„Frauen können das Handwerk bunter gestalten!“

Bauschreinerin Mara Pischl über Frauenpower auf der Baustelle

Trotz einer dynamischen Entwicklung in vielen Bereichen des Handwerks bleibt der Frauenanteil in der Branche nach wie vor niedrig. Der Anteil weiblicher Auszubildender im Handwerk lag im Jahr 2021 bei 14,1 Prozent (Zentralverband des Deutschen Handwerks) und besonders in gewerblich-technischen Berufen sind Frauen selten vertreten.
Inmitten dieser Herausforderungen gibt es Handwerkerinnen wie Mara Pischl, die zeigen, wie Frauen in dieser Branche erfolgreich und kreativ tätig sein können. Als gelernte Bauschreinerin restauriert Mara Pischl alte Immobilien und inspiriert gleichzeitig die nächste Generation von Handwerkerinnen. Ihr Weg und ihre Projekte bieten spannende Einblicke und ermutigen junge Menschen, den Schritt ins Handwerk zu wagen. Im Interview erzählt sie mehr über ihren Weg ins Handwerk, ihre Lieblingsaufgaben auf der Baustelle und ermutigt andere Frauen, sich ebenfalls zu trauen, einen handwerklichen Beruf zu ergreifen.

Kannst du mehr darüber erzählen, wie du zu diesem Beruf gekommen bist?

Mara Pischl: Schon als Kind wusste ich, dass ein "0815-Job" nichts für mich ist. Mein Vater und mein Opa waren beide Schreiner und ich habe ihnen schon früh über die Schulter geschaut. Das Handwerk wurde mir sozusagen in die Wiege gelegt – ich konnte wahrscheinlich mit fünf Jahren besser mit einem Hammer umgehen als mit einem Spielzeugauto.

Nach dem Abitur wollte ich ursprünglich in die soziale Richtung abbiegen und Medizin studieren. Der Gedanke, als Ärztin Menschen zu helfen, hat mich begeistert. Aber mein Abiturschnitt lag nicht ganz im Bereich der medizinischen Spitzenwerte und ein Wartesemester kam für mich nicht in Frage – ich wollte sofort loslegen. Also habe ich mich auf die Reise in das Schreinerhandwerk begeben. Das war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte: Jetzt kann ich kreativ arbeiten, meine handwerklichen Fähigkeiten einsetzen und Kunden mit meinen Reparaturen glücklich machen.

Du bist als Bauschreinerin vor allem in der Sanierung tätig. Was fasziniert dich an der Umwandlung von alten Immobilien?

Bauschreinerin Mara Pischl mag an ihrem Job vor allem, dass kleine Arbeitsschritte große Veränderungen bewirken können
Foto: Pischl/PR

Bauschreinerin Mara Pischl mag an ihrem Job vor allem, dass kleine Arbeitsschritte große Veränderungen bewirken können
Foto: Pischl/PR

Mara Pischl: Mich fasziniert immer wieder, wie kleine Arbeitsschritte im Schreinerhandwerk eine große Veränderung bewirken können. Es ist unglaublich befriedigend, wenn man durch präzise Handgriffe und sorgfältige Detailarbeit etwas Einzigartiges erschafft. Das Ergebnis meiner Arbeit zu sehen und zu spüren, begeistert mich jedes Mal aufs Neue. Zum Beispiel, was ein Raumdurchbruch oder ein neuer Boden alles bewirken kann.

Welche Techniken und Werkzeuge verwendest du am häufigsten bei deiner Arbeit als Bauschreinerin?

Mara Pischl: Eine der wichtigsten Techniken, besonders für mich als "nicht so starke Kraft", ist die Hebeltechnik. Mit einem Schraubenzieher oder einem Brecheisen kann ich dadurch enorm viel Kraft aufwenden, die ich ohne diese Technik nicht hätte. Besonders hilfreich ist sie, wenn ich alleine auf der Baustelle bin und bei einem Fenster einen Fitschenring unterlegen muss. In meiner Werkzeugtasche dürfen Schmiermittel, Schraubenzieher, Pumpenzange, Schlagschrauber und der Hammer niemals fehlen.

Du hast als Bauschreinerin viele verschiedene Aufgaben auf einer Baustelle. Welche Tätigkeit macht dir am meisten Spaß und warum?

Mara Pischl: Beim Bodenverlegen braucht man einen kräftigen Rücken und gute Knieschoner. Beim Fenster setzen und Rollo montieren sind starke Arme gefragt. Je nachdem, in welchem Stockwerk man einen Vorbau-Rollo anbringt, ist es auch wichtig, sich anzuseilen und eine helfende Hand dabei zu haben, da man sich aus dem Fenster lehnen muss. Jede dieser Arbeiten hat ihren Reiz, aber ich bevorzuge das Setzen von Fenstern und Montieren von Rollos. Beim Bodenverlegen tun mir trotz Polsterung schnell die Knie weh und die Arbeit wird oft recht eintönig.

Wie wichtig ist dir gute Arbeitskleidung in deinem Handwerk und welche Eigenschaften schätzt du besonders an Arbeitskleidung?

Mara Pischl: Gute Arbeitskleidung ist das A und O – egal, ob bei Regen oder Sonnenschein, die passende Kleidung ist die halbe Miete. Für mich auf dem Bau muss die Kleidung langlebig sein und nicht nach fünf Treppen schon den Geist aufgeben. Außerdem soll sie bequem sein und sitzen wie eine zweite Haut. Im Winter will ich durch meine hellen Farben gesehen werden und im Sommer brauche ich trotz kurzer Hosen genug Taschen, um mein Werkzeug zu verstauen.

Abseits ihrer Arbeit engagiert sich Mara Pischl bei Workshops, in denen Frauen ihre eigenen, handewerklichen DIY-Projekte umsetzen können
Foto: Pischl/PR

Abseits ihrer Arbeit engagiert sich Mara Pischl bei Workshops, in denen Frauen ihre eigenen, handewerklichen DIY-Projekte umsetzen können
Foto: Pischl/PR

Frauen sind im Handwerk immer noch unterrepräsentiert. Was sind deiner Meinung nach die größten Herausforderungen für Frauen in dieser Branche?

Mara Pischl: Oft staunen gerade ältere Kunden, wenn plötzlich eine Frau vor ihnen steht, um ihr Rollo zu reparieren, anstatt eines typischen Handwerkers. Das ist echt schade, denn nachdem ich ihnen erklärt habe, dass ich das genauso gut kann und ihnen während meiner handwerklichen Schritte zeige, was ich mache, sowie ein bisschen Smalltalk halte, gewinne ich ganz schnell ihr Herz. Beim nächsten Auftrag fragen sie dann nur noch nach der jungen Frau.

Leider werden wir Frauen immer noch oft unterschätzt. Dabei können wir das Handwerk so viel bunter gestalten. Auf einer Großbaustelle fällt mir sofort auf, dass sich der Ton und der Respekt, sowohl mir gegenüber als auch unter den Männern, verändert.

Wie könnte man mehr junge Frauen dazu motivieren, eine Karriere im Handwerk in Betracht zu ziehen?

Mara Pischl: Gerade auf Social Media appellieren wir Mädels immer an alle jungen Mädchen da draußen: Traut euch! Wir sind auch eine von euch und schaut, wie wohl wir uns jetzt fühlen. Kommt vorbei und wagt den Schritt – dann werdet ihr eines Tages genau da stehen, wo wir jetzt sind!

Mir ist es außerdem wichtig, nicht nur online zu zeigen, dass es kein Hexenwerk ist, mal eine Stichsäge in die Hand zu nehmen. Deswegen engagiere ich mich für Workshops, in denen junge und auch ältere Frauen unter Aufsicht ausprobieren können, an Maschinen zu arbeiten und ihre eigenen DIY-Projekte umzusetzen. Denn Handwerk macht Spaß, und gemeinsam trauen wir uns noch mehr! Außerdem haben wir nach der Ausbildung viele Weiterbildungsmöglichkeiten. Zum Beispiel können wir unseren Meister, Techniker oder Betriebswirt machen und damit in die Selbstständigkeit einsteigen.

Die Stärken von Frauen im Handwerk sieht Mara Pischl vor allem in ihrem Blick für Details und ihrem Beitrag zu einem angenehmen Arbeitsklima
Foto: Pischl/PR

Die Stärken von Frauen im Handwerk sieht Mara Pischl vor allem in ihrem Blick für Details und ihrem Beitrag zu einem angenehmen Arbeitsklima
Foto: Pischl/PR

Welche besonderen Fähigkeiten oder Stärken bringen Frauen deiner Meinung nach ins Handwerk ein, die vielleicht weniger beachtet werden?

Mara Pischl: Frauen bringen nicht nur Feingefühl und eine ruhige Art mit, sondern auch jede Menge Frauenpower. Unser Blick für Ästhetik und praktische Details – besonders in Bereichen wie der Damentoilette, die Männer oft übersehen – ist ungemein wichtig. Zudem tragen wir entscheidend dazu bei, dass die Stimmung ausgelassen und das Arbeitsklima angenehm bleibt.






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