Flexible Hohlräume, effektive Dämmung

 Die Sanierung der obersten Geschossdecke ist seit diesem Jahr Pflicht und sinnvoll zugleich. Die Methoden sind vielfältig, bei einer Wohnanlage aus dem Jahr 1954 entschied sich der Bauherr für eine Einblasdämmung. Der Hohlraum für die Dämmung wurde mit Sparrenexpandern geschaffen, die flexible Höhen erreichen. 

Der Bauherr (und gleichzeitig der Autor) erwarb im Dezember 2006 eine Parzelle einer 4- bis 5-geschossigen Reihenhausanlage in Kaiserslautern, welche in 3 bis 4 Bauabschnitten grundlegend saniert werden soll. Die Siedlungshäuser aus dem Jahr 1954, wiesen die typischen einfachen Bauweisen wie folgt auf: 

Außenwände: kleinformatige Hochloch-“Back“ beziehungsweis Klinker-Steine (d = 38cm) und Kalkputz;
Innenwände: kleinformatige Hütten-“Schlacken“-Bims-Steine;
Geschossdecken: Stahlträger mit Bims-Hohlsteinen (Kleine’sche Decke) mit 3 cm Gussestrich;
Walmdach mit Dachknick als Pfettendach mit Sprengwerk-Binder und Tonziegelbedachung;
Dämmung aus Heraklit d = 30 mm an Sparrenunterseite und Kniestock-Abstellungen im Bereich der Außenwände;
Kunststoff-Doppelglas-Fenster und Aufsatzrolladenkästen, Stand Anfang 1980er Jahre;
Elektro-(Nachtspeicher-)Heizungen, Durchlauferhitzer zur Warmwasserbereitung. 

Im ersten Bauabschnitt wurde in einer Bauzeit von fünf Monaten die Haustechnik (Wasser-, Elektroinstallation) saniert und der Innenausbau grundlegend modernisiert. Ein weiterer Schwerpunkt der Modernisierung war die Erschließung der Wohnungen über einen Aufzug und die Schaffung von Balkonen.  

Im zweiten Bauabschnitt wurde im Januar 2012 eine KfW-konforme energetische Sanierung der Kellerdecke (U-Wert 0,25 W/m2K) sowie des Dachbodens (U-Wert 0,14 W/m2K) durchgeführt. Trotz der am Markt vielfältigen vorhandenen Baumaterialien und Schichtaufbauten für energetische Deckensanierungen fiel die Wahl des Eigentümers recht schnell auf folgende Materialien und Aufbauten:

Dämmung von rund 130 m² Kellergeschoss-Decke mit 100 mm PU-Dämmplatten (WLG 024);
Dämmung Dachboden mit 280mm Zellulose (WLG 040). Rund 115 m² in Gefachen und circa 35 m² in offener Ausblas-Methode in den Abseiten.

 

Dämmung der Kellerdecke

Der Beitrag befasst sich vorwiegend mit der Dämmung des Dachbodens. Erwähnt sei aber, dass die Kellergeschossdecke eine PU-Dämmung bekam. Hier mussten allerdings Details beachtet werden. Die Schwierigkeit bei der Dämmung im Keller stellt oft die große Anzahl an Rohren dar, die umgangen oder ausgespart werden müssen. Bei niedrigen Geschosshöhen tendiert man zu PU-Dämmstoffen, die einen besonders guten U-Wert haben.  


Dachboden-Dämmung mit doppeltem Nutzen

Der Dachboden musste begehbar sein, zudem sollte für Schallschutz gesorgt werden, da das Haus nahe der Einflugschneise der amerikanischen Air Base in Ramstein liegt. Der Eigentümer, selbst gelernter Zimmerer und Bauingenieur, hatte nicht nur einen konkreten Vorschlag für die Dämmart (nämlich Zellulose-Dämmung) und den Aufbau der Dachbodendämmung, sondern auch schon die ausschlaggebenden Argumente parat. Die Dämmung sollte  

Sommerlichen Hitzeschutz gewährleisten,
auch gut für Trittschalldämmung sein,
Schallschutz gegen Fluglärm bieten,
eine wärmebrückenfreie Konstruktion bieten,
die Verkehrsflächen der Mieter schonen, durch reduzierten Materialtransport,
auch die Abseiten dämmen mit relativ geringem Aufwand (überwiegende Erhaltung der Abseitenwand),
durch die Unterstützung einer Behinderten-Werkstatt bei der Fertigung des Systems auch ein soziales Engagement zeigen.

Die Wahl zur Herstellung der Gefache fiel deshalb auf die DämmRaum-Produkte der Firma Hufer Holztechnik. Diese bestehen aus: 

Dämmstreifen DP 60, Gewicht etwa 1,3 kg / lfm beziehungsweise 3,12 kg / Stk., aus Holzfaser (270 kg/m³) mit eingelassener Nut als Halt für den
Sparrenexpander SE 18, Gewicht etwa 1,3 kg / lfm beziehungsweise 3,12 kg / Stk, aus 6 mm Sperrholz mit oberseitigem OSB-Streifen 55 x 12 mm eingenutet und verleimt.
einer Handelsüblicher Spanplatte, Nut und Feder, 19 mm, P3, E1 zur Deckelung, Gewicht rund 18,2 kg pro m² beziehungsweise 34,5 kg / Stk.


Das System hat zahlreiche Vorteile

Der Holzfaser-Dämmstreifen reduziert bei dieser Technik nicht nur die Wärmebrücken, sondern mindert auch durch die Schallentkopplung den Trittschall.

Des Weiteren wird der Holzanteil des Gefachs durch den dünnen Steg von gerade mal 6 mm stark reduziert. Durch die Verringerung des Holzanteils kann Dämmhöhe eingespart werden. Ein weiterer Vorteil ist das geringe Gewicht, die Handlichkeit und die Verarbeitung der Materialien. Die Produkte werden in der Behindertenwerkstatt in Trier sowie im Haus Lindenhof bei Schwäbisch Gmünd hergestellt. 

Als Dämmung kam Thermofloc der Firma Peter Seppele GmbH für die Zellulosedämmung der Gefache und Abseiten zur Anwendung. Die Zellulose ist ein ökologischer Baustoff, da er aus rund 90 Prozent recyceltem Zeitungspapier und rund 10 Prozent Boraten besteht. Diese wirken zur Konservierung gegen Pilz und Schimmelbildung sowie das Einnisten von Kleintieren.   

Die wichtigsten bauphysikalischen Eigenschaften sind:

Lambda 0,039 W/(mK)
spezifische Wärmekapazität 1946 J/kgK
Phasenverschiebung 3,4 h/je 10 cm (gut für sommerlichen Hitzeschutz)
Brandverhalten B1, B2 

Vorteile von Zellulose sind die hohe Wärmespeicherkapazität und spezifische Wärmekapazität, der gute Schallschutz durch die hohe Masse und die Feuchteunempfindlichkeit durch den hohen Wassersättigungsgehalt von bis zu 20 Prozent der eigenen Masse. Zudem gibt es wenig Wärmebrückenbildung, da Fehlstellen durch den Einblasdruck regulierbar sind. 

Die größte Herausforderung bei der Dachbodendämmung ist der Materialtransport von der Straße zum Dachboden. In diesem Fall also sechseinhalb Geschosse oder rund 15 m. Hier half der Laubengang zur Erschließung des Dachbodens. Im 5. OG konnte ein üblicher Dachdeckeraufzug angeschlagen werden, so reduzierte sich der Transport auf eine Geschosstreppe. Damit wurden auch der überwiegende Teil der Gebäudeflächen vor erhöhter Verschmutzung und Lärmbelästigung verschont.  

Der Vorteil der Gefachkonstruktion liegt in seiner Handlichkeit mit Ausnahme der Spanplatten (welche bei jedem System benötigt werden). Die Expander haben eine Länge von 2,40 m und wiegen rund 3,1 kg / Stk.


Schritt für Schritt zur Dachboden-Dämmung

Die PE-Folie beziehungsweise die Dampfsperre wurde auch über die aus dem Boden stehenden Binderbalken ausgerollt und an der vorhandenen Abseitenkonstruktion aus Heraklit hochgeführt und angeheftet sowie an den Stoßfugen verklebt. Hier sind Details zu beachten: Die PE-Folie muss an den Holzbindern aufgeschnitten und seitlich angeheftet werden. Das ist wegen der möglichen Tauwasserbildung sehr wichtig! Nun wurden die Dämmplattenstreifen zwischen den Bindern eingeteilt (der maximale Abstand ist in der DIN 68771, Abschnitt 7 Fußbodenbeläge geregelt), ausgelegt und die Sparrenexpander eingesteckt (hier: max. 62 cm bei 200 kN/m² Verkehrslast, Mehrfeldträger, Durchbiegung l/300 und 19 mm Stärke). 

Der Zuschnitt der Passstücke kann mit einfachen Sägewerkzeugen wie Hand-. Pendelhub- oder Handkreissäge erfolgen. (Tipp: die Konstruktion mit Latten untereinander verbinden und an einem durchdringendes Bauteil gegen Kippen befestigen). Als nächstes wurden die Spanplatten bis auf das letzte Passstück verlegt und befestigt. Über diese offenen Felder wird im letzten Schritt der Schlauch zum Einblasen der Zellulose eingeschoben.  

Nachdem der Schlauch über den Laubengang und das Treppenhaus ausgelegt war und die Einblasmaschine neben den am Boden gelagerten Dämmsäcke betriebsbereit gemacht wurde, konnten die rund 33 m³ Zellulose (circa 1,9 t) in die fertig gestellten Felder/ beziehungsweise Gefache mit Luftdruck eingeblasen werden. Die offenen Felder wurden von Hand, mit einem Spanplattenstück nachverdichtet, nachgefüllt und geschlossen.

 

Das Dämmen der Abseiten

Nun mussten die Abseiten noch gedämmt werden, um die Wärmebrücke der Dachüberstände zu verhindern. Die Abseiten bildeten sich aus den waagerechten Deckenbalken von Fußpfette bis Traufe und den Aufschieblingen in der Dachschräge sowie den senkrechten Heraklit-Platten von Fußpfette bis Unterkante Sparren beziehungsweise Aufschiebling. Da dieser Bereich nicht begehbar und recht unzugänglich ist, wurden etwa alle 5 bis 6 m die senkrechten Heraklith-platten auf einer Länge etwa 60 cm aufgeschnitten. Dies reichte um mit dem Oberkörper in die Abseite zu gelangen und den Schlauch über die Deckenbalken zu schieben und die Zellulose-Dämmung offen einzublasen. Bei der offenen Einblasmethode muss die Dämmstärke gegenüber der Gefachdämmung nach folgender Formel erhöht werden:

Formel: je 100 mm geforderte Dämmhöhe / 85 = erforderliche Höhe in cm. Hier also 33 cm. Hier konnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden, denn der Mehraufwand durch den Abbruch, Entsorgung und Wiederaufbau der Abseiten-Konstruktion wurde so hinfällig.

 

Mit Wasser gegen Zelluloseflug

Als die rund 11,5 m³ Zellulose in die Abseiten eingeblasen waren, wurde die Oberfläche durch Wasserauftrag noch verhärtet. Diese Maßnahme war notwendig, da der Dachaufbau keine Unterspannbahn besitzt. Die Zellulose könnte sonst durch Luftströmung „wandern“ beziehungsweise verwirbelt werden und die erforderliche Dämmstärke wäre nicht mehr gewährleistet. Auf Grund der in der Zellulose befindlichen Lignine verkrusten sich bei Wasseranreichung beziehungsweise Sättigung die einzelnen Fasern miteinander. Hierzu musste ein handelsüblicher Wasserschlauch mit Düse ausgelegt und Wasser über die Zellulose gespritzt werden. Dadurch setzen sich die Fasern und die Dämmstärke sinkt wieder um das vorgegebene Übermaß auf 30 cm. (Hinweis: Die wassergesättigte Kruste von 2 bis 3 cm verliert dabei allerdings auch seine bauphysikalischen, das heißt wärmespezifischen Eigenschaften). Nun wurden Lattenstücke außenseitig an die Abseitenwände geschraubt und die ausgeschnittenen Teile wieder eingesetzt und verschraubt sowie die Stöße verklebt.

 

Fazit: für den Zimmermann ein lukratives Zusatzgeschäft

Die energetische Sanierung des Wohnkomplexes wurde von zwei Zimmerleuten in rund sieben Tagen durchgeführt. (rund 3,5 Tage für Sparrenexpander und Abseiten, zwei Tage für Dämmung, 1,5 Tage für Baustelleneinrichtung und Materialtransport). Die Methode mit Sparrenexpandern ist zu empfehlen, da diese für den Zimmermann ein lukratives Zusatzgeschäft darstellt und einfach auszuführen ist.   

 


Autor


Marc Kaiser ist Zimmermann und Bauingenieur und hatte 2008 das Mehrfamilienhaus in Kaiserslautern erworben. Sein Anspruch war, bei dem Bauvorhaben eine ökonomisch und gleichzeitig ökologische Dämmung mit den bekannten Vorteilen umzusetzen.www.kaiser-hochbau.de

Durch die Vorgaben sommerlicher Hitzeschutz und Schallschutz fiel die Wahl auf Zellulose-Einblasdämmung

Mit einer Lattenkonstruktion lassen sich die Sparren-
expander gegen Umfallen miteinander verbinden

Materialprüfungsanstalt macht den Belastungstest

Die Sparrenexpander wurden in der Materialprüfanstalt Eberswalde auf ihre Belastbarkeit getestet. Die Bruchlast liegt bei der Kombination von DP60 mit SE18 und Achsabstand von 62,5 cm bei 6,8 t. Weiter wurde auch die Komprimierung (Setzung) der Holzfaser bei einer Flächenlast von 250 kg/m² überprüft. Es wurde lediglich eine Komprimierung um 1,1 mm gemessen. Bei einer Flächenlast von 500 kg/m² wurde die Holzfaser um 1,9 mm komprimiert.

Bautafel (Auswahl)  
Objekt Mehrfamilienhaus, Tannenstraße 29, 67655 Kaiserslautern  
Größe des zu dämmenden Raumes
Oberste Geschoßdecke rund 115 m2 Fläche zzgl.
35 m2 Abseiten,

Unterste Geschoßdecke rund 130 m2 
Ausführende Firma Günther Kaiser GmbH & Co. KG, Bauunternehmung, Zimmerei, Bedachung, (lizenzierter Thermofloc-Verarbeiter), 66701 Beckingen 
Produkte DämmRaumProdukte der Hufer Holztechnik OHG: Dämmstreifen DP60, Sparrenexpander SE18 / Thermofloc Zellulose-Dämmung der Peter Seppele GmbH / Linitherm Pal KD weiß, 100  mm 
Kosten Oberste Geschossdeckendämmung für rund 150 m² circa 47,5 €/m² (davon circa 6,- €/m² für Baustelleneinrichtung und Materialtransport)
Kosten Unterste Geschossdeckendämmung für rund 130 m² circa 77,- €/m², davon circa 3,5 €/m² für Baustelleneinrichtung und Materialtransport

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