Basel Land hat sich in den vergangenen 20 Jahren zu einem wichtigen Dienstleistungsstandort entwickelt. Das neue städtische Selbstverständnis findet Ausdruck in der Umgestaltung des Zentrums. Anstelle eines Gebäudes aus den 50er Jahren wurde am Bahnhofsplatz ein 20geschossiges Hochhaus errichtet, das dem gesamten innerstädtischen Bereich ein neues Gesicht verleiht. Der Name des Hauses „Aquila“ ist das italienische Wort für Adler und nimmt damit Bezug auf das Wappentier der Gemeinde.
Mix aus Geschäften, Büros und Wohnungen
Mit einem Mix aus Geschäften, Büros und Wohnungen wird der mit einem Investitionsvolumen von rund 50 Mio. Schweizer Franken erstellte Neubau das urbane Leben im Bahnhofsviertel ergänzen und umgestalten.
Das Aquila gliedert sich in einen zentralen, 66 m hohen Turm mit rhombenförmigem Grundriss, der von dreigeschossigen Flügelbauten seitlich flankiert wird. Sie sind für Büros reserviert. Große Panoramafenster und hohe Räume sollen für eine angenehme Arbeitsatmosphäre sorgen.
Die darüber liegenden Geschosse sind der Wohnnutzung vorbehalten. Insgesamt werden hier 76 Mietwohnungen mit Größen zwischen 70 und 150 m² realisiert.
Vorteil Hybridbauweise
Die Architekten haben das Objekt in einer Art Hybridbauweise umgesetzt, eine Bauweise, die bei Architekten und Planern Anklang findet. Dabei werden die Vorzüge von Massiv- und Holzbauweise gezielt genutzt: So bietet das Stahlbetonskelett speziell beim mehrgeschossigen Bauen Vorteile bei der Statik und beim Schallschutz. Dafür warten die Holzbauwände mit guten energetischen Eigenschaften auf. Sie sind in der Regel wesentlich schlanker als massive Wandbauteile. Beplankungen etwa mit Fermacell Gipsfaser-Platten sorgen für hohe Stabilität bei gleichzeitig hohem Brandschutz. Die Vorproduktion unter idealen Bedingungen in der Werkstatt mit anschließender Montage auf der Baustelle verkürzt im Vergleich zu Massivbaustoffen die Bauzeiten merklich, denn lange Trocknungszeiten entfallen.
Als weiteres wichtiges Argument für diese Bauweise kommt die Reduzierung des Eigengewichtes des Gebäudes hinzu. Mit einer nichttragenden, nichtaussteifenden vorgehängten Fassadenkonstruktion in Holzbauweise, wie im vorliegenden Fall geplant, können mehrere Tonnen Eigengewicht eingespart werden, was sich bei einem Gebäude von der Größenordnung des Aquila bei der Bemessung der Fundamente und Stabilisierung bemerkbar macht. Mit den schlanken Außenwänden erzielte man außerdem deutlich mehr Wohnfläche. Ein Effekt, der bei einer Summe von 76 Wohneinheiten merklich zu Buche schlägt.
Produktion exakt nach Zeitplan
Die Fassadenkonstruktion des Hochhauses besteht aus 892 Holzbauelementen, für die 136 m³ Holz verarbeitet wurden. Die Beplankung der Elemente erfolgte mit 33 000 m² Fermacell Gipsfaser-Platten, das ist etwa so groß wie fünf Fußballfelder.
Wichtiger Faktor für den Gesamtablauf war die Vorfertigung sämtlicher Holzbauelemente in den Werkstätten der Holzbautechnik Burch AG in Sarnen. Die Produktion erfolgte gemäß Montageplan. Die fertigen Elemente wurden in der später benötigten Reihenfolge auf Paletten geladen und anschließend per Tieflader zur Baustelle transportiert, wo sie mit dem Gerüstlift an der richtigen Position zur Montage platziert wurden. Die Montage erfolgte dann mit einem speziell konstruierten Raupenkran, der die Holzbauelemente anhebt und in die richtige Position setzt.
In einem Zeitraum von fünf Monaten wurden die Holzfassadenelemente in mehreren Etappen montiert. Die reine Montagedauer betrug 30 Tage. Nach einer Bauzeit von zwei Jahren war der Bau 2015 bezugsfertig.
AutorinRita Jacobs ist Baufachjournalistin und betreut den Hersteller Fermacell bei der Pressearbeit.
Herausforderung Brandschutz
Projekte dieser Größenordnung sind eine besondere Herausforderung für den baulichen, konstruktiven Brandschutz, zumal wenn dabei Holzbaustoffe zum Einsatz kommen. Gemäß der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen sind in der Schweiz Hochhäuser (Bauten mit einer Gesamthöhe von mehr als 30 m) mit brandabschnittsbildenden Wänden und Decken mit Feuerwiderstand EI 90 (nbb = nicht brennbare Materialien) zu erstellen.
Zudem muss in jedem Geschoss ein umfassender und mit der Geschossdecke verbundener, mit Feuerwiderstand EI 90 (nbb) ausgeführter Schutzstreifen von 0,9 m Höhe, oder eine 1,5 m breite, vorspringende Auskragung gleichen Feuerwiderstandes vorhanden sein. Bei Sprinklervollschutz sind diese Maßnahmen hinfällig.
Beim Bauvorhaben Aquila war eine Außenhülle aus nichttragenden, nichtaussteifenden Brüstungselementen in Holzrahmenbauweise geplant. Sie sollten von außen mittels einer bekleideten Stahlkonstruktion an die Massivbauteile aus Stahlbeton angeschlossen und abschließend mit einer hinterlüfteten Fassade aus 3,3 mm dicken verzinkten Stahlblechen bekleidet werden.
Aufgrund der brandschutztechnischen Vorgaben sollten die Holzbauelemente sowie die Übergangsbereiche zu den angrenzenden Stahlkonstruktionen mit einer mehrlagigen Beplankung aus Fermacell Gipsfaserplatten so ausgeführt werden, dass sie den Anforderungen an eine brandschutztechnisch wirksame Bekleidung der Klasse K290 bei einseitiger Brandbeanspruchung entsprechen. Da die Feuerwiderstandsklasse K290 jedoch nicht geregelt ist, wurde in Abstimmung zwischen Architekten, Gebäudeversicherern, Sicherheitsingenieuren sowie der Fermacell GmbH Schweiz eine objektspezifische Ausnahmebewilligung erteilt. Ziel der darin beschriebenen Maßnahmen ist, im Geschossübergang den Einbrand vom unteren Geschoss in die Konstruktion für die Dauer von 90 Minuten zu verhindern, sowie das frühzeitige Herabfallen von Fassadenteilen auszuschließen.
Bautafel (Auswahl)
Objekt Aquila, 20geschossiges Hochhaus in Basel in Stahlbetonbauweise / Fassaden in Holzrahmenbau
Nutzung Mischnutzung, 350 m² Ladenfläche, 2640 m² Bürofläche, 76 Mietwohnungen mit Lofts
Architektur Christ & Gantenbein, CH-4056 Basel, www.christgantenbein.com
Totalunternehmung Sulzer + Buzzi Baumanagement AG, CH-4133 Pratteln-Basel
Holzbau Holzbautechnik Burch AG, CH-6060 Sarnen, www.holzbautechnik.ch
Brandschutz A + F Brandschutz GmbH, CH-4052 Basel
Energiestandard Minergie-Standard
Bauzeit 2013 bis 2015
Gesamtbaukosten 50 Mio. Schweizer Franken