Entwässerung im Umkehrdach
Das Umkehrdach ist eine Alternative zum klassischen Warmdachaufbau. Die Dämmung, die ein wasserresistentes Material voraussetzt, wird dabei oberhalb der Dachabdichtung verlegt. Bei der Planung und Ausführung der Haupt- und Notentwässerung gilt es, einige Besonderheiten zu beachten.
Die Dachabdichtung im Umkehrdach wird durch die aufliegende Dämmung geschützt, etwa vor UV-Strahlung, was den Alterungsprozess der Abdichtung verlangsamt. Ein Umkehrdach kann als genutzte Dachfläche, Gründach oder Retentionsdach ausgeführt werden – aber immer benötigt es eine Auflast. Tritt im Umkehrdach ein Feuchtigkeitsschaden auf, wird er schnell zum Alptraum des Dachdeckers. Die Ursachensuche gestaltet sich schwierig und bedingt oft den Abtrag der Auflast. Daher ist die richtige Ausführung der Haupt- und Notentwässerung im Umkehrdach wichtig, um Feuchteschäden zu vermeiden.
Hauptentwässerung mal drei
Wie jedes Flachdach sollte auch ein Umkehrdach mit einem Mindestgefälle von 2 bis 3 Prozent ausgeführt werden, um stehendes Wasser möglichst zu vermeiden. Gibt es beim Warmdach nur eine oder maximal zwei Entwässerungsebenen für die Hauptentwässerung, so sind bei einem Umkehrdach bis zu drei Ebenen zu berücksichtigen. Neben dem Wasser, das oberflächlich über die Auflast in den Gully gelangt, ist auch das Regenwasser auf der Dachabdichtung unterhalb der Dämmung zu beachten. Bei einem Gründach kommt noch der Wassereintrag über die eingebaute Drainageschicht dazu. Um Stauwasser zu vermeiden, ist es wichtig, stets einen ungehinderten Abfluss sicherzustellen. Ein kurzfristiges Überstauen der Dämmplatten gilt gemäß Kommentar zur DIN 1986-100 als unbedenklich. Ein langfristiges Überstauen der Dämmschicht muss durch ein sorgfältig ausgelegtes Entwässerungssystem jedoch ausgeschlossen werden.
Die unterste Entwässerungsebene im Umkehrdach befindet sich direkt auf der Dachabdichtung. Hier wird vor allem das Wasser abgeführt, was zwischen den Fugen der Wärmedämmung einsickert. Auf dieser Ebene kommt in der Regel ein Flächengully mit passendem Aufstockelement zum Einsatz. Beim Einbau muss darauf geachtet werden, dass der Dichtring zwischen Gully und Aufstockelement nicht eingebaut wird. Das ist wichtig, weil ansonsten die Entwässerung auf der Abdichtungslage versperrt ist. Die Gullys der Produktreihe „SitaTrendy“ beispielsweise eignen sich für diesen Einsatzzweck. Wahlweise sind sie mit einer Wunschanschlussmanschette für die Abdichtungslage oder mit einem Schraubflansch zum Einklemmen des Schutzvlieses am Aufstockelement ausgestattet.
Vom Aufstockelement in den Dachgully
Die zweite Entwässerungsebene im Umkehrdach befindet sich auf der Schutzlage (dem Vlies) zwischen der Wärmedämmung und der Auflast. Das Oberflächenwasser wird hier von dem Aufstockelement aufgenommen. Ein bekiestes Dach verfügt im Vergleich zu einem Gründach über ein vermindertes Wasserrückhaltevermögen. Daher wird bei einem bekiesten Umkehrdach ein Großteil der Regenspende oberhalb des Dämmpaketes über das Aufstockelement in den Gully fließen.
Entwässerung oberhalb der Auflast
Die dritte Entwässerungsebene liegt oberhalb der Auflast, also auf dem Plattenbelag, der Kiesschüttung oder der Begrünung. Versuche haben gezeigt, dass hier bei Starkregen die höchste Regenmenge abtransportiert wird, wenn zum Beispiel die Vegetationsschicht bei Gründachaufbauten schon gesättigt ist. Hier gilt es, den ungehinderten Ablauf in das Entwässerungssystem sicherzustellen. Bei bepflanzten Aufbauten sichern Gründachschächte den freien Ablauf. Um ihre Funktion ungehindert erfüllen zu können, müssen sie stets freigehalten und vor dem Zuwachsen geschützt werden. Generell ist es bei Begrünungen wichtig, dass auch die oberste Lage der Begrünung oder Vegetationsschicht ein Gefälle zu den einzelnen Dachabläufen aufweist, ansonsten bilden sich bei starkem Regen schnell Wasseransammlungen auf der Oberfläche.
Notentwässerung im Umkehrdach
Kein Umkehrdach ohne Notentwässerung – so pragmatisch lassen sich die aktuellen Vorschriften zusammenfassen. Selbstverständlich muss auch im Umkehrdach eine Notentwässerung gemäß DIN 1986-100 ausgeführt werden. Im Fall eines Starkregenereignisses verhindert sie, dass die statischen Reserven der Dachkonstruktion überschritten werden. Und sie vermeidet, dass Regenwasser über Türen und Anschlüsse in das Gebäude gelangt. Die exakt definierte Einbauhöhe spielt bei der Notentwässerung eine wichtige Rolle. Sind die Notabläufe zu niedrig platziert, springen sie auch bei Normalregen an. Das führt zum Tröpfeln der Abläufe, was auf Dauer Spuren an der Fassade hinterlassen kann. Sind die Notabläufe zu hoch eingesetzt, erhöhen sie die statische Belastung der Dachkonstruktion. Zur richtigen Bestimmung der Höhen für die Haupt- und Notentwässerung gilt immer die Oberkante der Auflast – ab hier wird gemessen. Die Einlaufkante der Notentwässerung sollte unterhalb der Schwelle von Türen oder Notausstiegen liegen, um einer Überflutung vorzubeugen. Als Unterkante der Notentwässerung gilt die Oberkante der Wassersäule der Hauptentwässerung.
Bei größeren Dachflächen kommt es auf das Zusammenspiel der Gullys an. Die Abstände der Gullys untereinander sollten nicht zu groß sein. Bei einer funktionsgerecht ausgelegten Planung gelten 20 m als Maximalabstand von Gully zu Gully. Die Anzahl der zu verbauenden Dachgullys hängt maßgeblich vom Gebäudestandort und den daraus resultierenden Niederschlagsdaten nach KOSTRA-DWD ab. Die Abkürzung steht für „Koordinierte Starkniederschlags-Regionalisierungs-Auswertung des Deutschen Wetterdienstes“. In der KOSTRA-DWD 2020 (gültig ab 01.01.2023) sind beispielsweise die Regenereignisse von 1951 bis 2020 statistisch aufgenommen und verarbeitet.
Neben diesen standortbasierten Daten und der Abflussleistung der zu verbauenden Gullys ist der Abflussbeiwert eine wichtige Kennzahl zur Berechnung, die in der DIN 1986-100, Tabelle 9, umfassend dargestellt ist. Der Abflussbeiwert gibt dabei die verzögerte Einleitung des Regens in das Entwässerungssystem an. Bei einem angenommenen Abflussbeiwert von beispielsweise 0,8 werden 80 Prozent des Regens der Entwässerungsanlage zugeführt. Die restlichen 20 Prozent verbleiben, verdunsten oder gelangen zeitverzögert in das Leitungssystem – diese gehen nicht in die Berechnung der Hauptentwässerung mit ein. Diese verzögerte Einleitung beugt somit effektiv einem Kollaps des Kanalnetzes im Falle eines Starkregenereignisses vor.
Fazit: Mut zum Umkehrdach!
Ein Umkehrdach ist ein probates und etabliertes Dachsystem, sowohl im Neubau als auch im Bestand. Wichtig ist, sich im Vorfeld mit den Besonderheiten der Entwässerung vertraut zu machen. Die richtige und frühzeitige Planung ist hierbei das A und O. Voraussetzung für ein funktionierendes Gesamtsystem ist die Berücksichtigung aller Entwässerungsebenen und die Auswahl der entsprechenden Gullys. Eine zusätzliche Dachbegrünung macht besonders im urbanen Raum Sinn. Sie beugt einer Überhitzung im Sommer vor und sorgt gleichzeitig für eine verzögerte Wassereinleitung in das Kanalsystem.
AutorChristian Behr ist Produktmanager bei der Sita Bauelemente GmbH in Rheda-Wiedenbrück.
Notentwässerung im Umkehrdach
Wärmedämm- und Dachaufbauten werden immer anspruchsvoller und höher. Anstauelemente müssen heute große Distanzen überbrücken können, um sicherzustellen, dass die Notentwässerung nur dann läuft, wenn dies auch erforderlich ist. Eine passende Problemlösung bringt hier der „SitaTurbo Max“ für das Umkehrdach. Sein 200 mm langer Anstauring aus Polyethylen HD überbrückt hohe Auflasten. Bauseits kann er auf die erforderliche Stauhöhe gekürzt werden. Ein optional erhältlicher XPS-Dämmkörper ermöglicht eine schnelle Verarbeitung ohne Wärmebrücken im Dämmpaket. Der Attikagully aus Edelstahl bietet, eingesetzt als Speier, eine hohe Ablaufleistung. Mehr Informationen finden Sie unter www.sita-bauelemente.de/produkte.
Diese Fehler sollte man bei der Entwässerung von Umkehrdächern vermeiden
1) Der Dachgully wurde am Hochpunkt eingebaut. Folge: Möglicher Wasseranstau auf dem Dach, beim Gründach droht eine Versumpfung!
2) Die Dichtung zwischen Gully und Aufstockelement wurde eingebaut. Dadurch wird der Wasserabfluss behindert. Es droht ein Wasserüberstau der Dämmung.
3) Wurde kein Kiesstreifen um Entwässerungsbauteile bei begrünten Umkehrdächern angelegt, besteht die Gefahr des Zuwachsens der Entwässerungsbauteile wie beispielsweise Gullys.
4) Die Einlaufkante der Hauptentwässerung wurde nicht ab der Oberkante der Auflast ausgeführt. Dadurch läuft die Notentwässerung zu früh an.
5) Werden die Abdeckplatten auf den Notentwässerungsbauteilen vergessen, führt das zu lästigem Tropfen des Notentwässerungsgullys.
6) Ist das Filtervlies nicht mittels Dichtung und Schraubflanschverbindung eingeflanscht, tropft dadurch der Notentwässerungsgully.
7) Sind die Gullys nicht mit passenden Dämmkörpern eingebaut oder mit geeignetem Schaum fixiert, sorgen Hohlräume für Wärmebrücken und möglicherweise Schieflage der Gullys beim Einbringen der Auflast.